Seit kurzem findet man im Kühlregal der Grossverteiler Produkte des Herstellers Danone mit einem neuen Label: dem Nutri-Score. Es enthält die fünf Buchstaben A bis E in den Ampelfarben Dunkel-, Hellgrün, Gelb, Orange und Rot. Ein Buchstabe sticht jeweils hervor (siehe Tabelle im PDF). Er zeigt an, wie gesund das Lebensmittel sein soll. Auf den Danonino-Fruchtzwergen ist es das hellgrüne B – ein Signal, ohne Bedenken zuzugreifen. Auf dem Schoggipudding Danette steht das gelbe C – auch noch passabel.
Die Idee scheint bestechend: Konsumenten müssen nicht mehr die winzig gedruckten Nährwertangaben entziffern. Die Lebensmittelampel zeigt auf einen Blick, ob das Produkt gut oder schlecht ist («Saldo» 6/2019). Verbände wie die Stiftung für Konsumentenschutz oder die Schweizerische Adipositas-Stiftung fordern seit langem eine solche Kennzeichnung. Sie soll dazu beitragen, gesündere Lebensmittel einzukaufen und Übergewicht zu bekämpfen.
Unterdessen gibt es eine Reihe von Lebensmittel-Labels – von der britischen Ampel bis zum System von Coca-Cola. Doch keines überzeugt, auch nicht Nutri-Score. Das zeigt ein Vergleich des Gesundheitstipp (siehe Tabelle im PDF). Denn das Label lässt Fertigprodukte der Lebensmittelindustrie als gesund erscheinen. So beurteilt es die Danonino-Fruchtzwerge mit dem hellgrünen B, obwohl sie über 10 Gramm Zucker pro 100 g Joghurt enthalten. Beim Schoggipudding Danette sind es sogar 17,5 g Zucker. Trotzdem zeigt der Nutri-Score noch ein gelbes C.
Selbst Dosen-Fruchtsalat würde bei Nutri-Score als gesund gelten: Der Fruchtcocktail von Del Monte – getränkt in Zuckersirup und mit dem umstrittenen roten Farbstoff Erythrosin – bekäme ein dunkelgrünes A. Das lässt sich in der Internetdatenbank Openfoodfacts.org nachlesen. Sie hat den Nutri-Score zahlreicher Produkte berechnet. Auch die Fertig-Lasagne Verdi M-Classic oder die fette Butterrösti im Beutel von der Migros würden ein gutes hellgrünes B schaffen.
«Nutri-Score beruht auf veraltetem Konzept»
Der Basler Arzt und Ernährungsexperte Ulrich Keller sagt: «Das Label ist vor allem ein MarketingInstrument für Fertigprodukte.» Er bezweifelt, dass man mit dem Nutri-Score die Gesundheit fördern und Übergewicht bekämpfen kann. «Das ist nicht wissenschaftlich bewiesen.»
Mehr noch: Der Nutri-Score beruhe auf einem «veralteten Konzept», so Keller. Um den gesundheitlichen Wert eines Lebensmittels zu berechnen, würden nur ein paar einzelne Inhaltsstoffe beurteilt. Sie gelten entweder als gesund – etwa Obst, Ballaststoffe, Gemüse und Eiweiss. Oder als ungesund, wie gesättigte Fette und Zucker. Entscheidend sei aber die Gesamtheit aller Inhaltsstoffe und wie viel man von einem Produkt konsumiere. Denn in Fertigprodukten stecken oft Zusatzstoffe mit E-Nummern. Studien weisen darauf hin, dass Industrie-Lebensmittel dazu beitragen, dass immer mehr Menschen übergewichtig sind. Der deutsche Ernährungsexperte und Autor Hans-Ulrich Grimm sagt: «Solche Lebensmittel sind eine der grössten Gefahren für die Gesundheit.»
Die Macher des Nutri-Scores berücksichtigten dies jedoch nicht. Im Gegenteil: Hersteller können mit den Tricks der Lebensmittelchemie den Wert eines Produkts sogar verbessern.
Beispiel Coca-Cola: Mit Zucker erhält das Getränk den schlechtesten Wert – ein tiefrotes E. In der Light-Variante hat der Hersteller den Zucker durch künstliche Süssstoffe wie Acesulfam K und Aspartam ersetzt. Dafür gäbe es ein hellgrünes B. Grimm: «Künstliche Süssstoffe machen ein Produkt nicht gesünder.» Eine Übersichtsstudie der kanadischen Uni von Manitoba zeigte 2017, dass sie langfristig das Risiko für Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck erhöhen könnten.
Laut Irina Baumbach von der deutschen Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention verhelfen auch teils umstrittene Geschmacksverstärker, Füllstoffe und Verdickungsmittel den Fertigprodukten zu einem besseren Nutri-Score. Denn damit lassen sich in der Rezeptur die Mengen an Salz, Kalorien und Fett vermindern, die beim Nutri-Score als schlecht gelten.
