Haben Sie oft müde, trockene oder tränende Augen? Oder leiden Sie an anderen Augenbeschwerden?», steht im Kursbeschrieb auf der Website von Pro Senectute Kanton Zürich. Und weiter: Ein ganzheitliches Augentraining könne die «Stärkung und Erhaltung der Sehkraft» unterstützen.
Jeden Mittwoch führt Sehtrainerin Rosmarie Rüegg im Quartiertreff Hirslanden in Zürich Augentrainingskurse durch. Kostenpunkt: 240 Franken für 16 Lektionen. Rüegg ist Mitglied des Schweizer Berufsverbandes für Sehtraining. Auf dessen Website finden sich weitere Angebote für Sehtrainings. Bei diesem geht es darum, das Sehsystem und den Körper zu entspannen, wie auf der Website steht.
Eine wichtige Übung sei das «Palmieren». Dabei legt man die Hände über die Augen, atmet tief ein und aus und lauscht den Worten der Sehtrainerin. Bei einer zweiten Übung geht es darum, «natürlich zu fokussieren in der Nähe und in der Ferne», bei einer dritten darum, «das Sehen mit beiden Augen zu trainieren». Auch der Verband schreibt, man könne mit dem Sehtraining die Sehkraft erhalten oder wieder aufbauen und die Sehqualität verbessern. Buchautor Leo Angart sagt sogar, man könne damit eine Brille loswerden («Saldo» 8/2020).
Doch auf solche Augentrainings kann man gemäss Fachleuten verzichten. So sagt der Augenarzt Isaak Schipper aus Zürich: «Augentrainings werden schon seit vielen Jahren beworben. Bis heute konnte jedoch keiner beweisen, dass diese die Sehschärfe verbessern oder erhalten können.» Ähnlich äussert sich Martin K. Schmid, Chefarzt Netzhaut an der Augenklinik des Kantonsspitals Luzern: «Die Trainings haben keine wissenschaftlichen Grundlagen.» Einige der Methoden habe man zwar wissenschaftlich untersucht, man habe aber keinen Nutzen nachweisen können. Deshalb empfiehlt er solche Trainings nicht.
Laut Schipper ist Kurz- oder Weitsichtigkeit durch den Aufbau des Auges zu erklären. Sehübungen könnten diesen nicht beeinflussen. Und Alterssichtigkeit ist darauf zurückzuführen, dass die Linse an Elastizität verliert. Auch diesen Prozess könne man mit Sehübungen nicht aufhalten, so Schipper. Gegen trockene Augen gebe es aber einige Tipps.
Amerikanischer Arzt rief die Theorie ins Leben
Die Theorie, dass man Fehlsichtigkeit durch Augengymnastik korrigieren könne, ist auf ein Buch des US-amerikanischen Augenarztes William Bates zurückzuführen. Den Nutzen konnte man aber nie mit Studien belegen.
Der Schweizer Berufsverband für Sehtraining und Rosmarie Rüegg nahmen zur Kritik der Experten nicht Stellung. Die Stiftung Pro Senectute schreibt, sie vertrete die Haltung, dass der Alterungsprozess individuell verlaufe.
Viele Sehprobleme im Alter entstünden durch den natürlichen Alterungsprozess der Augen. Weitere Gründe seien genetische Faktoren, Umweltfaktoren wie UV-Strahlung und andere Erkrankungen, hier könne «ein richtiges Gesundheitsverhalten» einen positiven Einfluss haben.
Aufruf: Was sind Ihre Erfahrungen mit Augentraining?
Schreiben Sie uns: Redaktion Gesundheitstipp, «Augentraining», Postfach, 8024 Zürich, redaktion@gesundheitstipp.ch
Das hilft gegen trockene Augen
- Nehmen Sie genügend Flüssigkeit zu sich.
- Legen Sie feuchte Umschläge auf die Augen.
- Starren Sie nicht zu lange in einen Bildschirm. Legen Sie immer wieder Pausen ein, indem Sie die Augen für ein paar Minuten schliessen und Musik hören.