Gesundheitsforen im Internet sind beliebt: Das Forum www.symptome.ch hat gemäss eigenen Angaben 30 500 Mitglieder und mehr als eine halbe Million Beiträge. Doch wer ein gesundheitliches Problem hat, sollte sich nicht auf den Rat von Laien verlassen.
Dies zeigt eine Stichprobe des Gesundheitstipp. Alle vier getesteten Laienforen schnitten ungenügend ab: Symptome.ch, Gutefrage.net, Gesundheitsfrage.net und Sprechzimmer.ch. Wer eine kompetente Antwort will, muss ein Forum anwählen, in dem eine Fachperson Ratschläge gibt.
Fachleute beurteilten die Antworten
Der Gesundheitstipp stellte in je vier verbreiteten Laien- und Expertenforen medizinische Testfragen. Drei Ärzte und eine Ärztin beurteilten die Antworten:
- Thomas Walser, Gesundheitstipp-Arzt
- Isabelle Müntener, Fachärztin für innere Medizin vom Ärztezentrum Sihlcity, Zürich
- Thomas Conzett, Facharzt für innere Medizin in Zürich
- Armin Zink, Oberarzt am Triemlispital Zürich
- Die Fachleute vergaben Punkte für richtige Antworten oder Teilantworten.
Die erste Frage lautete: «Ich bin männlich, 60 und leide an einem Schmerz auf der Herzseite meines Brustkorbs. Könnte es sein, dass ein Herzinfarkt dahintersteckt?»
Medizinisch korrekt wären folgende Hinweise: Es könnte sich um einen Herzinfarkt handeln, wenn der Schmerz unabhängig von Betasten und Drücken da ist. Auch müsste der Betroffene davon überzeugt sein, dass seine Schmerzen vom Herzen ausgehen.
Zudem tritt der Schmerz vermehrt bei Anstrengungen auf. Wenn Männer über 54 Jahre alt sind und bereits an Gefässkrankheiten leiden, ist es umso wahrscheinlicher, dass ein Herzinfarkt vorliegt. Der Betroffene sollte dann unverzüglich zum Arzt gehen.
«Google noch ein bisschen weiter…»
Doch die Antworten fielen anders aus. «Google noch ein bisschen weiter … hast ja Zeit», rät ein Forumsteilnehmer in Gutefrage.net. Kommentar Müntener: «In einem solchen Fall kann man nicht abwarten.»
Im gleichen Forum schreibt eine Nutzerin, es könnte sich um einen Herzinfarkt handeln, «wenn der Schmerz ausstrahlt, zum Beispiel in den linken Arm». Auch dies ist nicht korrekt. Thomas Zink: «Das hilft zur Diagnose nicht weiter, weil das beim Herzinfarkt nicht immer der Fall ist .»
Auch scheinbar kompetente Antworten gab es: «Mache ein EKG, untersuche die Infarktenzyme», rät ein Benutzer im Forum Gesundheitsfrage.net. Für Gesundheitstipp-Arzt Walser ist das «Pseudowissen, das nicht weiterhilft».
Die zweite Frage lautete: «Ich, männlich, 50-jährig, hatte wenige Male einen kleinen Blutfleck auf meinem Stuhl und am WC-Papier. Ist das alarmierend, und was könnte dahinterstecken?»
Medizinisch korrekt wäre: Mit zunehmendem Alter kann Blut im Stuhl ein Zeichen von Darmkrebs sein. Auch hier müssen das Betroffene vom Arzt abklären lassen. «Nichts weiter als eine Hämorrhoide», schrieb jemand auf Gutefrage.net.
Für die Ärzte eindeutig «eine Verharmlosung». Ein anderer Nutzer schrieb: «Wenn es helles Blut ist, würde ich eher auf Hämorrhoiden tippen. Aber geh mal zum Arzt und lass den Enddarm untersuchen.» Auch dies «etwas verharmlosend» – aber immerhin auf dem richtigen Weg.
Laienforen: Viele Tipps, aber keine echte Hilfe
Fazit: Laienforen eignen sich nicht, wenn man ernsthafte Beschwerden hat. Denn die vielen meist sehr kurzen und widersprüchlichen Ratschläge verunsichern mehr. Hausärztin Isabelle Müntener: «Weder eine Anfrage im Internet noch eine am Telefon kann einen Besuch beim Arzt ersetzen. Das bestätigt dieser Test erneut.»
Für Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser ist klar: «Laienforen sind vor allem dann geeignet, wenn man innert kürzester Zeit viele Ratschläge erhalten will. Sie sind aber nur bei harmlosen Beschwerden sinnvoll.»
Bei Gutefrage.net dauerte es nur drei Minuten, bis jemand antwortete. Nach zehn Minuten waren es bereits zehn Antworten. Nur bei Sprechzimmer.ch gab es überhaupt keine Reaktion auf die Fragen.
Sowohl Symptome.ch wie auch Gesundheitsfrage.net schreiben dem Gesundheitstipp, dass die Antworten besser ausgefallen wären, hätte die Testperson die Frage detaillierter gestellt. Marcel Eugster von Symptome.ch räumt zwar ein, dass eine Anfrage von «zwei Zeilen» für eine Antwort ausreiche.
Doch sie sei «minimalistisch» und damit «sehr kontraproduktiv». Ines Schmuhl von Gesundheitsfrage.net schreibt, dass Forumsbenützer ausführlich geschriebene Fragen ernster nähmen: «Sie geben sich mehr Mühe, wenn sie das Gefühl haben, jemand hat wirklich Sorgen.»
In Experten-Foren deutlich besser beraten
Fritz Grossenbacher von Sprechzimmer.ch schreibt dem Gesundheitstipp, ihr Forum werde nicht von Fachleuten betreut. Es habe einfach kein Benutzer auf die Frage reagiert. Es mache auch keinen Sinn, Antworten aus Laienforen «auf medizinische Qualität zu prüfen».
Grossenbacher verweist darauf, dass sich Fachinformation zu Symptomen an anderen Stellen der Website abrufen liessen. Foren, in denen Profis beraten, schnitten in der Stichprobe deutlich besser ab. Am besten war www.usz.ch vom Universitätsspital Zürich.
Die Antworten waren bei beiden Fragen mehr als eine A4-Seite lang. Darin waren mögliche Krankheiten erwähnt, deren Symptome und die Abklärungsmöglichkeiten. Zudem erteilten die Experten klare Ratschläge und empfahlen den Besuch beim Arzt.
Die Urteile der Ärzte: «Medizinisch korrekt», sagt Armin Zink. «Richtig und sehr ausführlich», Isabelle Müntener. Die lange Antwort könnte allenfalls für Patienten «etwas verwirrend» sein. Diese ausführliche Antwort war auch nicht gratis: 75 Franken kostet der Expertenrat bei USZ.ch, alle anderen Expertenforen sind kostenlos.