Spätzli, Bratkartoffeln, Geschnetzeltes mit Sauce, Ravioli: Die Lieblingsgerichte der Schweizer enthalten oft viel Fett und sind schwer. Dazu kommt: Vor allem Männer schöpfen gerne grosse Mengen Fleisch und Stärkebeilagen auf den Teller. Gemüse und Salat spielen nur eine Nebenrolle. Einen Hinweis darauf gibt eine Strassenumfrage des Gesundheitstipp (siehe Kasten). Auch die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, den Teller zu drei Fünfteln mit stärke- und eiweissreichen Lebensmitteln zu füllen. Dem Gemüse gehören nur zwei Fünftel.
Doch solche Vorgaben kommen unter Druck. Für Ernährungsberaterin Ruth Ellenberger vom Zürcher Ernährungszentrum ist klar: «So nimmt man zu viele Kalorien auf.» Denn die meisten Leute bewegen sich zu wenig, weil sie «vorwiegend im Sitzen arbeiten», sagt sie.
Stärkebeilagen liefern Energie
Jetzt haben Wissenschafter der Harvard-Universität (USA) berechnet, wie man den Teller füllt, ohne zuzunehmen. Ihre Regel ist ganz einfach:
Füllen Sie den halben Teller mit Gemüse oder Salat.
Schöpfen Sie einen Viertel Stärkebeilagen wie Teigwaren, Kartoffeln oder Reis. Sie liefern Kohlenhydrate und Energie.
Den restlichen Viertel des Tellers füllt man mit Fleisch, Fisch oder anderen eiweissreichen Nahrungsmitteln.
Das Motto der Forscher: «Je mehr Gemüse, umso besser.» Sie raten, verschiedene Gemüse und Farben zu kombinieren.
Gemüse hat viele Vorzüge: Es enthält nur wenige Kalorien und füllt dennoch den Magen. Mit 100 Gramm Spinat nimmt man gerade mal 30 Kalorien auf. Zum Vergleich: Die gleiche Menge Reis bringt es auf 135, Kalbsbraten auf 190 Kalorien. Zudem steckt in Gemüse eine Menge gesunde Vitamine, Mineralstoffe und Nahrungsfasern. Tipp: Bevorzugen Sie Bio-Gemüse. Es enthält in der Regel keine Pestizide.
Ruth Ellenberger sagt: «Das neue Modell ist eine gute Faustregel, um weniger Kalorien zu essen.» Auch wenn der halbe Teller mit Gemüse gefüllt ist, muss man nicht hungern. Das zeigt Ellenbergers Vorschlag für ein Herbstmenü (siehe Bild im PDF): Auf dem Teller sind 250 Gramm Gemüse – Kürbis, Zucchetti und Peperoni –, 120 Gramm Rindsfilet und 130 Gramm Maisschnitte, mit Sbrinz überbacken. Total sind das 650 Kalorien – also ungefähr ein Drittel des Tagesbedarfs für Erwachsene. Ein solches Menü enthält alle wichtigen Nährstoffe.
Auch Präventivmediziner David Fäh von der Berner Fachhochschule sagt: «Gemüse sollte den grössten Teil auf dem Teller ausmachen.» Es spiele keine Rolle, ob man das Gemüse roh oder gekocht esse. Gemüse und Salat schliessen sich nicht aus, so Fäh: «Es spricht nichts dagegen, beides in einer Mahlzeit zu kombinieren.» Doch aufgepasst: «Kartoffeln und Mais gehören nicht zum Gemüse, sondern zu den Stärkebeilagen», stellt David Fäh klar.
Bei viel Muskelarbeit gelten andere Regeln
Für eine Minderheit der Erwachsenen gilt ein anderes Tellermodell. Ernährungsberaterin Ruth Ellenberger erklärt: «Wer viel Muskelarbeit leistet, braucht mehr Eiweiss und mehr Kohlenhydrate.» Dazu gehören Sportler, aber auch Arbeitnehmer, die einen körperlich anstrengenden Beruf haben, zum Beispiel Bauarbeiter.
Das Bundesamt für Gesundheit rät Sportlern, ungefähr doppelt so viel Eiweiss zu essen wie Personen, die sich wenig bewegen. Wer eine schwere Arbeit hat, sollte täglich 1 bis 2 Gramm Eiweiss pro Kilo Körpergewicht zu sich nehmen. Der Kalorienbedarf ist zudem um etwa die Hälfte höher. Das ist aber kein Grund, weniger Gemüse zu essen. Denn alle profitieren durch die gesunden Nährstoffe in Gemüse und Salat. Leute mit erhöhtem Energiebedarf können eine zusätzliche Portion Stärkebeilagen wie Reis, Teigwaren oder Kartoffeln schöpfen. Damit nehmen sie auch mehr Eiweiss auf.
Es ist jedoch nicht nötig, den Teller bei jeder Mahlzeit nach dem gleichen Schema zu füllen. Ernährungsberaterin Ruth Ellenberger sagt: «Wichtig ist, dass die Nährstoffbilanz innerhalb von vierzehn Tagen ausgeglichen ist. Da verträgt es auch mal eine Abweichung vom idealen Schema.»
Buchtipp
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Umfrage: Wie beladen Sie Ihren Teller?
Dominik Ulrich, 43, Inwil LU
«Ich schöpfe meist einen halben Teller mit Kohlenhydrat-Beilagen, damit ich satt werde. Ich treibe viel Sport, vor allem Joggen. Dazu brauche ich genug Energie. Zwischendurch esse ich mehr Gemüse. Das kommt immer häufiger vor.»
Yvonne Fol, 54, Zürich
«Ich schöpfe gleich viel Gemüse wie Kohlenhydrate auf den Teller. Ich achte sehr darauf, dass ich nur wenig Kalorien esse. Früher ass ich weniger Gemüse. Je älter ich werde, desto mehr befasse ich mich mit gesunder Ernährung.»
Ursula Bätscher, 73, Greifensee ZH
«Ich fülle die Hälfte des Tellers mit Gemüse oder Salat. Das mache ich nicht, um abzunehmen. Mein Gewicht ist seit Jahrzehnten stabil. Ich weiss aber: Fleisch hat viel Cholesterin. Esse ich viel Gemüse, muss ich keine Cholesterinsenker nehmen.»
Simon Lüscher, 36, Widen AG
«Ich schöpfe meist etwa je einen Drittel Gemüse, Kohlenhydrat-Beilagen und Fleisch auf den Teller. Mein Ziel: mehr Gemüse und Kohlenhydrate essen, dafür weniger Fleisch. Ich nehme meist Geflügel oder Fisch, das ist am gesündesten.»