Jürg Waeber aus Zürich sagt: «Meine Frau stört es manchmal, wenn ich schnarche.» Trotzdem schlafen er und seine Frau im gleichen Bett. «Wir haben nicht genug Platz für zwei separate Schlafzimmer», sagt der 49-Jährige bei einer Strassenumfrage des Gesundheitstipp (siehe Unten). Waeber kann sich aber vorstellen, in getrennten Schlafzimmern zu schlafen, wenn die Kinder einmal ausgezogen sind.
Partner wecken sich gegenseitig
Neuere Studien geben den Zukunftsplänen des Paars recht: Getrennte Schlafzimmer sind gut für die Gesundheit. Denn im gemeinsamen Bett erwacht man häufiger und schläft weniger lang. Forscher der University of Surrey in Guilford (GB) untersuchten das Schlafverhalten von 18 Paaren über einen längeren Zeitraum. Sie zeigten in ihrer Studie im Fachblatt «Journal of Sleep Research», wie häufig sich die Partner gegenseitig im Schlaf stören: Männer und Frauen waren durchschnittlich jede Nacht neun Mal wach, weil sie sich gegenseitig weckten.
Ein Beispiel: Eine Frau bewegte sich im Schlaf etwa fünf Minuten lang so stark, dass ihr Mann deswegen erwachte. Da war es 2.30 Uhr. Der Mann konnte erst eine Stunde später wieder einschlafen. Während dieser Zeit erwachte auch sie wegen ihm. Um 5.30 Uhr wurde sie erneut wach, als er aufstand, um zu duschen.
Eine weitere Studie der britischen Forscher mit über 5000 Teilnehmern zeigte zudem, dass vor allem Frauen im gemeinsamen Bett schlechter schlafen. Der grösste Störfaktor war, wenn ihr Partner schnarchte oder aufs WC ging. Forscher der Universität Wien bestätigten dies. Sie überwachten einen Monat lang den Schlaf von zehn Paaren. Dabei zeichneten sie die Hirnströme auf und liessen die Paare Schlaftagebücher führen. Sie schrieben also am Morgen auf, wie sie geschlafen hatten und wie oft sie aufgewacht waren. Das Resultat: Wenn Paare nebeneinander übernachteten, schliefen die Männer besser, die Frauen schlechter.
Ungleiche Vorlieben sind oft das Problem
Der britische Schlafexperte Neil Stanley sagt: «Frauen opfern oft ihren Schlaf, weil die Gesellschaft sie davon überzeugt hat, es sei normal, das Bett miteinander zu teilen.» Frauen würden sich für den Schlaf ihres Mannes verantwortlich fühlen und ihr Verhalten anpassen: «Wenn sie in der Nacht erwachen, bleiben sie still liegen und getrauen sich nicht, zur Toilette zu gehen.»
Zu den Ursachen gehören zum Beispiel unterschiedliche Vorlieben. Esther Werth, Leiterin des Schlaflabors am Unispital Zürich, sagt: «Der eine mag das Schlafzimmer zum Beispiel warm geheizt, dem anderen ist das zu heiss.» Andere Paare sind sich über die Härte der Matratze nicht einig oder möchten vor dem Schlafen unterschiedlich lang lesen.
Schlechter Schlaf hat Folgen: Wer zu wenig schläft, ist anfälliger auf Infekte. Fachleute vermuten, dass Schlafmangel sogar Diabetes und Herz-Kreislauf-Krankheiten fördert. Werth sagt deshalb: «Fühlt sich jemand chronisch gestört, kann es sinnvoll sein, die Zimmer zu trennen.» Ähnlich äussert sich Sarah Rey, leitende Psychologin an der Klinik für Schlafmedizin in Bad Zurzach AG: «Hat zum Beispiel ein Mann im Schlaf Atemaussetzer und die Frau nur einen leichten Schlaf, ist es häufig besser, wenn sie getrennte Schlafzimmer haben.»
Viele Paare befürchten jedoch, dass getrennte Betten der erste Schritt zur Trennung sind. Der Berner Paartherapeut Klaus Heer widerspricht: «Man kann sich auch im gemeinsamen Bett voneinander entfremden.» Wenn Nähe selbstverständlich sei, würde sie oft gar nicht mehr geschätzt. Schlafe man getrennt, habe man die Möglichkeit, sich gegenseitig einzuladen und zu besuchen. «Das kann sehr romantisch sein und der Beziehung Schwung geben.» Auch Psychologe Henri Guttmann aus Winterthur ZH sagt: «Getrennte Schlafzimmer sagen nichts über die Qualität der Beziehung aus.» Es sei besser, getrennt zu schlafen, «als in der Nacht zehnmal zu erwachen und am Tag eine saure Miene aufzusetzen».
Liebesabende lassen sich planen
Paare mit getrennten Betten hätten auch nicht weniger Sex, sagt Guttmann. «In langjährigen Beziehungen ist spontaner Sex sowieso selten.» Wenn man Liebesabende plane und einander ins Zimmer einlade, gebe es oft sogar mehr Sex.
Wer das Bett nicht mehr teilen möchte, sollte das Thema «mutig auf den Tisch bringen», sagt Heer. «Für die Beziehung ist es bedrohlicher, wenn man sich nicht getraut, über ein Bedürfnis zu sprechen.»
Weitere Infos im Gesundheitstipp-Ratgeber Erholsam und gesund schlafen.
Aufruf: Was halten Sie von getrennten Schlafzimmern?
Schreiben Sie uns: Redaktion Gesundheitstipp, «Schlafzimmer», Postfach 277, 8024 Zürich, redaktion@gesundheitstipp.ch
Strassenumfrage: Schlafen Sie in getrennten Zimmern?
Marlisa Blankenburg, Winterthur ZH
«Mein Mann schnarchte. Deswegen erwachte ich oft und war am Morgen müde und hässig. Es tat der Beziehung nicht gut. Er hätte es aber als Niederlage empfunden, wenn wir getrennt geschlafen hätten. Deshalb sprach ich das Problem nie an.»
Jürg Waeber (49), Zürich
«Nein. Wir schlafen im gleichen Bett. In unserer Wohnung ist nicht genug Platz für separate Schlafzimmer, denn unsere zwei Kinder haben je ein eigenes Zimmer. Für später kann ich mir das aber vorstellen. Denn meine Frau stört es manchmal, wenn ich schnarche.»
Jonathan Lutz (26), Luzern
«Zurzeit bin ich Single. Aber mit meiner Ex-Freundin schlief ich im gleichen Bett. Es gehört für mich zu einer Beziehung, dass man die Zweisamkeit geniesst.»
Alice Broughton (29), Kapstadt (Südafrika)
«Nein. Selbstverständlich schlafe ich mit meinem Freund zusammen. Ich liebe es, in der Nacht mit ihm zu kuscheln. Allerdings knirscht er mit den Zähnen. Deshalb muss er immer seine Zahnschiene tragen. Vergisst er sie, erwache ich manchmal wegen des Geräuschs.»
Rosmarie (74) und Max Lassmann (73), Igis GR und Sargans SG
«Ja. Seit Max pensioniert ist, wohnen wir sogar getrennt. Wir geniessen es beide sehr, dass wir ganz eigenständig und frei leben können. Trotzdem sehen wir uns jeden Tag. Für uns stimmt es so: Wir sind seit 50 Jahren glücklich verheiratet.»
Steffi Anders, Zürich
«Nein. Wir schlafen im gleichen Bett. Da wir uns nicht stören, war es noch nie ein Thema, dass wir getrennt schlafen. Wir haben ähnliche Gewohnheiten, das macht es bestimmt einfacher.»