Es gibt Tage, an denen ich nicht einmal eine Schüssel vom Küchenregal nehmen kann, weil meine Finger und die Hände schmerzen. Es fällt mir dann auch schwer, Gemüse zu rüsten, eine Flasche zu öffnen oder etwas aufzuschreiben.
Die Ursache sind Eisenkristalle, die sich in meinen Gelenken eingelagert haben. Die Kristalle zerstören das Gewebe und mein Körper nimmt zu viel davon auf. Ich habe Hämochromatose, die Eisenspeicherkrankheit. Sie schadet auch den Organen. Bei mir stolperte das Herz oder es raste. Auch nachts. Das machte mir besonders Angst. Zudem produzierte die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug Insulin und der Blutzuckerspiegel stieg.
Deshalb muss ich drei bis vier Mal pro Jahr zu einem Aderlass, um das überschüssige Eisen loszuwerden. Der Arzt sticht mir jeweils mit einer dicken Kanüle in den Arm und nimmt mir einen halben Liter Blut ab. Dank dem Aderlass alle paar Monate funktionieren meine Organe wieder normal. So konnte ich einen Diabetes abwenden. Auch das Herz bereitet mir keine Probleme mehr.
In den Gelenken habe ich aber noch immer Schmerzen. Dort lässt sich das Eisen nicht wegspülen. Ich brauche Schmerzmittel. Zurzeit macht mir der Rücken zu schaffen. Der Arzt vermutet, dass sich das Eisen auch in den Wirbelgelenken eingelagert hat. Ich kann kaum eine halbe Stunde in der Küche stehen. Manchmal beginne ich schon am Morgen, das Mittagessen vorzubereiten, und lege mich vor dem Kochen nochmals hin. Zum Einkaufen fahre ich oft mit dem Velo. Zu Fuss wäre ich nach 100 Metern erschöpft. Früher wanderten mein Mann und ich sehr gern. Das geht heute leider nicht mehr.
Die Diagnose liegt 14 Jahre zurück. Ich ging zum Arzt, weil meine Gelenke ständig schmerzten und ich immer müde war. Es dauerte lange, bis die Ärzte herausfanden, was ich habe. Einer schrieb alles den Wechseljahren zu und schlug mir vor, zum Psychiater zu gehen. Die Beschwerden treten bei Frauen oft erst in den Wechseljahren auf, so auch bei mir. Denn vorher fliesst viel Eisen mit der Menstruation aus dem Körper.
Mir tun deshalb die Männer leid. Sie können schon in jungen Jahren von Hämochromatose betroffen sein. Bei einem Bekannten löste sie einen Leberschaden aus. Die Leber ist meist das erste Organ, das betroffen ist. Bei meinem Bekannten dachten die Ärzte zuerst, er trinke zu viel Alkohol.
Solche Beispiele machen mich traurig. Und sie zeigen, wie wichtig es ist, dass die Medizin diese Krankheit mehr beachtet. Ich weiss zudem, wie es ist, wenn einen Ärzte nicht ernst nehmen. Das hat mich sehr verletzt. Aber ich hatte Glück, dass sie letztlich herausfanden, woran ich leide. Heute mache ich aus jedem Tag das Beste.
Die Hämochromatose
Die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) ist die häufigste Erbkrankheit in der westlichen Welt. Patienten nehmen über den Dünndarm zu viel Eisen auf. Sie haben bis zu 40 Mal so viel Eisen im Körper wie normal. Auf die Dauer schädigt dies die Organe: Es kann zu Leberzirrhose, Diabetes oder Herzproblemen kommen. Oft vergehen Jahre bis zur Diagnose, denn die Symptome sind unterschiedlich. Einige Patienten sind sehr müde, bei anderen wird die Haut bronzefarben oder Herz und Gelenke machen Probleme. Betroffene müssen regelmässig zum Aderlass. Mit dem Blut führt der Körper Eisen ab. Es gibt zwar Medikamente, die Eisen binden, doch sie haben starke Nebenwirkungen.
Informationen
www.haemochromatose.ch
inneremedizin@usz.ch,Tel. 044 255 46 53