Der 45-jährige Bruno Lehmann aus Spiez BE leidet an schwachen Venen. Das spürt er vor allem bei seiner Arbeit im Büro: Nach längerem Sitzen schwellen seine Unterschenkel an, und er fühlt unterhalb der Knie einen dumpfen Schmerz. Die Ursache: Bei einer Venenschwäche können die Klappen in den Beinvenen das Blut nicht ausreichend zum Herz zurückleiten. Die Folge: Der Druck nimmt zu, und aus dem Blut tritt Flüssigkeit in das Gewebe von Knöcheln oder Waden aus. Lehmann: «Das ist sehr unangenehm.»
Medikamente haben riskante Nebenwirkungen
Bruno Lehmann ist kein Einzelfall. Laut dem Ärztenetzwerk Medix leidet jeder dritte bis fünfte Erwachsene an einer Venenschwäche. Ärzte verschreiben Patienten häufig Tabletten wie Lasix, Torem oder Daimox. Diese fördern das Ausscheiden von Wasser durch die Nieren. Doch die Mittel stehen in der Kritik. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt: «Die Medikamente wirken kaum und können riskante Nebenwirkungen haben.» Auch Venenexpertin Alexandra Schlachetzki von der deutschen Venen-Fachklinik St. Brigida hält die Pillen nicht für sinnvoll: «Sie senken den Blutdruck.» Das könne Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit oder gar einen Kreislaufkollaps hervorrufen (siehe Tabelle im PDF). Zudem scheidet man mit dem Wasser auch wichtige Mineralstoffe wie Kalium und Magnesium aus.
Lymphdrainage: Nutzen fraglich
Bei Extrakten aus Spargeln oder Brennnesseln fehlt ebenfalls der Nachweis, dass sie helfen. Lediglich für Extrakte aus Rosskastanie sieht das Forschernetzwerk Cochrane einen kleinen Nutzen. Auch Lymphdrainagen sind kein empfehlenswertes Mittel gegen Venenschwäche. Dabei regt ein Physiotherapeut mit einer Massage den Abtransport der Flüssigkeit an. Das muss man regelmässig machen lassen. Thomas Walser: «Die Lymphdrainage ist mit viel Zeitaufwand verbunden, teuer und der dauerhafte Nutzen fragwürdig.» Ebenfalls nur bedingt wirksam ist das Hochlagern der Beine. Nach dem Aufstehen nimmt die Schwellung direkt wieder zu.
Mehrere Studien deuten darauf hin, dass vor allem Bewegung gut gegen Venenschwäche hilft. Am besten geeignet sind Sportarten, welche die Beinmuskeln beanspruchen – Wandern, Walking, Tanzen, Joggen, Aerobic oder Ausdauertraining auf dem Crosstrainer. So wird der Rücktransport des Blutes zum Herz gefördert. Noch besser wirkt die Bewegung, wenn die Patienten Kompressionsstrümpfe tragen. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt: «In Kombination mit Bewegung sind Kompressionsstrümpfe bei einer Venenschwäche ein Mittel, das gut wirkt.»
Laut der deutschen Gesellschaft für Venenkunde sind auch Sportarten zu empfehlen, bei denen man die Beine unter Wasser bewegt: Schwimmen, Aquajogging oder Wassergymnastik. Grund: Der Wasserdruck wirkt gleichmässig auf die Beine und regt den Abtransport von Flüssigkeit an. Das erkennt man daran, dass man nach einer Viertelstunde im Schwimmbecken oft auf die Toilette muss.
Von einigen Sportarten raten die Experten ab. Vorsicht ist bei Ballsportarten geboten, bei denen man abrupt abbremsen muss. Auch der Druck von Skischuhen kann die Venenklappen verletzen. Krafttraining presst das Blut zu stark in die Beine. Und bei Sportarten wie Rudern oder Kanufahren, die man im Sitzen ausübt, behindern die angewinkelten Beine den Blutfluss. Das kann die Probleme verschlimmern.
Beine kalt abduschen lindert Beschwerden
Neben Bewegung hilft vielen Patienten auch das Kneippen. Venenexperte Jürg Traber von der Venenklinik Bellevue in Kreuzlingen TG sagt: «Blutgefässe reagieren sensibel auf die Temperatur, bei Kälte ziehen sie sich zusammen.» Dadurch tritt weniger Flüssigkeit ins Gewebe aus, die Schwellung und damit auch die Beschwerden nehmen kurzfristig ab. Der Experte rät, die Beine mehrmals täglich von unten nach oben mit kaltem Wasser abzuduschen. Doch Vorsicht: Patienten, die unter Arterienverkalkung oder einer Durchblutungsstörung in den Beinen leiden, sollten vorher einen Arzt fragen.
Auch Bruno Lehmann giesst seit einiger Zeit seine Beine nach dem Duschen kurz eiskalt ab. «Das fühlt sich super an, die Schmerzen sind danach sofort weg», erzählt er. Auch im Büro hat er kaum noch Probleme. Er spüre nur noch selten ein leichtes Ziehen in den Beinen. Manchmal geht Lehmann auch zum Kneippen an den Thunersee. Dabei steht man in knietiefem Wasser und zieht abwechselnd das eine und das andere Bein ganz aus dem kalten Wasser heraus.
Venenärztin Alexandra Schlachetzki rät Patienten mit einer starken und schmerzhaften Schwellung an den Beinen, die Ursache von einem Facharzt abklären zu lassen. Das ist auch bei Krampfadern, Juckreiz, schlecht heilenden Wunden an den Beinen oder nur einseitigen Schwellungen zu empfehlen. «Das sind Anzeichen für einen schwereren Verlauf der Venenschwäche», erklärt Schlachetzki. Dauerhafte Entzündungen, offene Stellen oder Blutgerinnsel sowie Lungenembolien können die Folge sein.
So bleiben Ihre Beine gesund
- Vermeiden Sie langes Stehen oder Sitzen.
- Bewegen Sie sich möglichst oft – mindestens 30 Minuten pro Tag.
- Trinken Sie viel Wasser, Tee oder Fruchtschorle.
- Meiden Sie Alkohol und Kaffee.
- Tragen Sie weite, bequeme Kleidung und flache Schuhe.