Grüne Farbe: «Nicht grundsätzlich gesund»
Selbst Befürworter des Nutri-Scores wie Heinrich von Grünigen von der Adipositas-Stiftung sagen: «Man darf nicht erwarten, dass Produkte im grünen Bereich grundsätzlich gesund sind und man viel davon essen kann.» Das Label diene ein-zig zum Vergleich innerhalb einer Gruppe ähnlicher Fertigprodukte.
Immerhin: Der Nutri-Score ist differenzierter als andere Labels. Denn er beurteilt mehr Kriterien. Zudem ist er für Konsumenten leicht verständlich. Diesen Vorteil sieht Irina Baumbach auch beim Label «Health Stars», das in Australien und Neuseeland verbreitet ist. Statt Ampelfarben und Buchstaben setzt es auf Sterne als Bewertungssystem – je mehr, desto gesünder. «Die Gesamtpunktzahl ist gut verständlich.» Allerdings ist die Berechnung des Werts kompliziert.
Simpler sind Systeme wie die britische Ampel und diejenige von Codecheck. Irina Baumbach: «Hier sieht man die Bewertung für jeden einzelnen Nährwert auf einen Blick.» Dies helfe allen, die zum Beispiel Salz meiden oder fettarm essen möchten. Da aber viele Farben und Zahlen nebeneinander stehen, sei es für Konsumenten schwierig einzuschätzen, ob das Lebens- mittel insgesamt gesund sei.
Wenig hält Ernährungsfachfrau Baumbach von Hersteller-Labels wie jene von Coca-Cola oder Coop. Sie bewerten Nährstoffe nicht pro 100 Gramm, sondern pro Portion. «Diese sind oft unrealistisch klein», kritisiert die Fachfrau. So stehen auf einer Pet-Flasche mit 5 dl Coca- Cola die Angaben für eine halbe Flasche. Doch die meisten trinken sie leer. Oder: Bei Frühstücksflocken dürften nicht mehr als 30 Gramm in der Schüssel landen. Tatsächlich sind es oft bis zu 100 Gramm, wie kürzlich ein Versuch des «Kassensturz» zeigte.
Danone bestreitet, dass Nutri-Score ein Marketing-Instrument ist. Er sei von unabhängigen Wissenschaftern entwickelt worden, gebe «eine echte Orientierung, welche Lebensmittel eine hohe Nährwertqualität besitzen», und führe zu «gesünderem Einkaufsverhalten». Coop schreibt, dass neben den Werten pro Portion auch jene für 100 Gramm auf dem Produkt stehen. Coca-Cola will bei den neuen 4,5-dl-Flaschen die ganze Flasche als Portion angeben statt der bisherigen Standardportion von 2,5 dl.
«Ich experimentiere gern mit Gewürzen»
Moritz Luginbühl, 19
Wohnort: Zürich
Beruf: Kaufm. Angestellter
Lieblingsgericht: Mutters Apfelwähe
Vegi: Nein, isst aber nur
wenig Fleisch
Kocht: Drei bis vier Mal pro Woche
Für wen: Familie, Kollegen und in der Pfadi
«Ich koche oft Curry-Gerichte. Sie sind einfach und lassen sich variieren – je nach Vorrat. Etwa mit Poulet, Fisch, Shrimps, Okraschoten, Rüebli oder Zitronengras. Dazu serviere ich Reis. Ich experimentiere gern mit Gewürzen wie Ingwer, Chili oder Kurkuma. Ich liebe auch die Kombination von süss und scharf. Schon als Kind kochte ich gern. Meine Spezialität waren die Fleischbällchen aus dem Buch ‹Kochen mit Pettersson und Findus›.»
Vegi-Curry mit Tofu (4 Portionen)
400 g Tofu, geräuchert
etwas Sojasauce
etwas Sesamöl
1 Zwiebel, gehackt
2 Knoblauchzehen, gehackt
etwas Olivenöl
1 Aubergine
2 Peperoni
200 g Champignons
3 bis 4 dl Kokosmilch
Curry-Paste (rot oder gelb)
wenig Ingwer,
fein geschnitten
Salz, Pfeffer, Currypulver
Tofu würfeln und in Sojasauce und Sesamöl 15 Minuten marinieren. Zwiebeln und Knoblauch in Öl andünsten. Gemüse und Pilze in gleich grosse Würfel schneiden, zusammen mit dem Tofu beigeben. Alles ein paar Minuten dünsten lassen, Kokosmilch beifügen und Hitze reduzieren. 1 EL Currypaste und Ingwer dazugeben, umrühren. Köcheln lassen und würzen.