Bei einer Raucherlunge sind die Bronchien chronisch gereizt und entzündet. Betroffene bekommen nicht mehr genug Luft und müssen immer wieder husten. Die Leistungsfähigkeit nimmt merklich ab, eine Heilung gibt es nicht.
Die Pharmaindustrie entwickelt immer neue Medikamente gegen die COPD, wie Ärzte die Krankheit nennen. Sie sollen zumindest die Symptome bekämpfen. Das unabhängige Fachblatt «Pharma-Kritik» hat drei neue Medikamente geprüft, die sich für mittelschwere bis schwere Stadien der Krankheit eignen.
Das Fazit der Autoren ist ernüchternd. Wirklich neu sei an den Medikamenten nicht viel. Es mache eher den Anschein, als wolle jeder Pharmahersteller nur ein Stück vom grossen Kuchen für sich abschneiden: «Die bisher vorliegenden Studien lassen nicht annehmen, dass die neuen Präparate einen Vorteil gegenüber den bereits erhältlichen haben», schreiben die Autoren.
Beispiel Striverdi Respimat von Boehringer Ingelheim: Es soll 24 Stunden lang wirken, Patienten müssen es im Gegensatz zu manch anderen Mitteln nur einmal am Tag inhalieren. In Studien konnte das Medikament jedoch weder die gefährlichen Krankheitsschübe – meist ausgelöst durch Infektionen wie Grippeerreger – verhindern, noch die Symptome viel besser lindern als ein Scheinmedikament.
Auch die Lebensqualität erhöhte sich kaum. Dafür kam es zu Nebenwirkungen wie Infektionen der oberen Atemwege, Bronchitis oder Husten – genau die Symptome, die es eigentlich zu verhindern gilt.
Ultibro Breezhaler nennt sich ein Medikament von Novartis. Es ist eine Kombination von zwei Wirkstoffen, die bis anhin nur einzeln erhältlich waren. Auch sie sollen lange wirken. Studien zeigten zwar, dass die Kombination der Wirkstoffe besser wirkt als die beiden Einzelsubstanzen alleine. Krankheitsschübe konnte die Kombination jedoch nicht besser verhindern.
Verglichen mit älteren Medikamenten konnte Ultibro Breezhaler auch die Lebensqualität der Patienten nicht verbessern. Die Nebenwirkungen waren Husten, trockener Mund, Kopfschmerzen sowie Infektion der Atemwege.
Anoro Ellipta von GlaxoSmith Kline ist ebenfalls eine Kombination von zwei Wirkstoffen, die lange wirken sollen. Auch dieses Medikament müssen Patienten nur einmal im Tag inhalieren. In Studien verglichen die Forscher das Medikament vor allem mit dem älteren und häufig verschriebenen Spiriva. Für den Patienten messbare Vorteile ergaben sich aber nicht. Zudem verhinderte Spiriva Schübe besser als Anoro Ellipta.
Nebenwirkungen der Kombination sind Infektion der oberen Atemwege, Husten, Schnupfen, Harnwegsinfekte.
Physiotherapie und Bewegung helfen
Die «Pharma-Kritik» warnt zudem davor, dass Patienten, die nur einen Wirkstoff benötigen, ein Kombi-Präparat verschrieben wird: «Sie müssen ohne Zusatznutzen das Risiko für mehr Nebenwirkungen in Kauf nehmen.» Ausserdem sei nicht auszuschliessen, dass sich die Nebenwirkungen auf das Herz-Kreislauf-System durch die Kombination zweier Wirkstoffe verstärken (siehe Ausgabe 11/2013).
Kommt dazu: Die Mittel haben keinen Einfluss auf das Fortschreiten der Krankheit. Der Freiburger Jean-Pierre Zellweger, emeritierter Lungenarzt und Experte für Raucherentwöhnung, sagt: «Kein Medikament kann Lungengewebe ersetzen, das durch Rauchen zerstört oder sogar verschwunden ist.»
Das Wichtigste für Patienten ist der Rauchstopp. Dann gelangen keine Rauchpartikel mehr in die Lunge, die das Voranschreiten der Krankheit begünstigen (siehe Unten).
Auch ein Training kann die Symptome der Raucherlunge lindern. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser setzt auf Physiotherapie und mehr Bewegung im Alltag: «Sie halten die Patienten aktiv und stärken die Muskeln im Brustkorb.»
Die unabhängige Cochrane-Collaboration, eine Gemeinschaft von weltweit tätigen Forschern, hat den Nutzen in einer Übersichtsarbeit mit über 3800 Betroffenen bestätigt: Gezieltes Lungentraining lindert Atemnot und Abgeschlagenheit, verbessert die Lebensqualität und ist eine wichtige Säule in der Therapie der Lungenkrankheit.
Patienten sollten sich gegen Grippe impfen
Weil Atemwege und Lunge durch die Krankheit geschwächt sind, können Bakterien gefährliche Infektionen und einen schweren Schub auslösen. Stressbewältigung und eine ausgewogene Ernährung stärken das Immunsystem der Betroffenen. Viel trinken hält den Schleim in den Bronchien dünnflüssig, damit ihn Patienten gut abhusten können.
Fachleute empfehlen Patienten zudem die Grippe-Impfung – obwohl der Beleg für einen medizinischen Nutzen fehlt. Selbst das Impfen gegen Pneumokokken, die eine Lungenentzündung auslösen können, schütze unter Umständen.
Boehringer Ingelheim schreibt dem Gesundheitstipp: Ihr Medikament Striverdi Respimat sei Scheinmedikamenten und anderen Mitteln, die die Bronchien erweitern, überlegen. Um dies zu untermauern, legte die Firma dem Gesundheitstipp Studien aus Fachzeitschriften vor.
Novartis argumentiert ähnlich: Ultibro Breezhaler würden Patienten generell gut vertragen und es sei Spiriva «überlegen». Sie verweist auf Studien in Fachzeitschriften.
GlaxoSmithKline schreibt: Anoro Ellipta verbessere die Funktion der Lunge mehr als die Standardtherapie mit Spiriva. Die Nebenwirkungen seien vergleichbar. Auch Glaxo zitiert Studien in Fachzeitschriften.
Rauchstopp: So gehen Sie vor
- Setzen Sie sich im Voraus ein Datum für den Rauchstopp.
- Nehmen Sie sich vor, für immer aufzuhören.
- Machen Sie sich bewusst: Eine einzige Zigarette bedeutet in der Regel den Rückfall.
- Meiden Sie zu Beginn Menschen, die rauchen.
- Vermeiden Sie Situationen, in denen Sie jeweils geraucht haben.
- Greifen Sie am Anfang zu Produkten mit Nikotin, z. B. Kaugummi.
- Suchen Sie eine Ersatzbeschäftigung für Mund und Hände: Zahnstocher, Schlüsselbund, Kaugummi usw.
- Holen Sie sich Feedback, lassen Sie sich von Ihren Angehörigen motivieren.
- Belohnen Sie sich immer wieder fürs Durchhalten: etwa mit einem feinen Essen oder mit einem Kinobesuch.
- Beginnen Sie zu joggen: Jeder Fortschritt in der Ausdauer beflügelt Sie.