Es beginnt im Januar: Weil Seraina Graf (Name geändert) ihre Aknenarben im Gesicht loswerden möchte, entschliesst sie sich, ein Peeling zu machen. «Ich wollte einfach eine schöne Haut haben», sagt die 32-Jährige. Sie versucht, als Visagistin ein zweites Standbein aufzubauen. Ihre Haut, sagt sie, sei ihre Visitenkarte. Sie geht deshalb zu einem Zürcher Hautarzt in die Praxis, um sich über ein Gesichtspeeling zu informieren. Bei diesem Arzt war sie wegen einer Hautkrankheit schon früher in Behandlung. Graf leidet am seborrhoischen Ekzem, ihre Haut ist chronisch entzündet.
Der Arzt schlägt ihr ein Gesichtspeeling mit Trichloressigsäure vor. Das ist eine aggressive Säure, die sich tief in die Haut einfressen kann. Hautärzte bieten es bei Aknenarben, aber auch bei Falten und Altersflecken an.
«Zuerst hatte ich Angst, dass meine heikle Haut das nicht verträgt», sagt Graf. Der Arzt habe ihre Bedenken aber zerstreut. Er habe gesagt, es könne nichts passieren. Während des Peelings beginnt Grafs Haut heftig zu brennen. Sie hat Schmerzen. Sie denkt erst, das müsse so sein. Ein paar Tage später wird sie aber unsicher: Ihr Gesicht ist noch immer stark gerötet, geschwollen und übersät mit Krusten. «Ich war völlig entstellt», sagt sie. Sie geht erneut zum Zürcher Hautarzt. Er verschreibt ihr ein Medikament und eine Wundcreme. Besser wird es dadurch nicht. Seraina Graf beginnt sich Sorgen zu machen: «Ich hatte Angst, dass es so bleibt.» Sie geht nicht mehr aus dem Haus, sagt Vorstellungsgespräche ab, obwohl die IT-Fachfrau einen neuen Job braucht. Nachts schläft sie schlecht, weil ihr Gesicht so juckt. Nach gut zwei Wochen geht sie erneut zum Arzt. Er verschreibt ihr eine milde Waschlotion.
Ein weiterer Monat verstreicht, in dem Seraina Graf abwartet. Das Peeling hat 2000 Franken gekostet, und sie möchte nicht schon wieder Geld für einen Arzttermin ausgeben.
Dann überzeugt eine Freundin sie, für eine Zweitmeinung zum Zürcher Hautarzt Peter Gutzwiller zu gehen. Was er sieht, gefällt ihm nicht: «Dieses Peeling wurde auf einer dafür ungeeigneten Haut gemacht», sagt er gegenüber dem Gesundheitstipp. Er selber hätte Graf davon abgeraten: «Ein solches Peeling schädigt die Haut.» Für Patienten mit einer Hautkrankheit wie Seraina Graf sei das besonders riskant.
Auch Mark Anliker, Allergologe am Kantonsspital Münsterlingen im Kanton Thurgau und Hautarzt, sagt, solche Peelings seien heikel. Die Säure verätze die Haut. Das Gesicht sei danach aufgedunsen und entstellt. Auch ohne Komplikationen sei man oft zwei Wochen nicht «gesellschaftsfähig». Und man dürfe sechs bis acht Wochen nicht an die Sonne, da die Haut zu empfindlich sei. Personen mit einer Hautkrankheit rät Anliker von solchen Peelings ab. Das Risiko einer Entzündung sei zu hoch.
Laurence Imhof, Hautärztin und Leiterin der Sprechstunde für Ästhetische Dermatologie am Universitätsspital Zürich, sagt: «Sobald ein Peeling nicht nur oberflächlich gemacht wird, können schwerwiegende Komplikationen auftreten.» Es sei deshalb sehr wichtig, dass der Arzt geübt sei und den Patienten sorgfältig aufkläre.
Forscher der Maximilian Universität in München vermuten jedoch, dass genau dort das Problem liegt. Sie schrieben kürzlich in einer Studie, dass solche Peelings in den letzten Jahren zwar immer beliebter geworden seien. Viele Ärzte klärten die Patienten aber ungenügend über die Nebenwirkungen auf. Deshalb komme es zu Narben, Entzündungen und starken Rötungen.
Sanfte Methode: Peeling mit Fruchtkernen
Wer kein so grosses Risiko eingehen möchte, sollte eine sanftere Methode wählen (siehe Tabelle). Etwa ein Peeling mit Fruchtkernen oder ein Enzym-Peeling. Sie rubbeln nur die obersten Hautzellen ab und man kann sie gut selber machen. Die Produkte findet man in Reformhäusern oder Drogerien. «Sie wirken gut bei unreiner Haut, da sie die Verhornung bei den Haarfollikeln verringern», sagt Susan Meier, eidgenössisch diplomierte Kosmetikerin und Mediensprecherin des Schweizer Fachverbands für Kosmetik. Allerdings sollten dies auch Leute mit normaler Haut nicht öfter als ein- bis zweimal pro Woche machen, da die Haut sonst verhornt.
Kosmetikerinnen oder Hautärztinnen bieten ebenfalls sanftere Methoden an. Zum Beispiel die Mikrodermabrasion. Dabei schleift man mit kleinen Kristallen oder Sandpartikeln nur die obersten Hautzellen ab. Das vermindert Pigmentflecken, kleine Fältchen und Aknenarben. Doch auch hier gilt: Die Anbieter müssen geschult und geübt sein. «Sonst kann es passieren, dass die Haut stark aufschürft», sagt Susan Meier.
Hautärzte behandeln Falten, Altersflecken oder kleine Narben auch mit Laser. «Mit Laserpeelings kann man sogar Vorstufen von Hautkrebs behandeln», sagt Imhof. Da der Lichtstrahl tief in die Haut eindringt, sind die Risiken jedoch eher hoch.
Das Peeling von Seraina Graf ist nun über zehn Monate her. Noch immer sieht man Spuren der Behandlung im Gesicht. Sie hat Pigmentverfärbungen und vereinzelt Narben, die vorher niwcht da waren. Sie geht nur mit viel Make-up aus dem Haus. Ihrer Haut, sagt sie, werde sie so etwas nicht mehr antun.