Noch kennt sie kaum jemand: die Planetary Health Diet, auf Deutsch: Gesundheitsdiät für die Erde. Entwickelt haben sie Wissenschafter im Umfeld der renommierten medizinischen Fachzeitschrift «Lancet». Die Idee beim Menüplan der Zukunft: gesund essen und gleichzeitig den Planeten schützen.
Mit Letzterem ist gemeint: besserer Schutz der Meere, sparsamer Umgang mit Wasser und eine andere Nutzung von Flächen für die Landwirtschaft. Konkret sollen Bauern auf ihren Feldern nicht mehr so viel Tierfutter anpflanzen, sondern mehr Gemüse und viel mehr Hülsenfrüchte. Der Grund: Pflanzliche Lebensmittel machen im Vergleich viel mehr Menschen satt, sind gesund und schonen die Umwelt.
Die Initianten haben berechnet, dass mit der Planetary Health Diet im Jahr 2050 zehn Milliarden Menschen ernährt werden könnten. Einzelne Firmen wenden den Plan schon heute an. So hat der Schweizer Gastroriese SV Group den Betrieb seiner Kantinen und Hotels darauf ausgerichtet.
Neues Merkblatt gibt konkrete Menütipps
Im Zentrum der Planetary Health Diet stehen Lebensmittel wie Gemüse, Hülsenfrüchte, Früchte, Vollkorngetreide und Nüsse. Die Forscher empfehlen, rund drei Viertel des Tagesbedarfs damit zu füllen (siehe Grafik im PDF). Der Rest besteht aus Milchprodukten, Fisch, Fleisch und Eiern. Die Devise: weniger tierische Lebensmittel, dafür mehr Gemüse, Früchte und Hülsenfrüchte.
Der Gesundheitstipp empfiehlt diese Ernährungsweise schon seit Jahren. Auch Ernährungsberaterin Beatrice Fischer aus Meiringen BE ist von der Vielfalt der Planetary Health Diet angetan: «Sie liefert alles, was es für eine gesunde Ernährung braucht, eine grosse Menge pflanzlicher Lebensmittel und dazu in kleinen Mengen Milchprodukte, Fisch oder Fleisch.» Es sei gut, auch tierische Produkte zu essen, sagt Fischer: «Diese versorgen den Körper mit Vitaminen und Fettsäuren, die in Pflanzen wenig oder nicht enthalten sind.»
Ein weiterer Vorteil der Planetary Health Diet: «Man kann sie im Alltag sehr gut umsetzen», sagt die Ernährungsberaterin. Nur wenige Essgewohnheiten müsse man ändern. «Der vollständige Verzicht auf ein Lebensmittel ist nicht nötig.» Wie die Ernährungsweise funktioniert, zeigt ein neues Gesundheitstipp-Merkblatt: Beatrice Fischer hat darin ein Planetary-Health-Wochenmenü zusammengestellt. Vom Kichererbseneintopf mit Gemüse und Reis über Wirzrisotto bis zum Gemüse mit Poulet aus dem Ofen ist alles zu finden (siehe Merkblatt).
Das Essverhalten vieler Schweizerinnen und Schweizer ist heute allerdings noch weit von den Empfehlungen der Planetary Health Diet entfernt. Das zeigen Zahlen des Bauernverbandes und des Bundesamts für Statistik von 2021. Einige Beispiele:
Tierische Lebensmittel: 2021 ass eine Person in der Schweiz im Durchschnitt 36 Gramm Eier pro Tag. Laut Planetary Health Diet müsste diese Menge auf 13 Gramm sinken – also um etwa zwei Drittel.Ähnlich bei Milchprodukten: Die täglich aufgenommene Menge beträgt heute 658 Gramm pro Person, in Zukunft wären es 250 Gramm. Und bei Fleisch und Poulet müsste die Tagesmenge von heute 132 auf 43 Gramm sinken. «Trotzdem kann man weiterhin jede Woche ein Fischfilet und ein Stück Fleisch essen», sagt Beatrice Fischer.
Kartoffeln: Im Jahr 2021 betrug die täglich konsumierte Menge 142 Gramm pro Person. In Zukunft wären es nur noch 50 Gramm. Bei Früchten und Vollkorngetreide müsste der tägliche Konsum ebenfalls sinken, wenn auch nur leicht.
Hülsenfrüchte: Die tägliche Menge an Hülsenfrüchten müsste laut Planetary Health Diet stark ansteigen – von heute 4 auf 75 Gramm pro Person. Das sei aus mehreren Gründen sinnvoll, sagt Beatrice Fischer. «Linsen, weisse Bohnen, Kichererbsen und andere Hülsenfrüchte sind sehr gesund und liefern viel Eisen, Eiweiss, Vitamine und Folsäure. Zudem machen sie satt und sind günstig.»
Nüsse: Die tägliche Menge pro Person soll sich laut Planetary Health Diet verdoppeln – von heute 25 auf 50 Gramm.
Zucker: Stark sinken würde die Aufnahme von Zucker – nämlich von 98 auf 31 Gramm pro Person und Tag.
Wer die Planetary Health Diet befolge, solle sich aber nicht allzu sehr auf die angegebenen Mengen fixieren, sagt Beatrice Fischer: «Die Forscher haben mit Durchschnittsmengen für die ganze Welt gerechnet. Das gilt auch für die Kalorien.» So nahmen die Wissenschafter einen täglichen Bedarf von 2500 Kilokalorien pro Person an. Diesen Wert gelte es anzupassen, sagt die Ernährungsberaterin: «Für Leute, die im Büro arbeiten, sind 2500 Kilokalorien zu viel, für Bauarbeiter zu wenig.» Viel besser sei es, im Alltag kleine, realistische Schritte zu machen, so Fischer. «Sonst ist man rasch frustriert und landet wieder bei den alten Essgewohnheiten.» Wer beispielsweise weniger Fleisch essen will, solle zur Hummus-Variante statt zum Schinkensandwich greifen.
Gratis-Merkblatt: «Planetary Health Diet»
Das Merkblatt lässt sich hier herunterladen.