Wenn sich die Linsen trüben, gelangt weniger Licht in die Augen, und Betroffene sehen nicht mehr scharf. Fachleute sprechen vom grauen Star. Jedes Jahr lassen sich deswegen rund 100000 Schweizerinnen und Schweizer operieren. So auch die 80-jährige H. F. aus Menzingen ZG (Name der Redaktion bekannt). Im April setzten ihr die Ärzte zuerst im linken Auge eine künstliche Linse ein, im Juli im rechten Auge.
Eigentlich wünschte H. F. normale Standardlinsen: «Mein Mann hat damit gute Erfahrungen gemacht.» Doch ein Augenarzt in Zug setzte ihr teure Speziallinsen ein, sogenannte asphärische Linsen (siehe Tabelle im PDF). Dafür musste die Patientin einen Aufpreis von 380 Franken pro Auge zahlen. Doch mit den neuen Linsen ist sie nicht zufrieden: «Seit der Operation blendet mich das Sonnenlicht stark, es tut weh.» Sie muss eine Sonnenbrille tragen, wenn sie im Garten arbeitet oder Auto fährt. Und auf dem linken Auge sieht sie am Rand stets einen weissen Schleier.
Kaum Komplikationen mit Standardlinsen
Solche teuren Speziallinsen empfehlen Augenärzte oft, auch wenn es nicht nötig wäre. Sebastian Wolf, Chefarzt und Direktor der Universitätsklinik für Augenheilkunde am Berner Inselspital, sagt: «Standardlinsen sind für die meisten Patienten die beste Wahl.» Sie haben sich bewährt und verursachen kaum Komplikationen.
Ob eine Speziallinse nötig ist, hängt von den Bedürfnissen und Wünschen der Patienten ab. Asphärische Linsen verbessern zwar die Sicht in der Dämmerung. Martin K. Schmid, Co-Chefarzt der Augenklinik des Luzerner Kantonsspitals, verwendet sie oft, denn: «Wer fährt nicht ab und zu nachts mit dem Auto?» Laut Schmid eignen sich diese Linsen aber nicht für alle Patienten. Bei einer Minderheit verschlechtere sich die Sicht. Deshalb müsse man die Hornhaut exakt ausmessen. Nur so könne man erkennen, ob asphärische Linsen in Frage kommen. Viele Augenärzte verrechnen dafür mehrere Hundert Franken zusätzlich (siehe Tabelle im PDF).
Einige Augenärzte empfehlen Linsen mit Blaufilter. Sie sollen die Augen vor Altersblindheit schützen, der sogenannten Makuladegeneration. Allerdings ist die Wirkung dieser Filter umstritten. Der Augenarzt Isaak Schipper aus Kriens LU sagt: «Bis heute hat niemand bewiesen, dass der Blaufilter die Makuladegeneration verhindert oder verzögert.» Martin K. Schmid verwendet nur farblose Linsen, «sofern die Patienten nicht ausdrücklich solche mit Blaufilter wünschen».
Wenn Patienten eine verkrümmte Hornhaut haben, können torische Linsen das korrigieren. Sie gehören zu den teuersten: Patienten müssen 1300 bis 2300 Franken pro Auge aus dem eigenen Portemonnaie zahlen. Das lohnt sich aber nur bei einer starken Hornhautverkrümmung, sagt der Luzerner Augenarzt Dietmar W. Thumm.
Multifokallinsen sind nicht für alle gut
Weiter gibt es Multifokallinsen. Sie haben den Vorteil, dass man mit ihnen sowohl in die Weite scharf sieht als auch in die Nähe. Für solche Kunstlinsen verrechnen Augenärzte ebenfalls happige Zusatzkosten. Allerdings erzeugen Multifokallinsen Reflexe und Lichthöfe um starke Lichtquellen wie Autoscheinwerfer. Martin K. Schmid sagt: «Nicht alle Patienten kommen mit diesen Linsen zurecht.» Deshalb müsse der Augenarzt vorab abklären, ob dieser Linsentyp wirklich in Frage kommt: «Sonst kann es nötig werden, die Linsen wieder auszutauschen.» Isaak Schipper empfiehlt Multifokallinsen nur Patienten, die unbedingt ohne Brille leben möchten.
Tipps: Grauer Star - Das sollten Sie vor der Operation abklären
- Die Grundversicherung der meisten Krankenkassen übernimmt nur die sphärischen Standardlinsen. Bei den anderen Linsen müssen Patienten oft einen Aufpreis zahlen.
- Lassen Sie sich von Ihrem Arzt erklären, was eine Speziallinse für Vorteile haben könnte und wie viel sie kostet.
- Holen Sie bei mehreren Augenärzten Offerten ein. Vergleichen Sie auch die Zusatzkosten. Öffentliche Spitäler wie das Berner Inselspital verlangen für asphärische Linsen keinen Aufpreis.
- Fragen Sie Ihre Kasse, ob eine Zusatzversicherung die Kosten für Speziallinsen übernimmt.
- Lassen Sie beide Augen innerhalb des gleichen Jahres operieren. So müssen Sie die Franchise der Krankenkasse nur einmal zahlen.