Gegen Cellulite ist kein Kraut gewachsen
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An Cellulite verdient sich ein Heer von Kosmetikerinnen und Ärzten eine goldene Nase. In erster Linie schwindet jedoch das Geld, nicht die Cellulite.
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saldo 7/2003
16.04.2003
Christian Breitschmid
Fast 90 Prozent der Frauen leiden an Cellulite, auch Orangenhaut genannt. Sie entsteht, wenn sich die Fettspeicher unter der dünnen, weiblichen Ober- und Lederhaut mit Fett und Schlacke anfüllen und sich die Fettkammern dann zwischen den Bindegewebssträngen der Haut nach aussen wölben.
Diese Veranlagung macht durchaus Sinn, denn Frauen sind ja immer potenzielle Mütter. Und als solche muss ihre Haut einerseits in der Lage sein, sich den Formen einer Schwangerschaft anzupassen,...
Fast 90 Prozent der Frauen leiden an Cellulite, auch Orangenhaut genannt. Sie entsteht, wenn sich die Fettspeicher unter der dünnen, weiblichen Ober- und Lederhaut mit Fett und Schlacke anfüllen und sich die Fettkammern dann zwischen den Bindegewebssträngen der Haut nach aussen wölben.
Diese Veranlagung macht durchaus Sinn, denn Frauen sind ja immer potenzielle Mütter. Und als solche muss ihre Haut einerseits in der Lage sein, sich den Formen einer Schwangerschaft anzupassen, und andererseits sollen Energiespeicher unter der Haut (Fettpolster) möglichst aufnahmefähig und schwer abzubauen sein. Betroffen sind vor allem die Oberschenkel, aber auch Po, Bauch und Hüften.
Beschaffenheit des Gewebes lässt sich nicht verändern
Im Zeitalter von Fitness, Wellness und Beauty ist der Anblick einer Haut voller Wellen und Dellen nicht gefragt. Also sucht so gut wie jede Frau schon beim ersten Anzeichen von Cellulite nach möglichen Gegenmassnahmen.
Die Werbung verspricht wahre Wunder: «Schluss mit Cellulite», «Die neue Beinfreiheit» oder «Ran an die Orangenhaut». Gerade im Frühling locken aus Schaufenstern und Hochglanzgazetten die perfekten Frauenkörper, die mit tollen Diäten und durch die ultimative Cellulite-Therapie die makellose Schönheit errungen haben. Selbstverständlich sind all diese Produkte immer «klinisch getestet» und «von führenden Dermatologen empfohlen».
Tatsache ist: Gegen Cellulite ist kein Kraut gewachsen. Die Beschaffenheit des weiblichen Gewebes lässt sich nicht verändern. Möglich sind nur oberflächliche Verbesserungen des Hautbildes. Diese sind aber nie von Dauer. Wenn eine kosmetische Therapie Erfolg zeitigt, dann muss sie regelmässig wiederholt werden. Flankierende Massnahmen wie Sport und eine gesunde, ausgewogene Ernährung sind unerlässlich.
Mechanische und medizinische Methoden
Ein paar mechanische Methoden sollen bei der Cellulite-Behandlung zu den erwähnten oberflächlichen Erfolgen führen: die Endermologie, die Differenzierte Cellulite-Behandlung (DCB) oder einige Wickelmethoden. Bei der Endermologie wird das Unterhautfettgewebe durch ein Vakuum zwischen zwei Walzen gezogen und dabei massiert und gelockert. Die so gelöste Schlacke kann angeblich einfacher über die Lymphen abtransportiert werden.
Bei der DCB werden diverse Geräte und lymphaktivierende Methoden angewendet, die je nach Bedürfnis der Kundin ausgewählt und zu einem individuellen Therapie-Paket zusammengestellt werden.
Kühle Wickel sollen den Stoffwechsel und die Fettverbrennung anregen, und die Massagen vor und nach den Wickeln wirken angeblich positiv auf die Arbeit des lymphatischen Systems.
Daneben gibt es zwei medizinische Methoden: «Liposuktion (Fett absaugen) und Cellulolipolyse (Strombehandlung) werden mit gutem Erfolg angewendet», erläutert Harald Gerny, Dermatologe und Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Ästhetik. Dabei bleibt zu beachten, dass Fett absaugen allein nicht genügt, denn das Hautbild verbessert sich nicht automatisch, wenn Fett reduziert wurde. Die Therapie muss ergänzt werden, etwa durch eine endermologische Behandlung.
Die Behandlungen kosten Tausende von Franken
Bei der Cellulolipolyse werden lange, feine Nadeln ins Unterhautfettgewebe eingeführt und unter Strom gesetzt. Dadurch wird das Zellfett aufgelöst und kann vom Körper zusammen mit gestauter Flüssigkeit aus den Zellen abgeführt werden. Egal für welche Methode sich eine Frau entscheidet, sie muss sich bewusst sein, dass sie der Kampf gegen die Orangenhaut mit all diesen Methoden Tausende von Franken kostet.
"All diese Therapien sind Gugus"
Peter Gutzwiller ist Facharzt für Hautkrankheiten in Liestal BL. Er beantwortet Fragen zur Cellulite-Behandlung.
Puls: Das Angebot an Behandlungsmethoden gegen Cellulite ist enorm. Was halten Sie von all diesen möglichen Therapien?
Peter Gutzwiller: Ich halte gar nichts von diesen Methoden. Eigentlich sind all diese Mittelchen und Therapien Gugus. Auch wenn Cellulite oft Cellulitis genannt wird: Es ist trotz der Endung -itis weder eine Entzündung noch eine Krankheit. Die Struktur der Cellulite gehört zur normalen weiblichen Anatomie. Die Sichtbarkeit kann variieren und macht in der Regel wenig Freude.
Dann nützen diese Methoden also gar nichts?
Das kann man so nicht sagen. Vor allem mechanische Behandlungen, also massierende Methoden, können schon dazu beitragen, das Hautbild zu verbessern. Aber das kann man auch selber machen, dazu braucht es keinen Therapeuten.
In dieser Grauzone zwischen Medizin und Kosmetik tummeln sich viele zweifelhafte Anbieter. Wie können sich Frauen vor Scharlatanerie schützen?
Ich würde sagen, jede Behandlung, die mehr als 100 Franken pro Monat kostet, ist generell einmal in Frage zu stellen. Meistens nützen solch teure Methoden dem Anbieter mehr als der Kundin.
Was empfehlen Sie Frauen mit Cellulite?
Ich empfehle eine gesunde Lebensführung, gute Ernährung und viel Bewegung.
Cremes und Gels nützen nichts
Die Anzahl und Grösse der Pölsterchen nimmt ab» oder «nach 28 Tagen signifikante Reduktion des Reliefs der Orangenhaut», lauten die Versprechen einiger Kosmetikhersteller. Aber: Halten denn die Gels, Cremes und Sprays auch, was sie in Aussicht stellen?
«K-Spezial» und die Stiftung Warentest nahmen in unabhängigen Tests diverse Produkte unter die Lupe. Das vernichtende Resultat: Eine Wirkung auf Cellulite wurde nicht festgestellt, allenfalls eine Reduktion des Umfanges. Der Dermatologe Peter Gutzwiller bestätigt: «Cellulite kann nicht durch Cremes beeinflusst werden, egal, welche Wirkstoffe enthalten sind. Eine Abnahme des Oberschenkelumfangs hat nichts mit der Cellulite zu tun.»
sb
Mehr zum Thema: «K-Spezial», Januar 2003, www.konsuminfo.ch, «Test» 4/2003, www.warentest.de