Kurt Zähner wusste schon lange von seinem Gallenstein. Diesen hatte sein Hausarzt bei Röntgenaufnahmen zufällig entdeckt. Bis zum Herbst 2022 hatte der 85-Jährige aus Orselina TI mit dem Stein keine Probleme. Doch plötzlich bekam er so starkes Bauchweh, dass er sich in die Notfallstation des Spitals begeben musste. «Es war schlimm», sagt Zähner. Im Spital entnahmen ihm die Ärzte die Gallenblase. Über drei Schnitte am Bauch führte der Chirurg das Operationsbesteck ein.
Um mehr Platz für den Eingriff zu haben, blies er den Bauchraum über einen Schlauch mit Gas auf und schnitt die Gallenblase heraus. Sie diente als Speicher für Gallenflüssigkeit. Diese hilft, fettige Speisen zu verdauen. Während des Eingriffs stehen Patienten unter Vollnarkose. Diese machte Kurt Zähner danach zu schaffen: Zwei Tage lang hatte er Mühe, sich zu orientieren.
Beschwerden halten nach einem Eingriff häufig an
Zahlen des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums zeigen: Im Jahr 2022 führten Ärzte die Operation rund 16'700 Mal durch. 2013 waren es erst 13'980 Eingriffe. Eine Operation kostet gemäss dem Krankenkassenverband Curafutura 7850 Franken.
Jetzt zeigt eine neue Studie der Universität Aberdeen UK: Ein Eingriff ist oft nicht nötig. Abwarten wäre meist besser, als den Eingriff sofort machen zu lassen. Die Forscher teilten 400 Gallenstein-Patienten in zwei Gruppen ein. Der einen Gruppe entfernten Ärzte bei Schmerzen die Gallenblase. Der anderen gaben sie zunächst Schmerzmittel und warteten ab.
Ergebnis: Nur einer von vier Patienten der zweiten Gruppe musste sich später der Operation unterziehen. Nach eineinhalb Jahren zeigte sich: Den Operierten ging es nicht besser. Ihre Lebensqualität war nicht höher. Auch Schmerzen hatten sie insgesamt nicht weniger.
Bei der Operation kann sich der Bauch entzünden
Hinzu kommt: Beim Eingriff gibt es Risiken. Wenn Steine oder Galle austreten, kann es zu Entzündungen im Bauchbereich kommen. Nach dem Entfernen der Gallenblase leiden Betroffene oft unter Sodbrennen oder Übelkeit. Fehlt die Gallenblase, läuft die Gallenflüssigkeit von der Leber direkt in den Darm. Das erhöht gemäss der deutschen Krebsgesellschaft das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken.
Der Arzt und Operationsfachmann Stefan Sauerland vom deutschen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit sagt, man solle sich beim Entscheid bezüglich Operation Zeit lassen. «Wenn starke Koliken erneut auftreten oder Gallenblase und Bauchspeicheldrüse sich entzünden, kann man sich immer noch operieren lassen.» Das Institut liefert dazu für Betroffene eine Entscheidungshilfe.
Richtige Ernährung schützt vor Beschwerden
Der Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser empfiehlt, die Gallenblase nur bei Komplikationen entfernen zu lassen – etwa wenn sie entzündet ist oder wenn die Steine die Gallengänge blockieren. «Dann ist oft eine Operation nötig», sagt Walser. Bei Gallensteinen helfen Therapien kaum. Zertrümmert man die Steine mit Stosswellen, bilden sich oft innert wenigen Jahren neue.
Auch Pflanzenpräparate und Tees eignen sich nicht. Laut dem Heilpflanzenexperten Martin Koradi aus Winterthur ZH regen solche Präparate den Gallenfluss an. Das könne die Steine in Richtung Gallengang bewegen. Dann bestehe die Gefahr, dass sie dort stecken bleiben («Saldo» 15/2019). Es ist zu einem grossen Teil erblich bedingt, ob sich Gallensteine bilden. Gesundes Essen kann aber vor Beschwerden schützen.
Gallensteine: Das sollten Betroffene beachten
• Reduzieren Sie Übergewicht, aber nur langsam.
• Essen Sie wenig Fett, aber verzichten Sie nicht ganz darauf. Arbeitet die Gallenblase mangelhaft, bleibt Flüssigkeit darin stecken – dann bilden sich Steine.
• Verwenden Sie in der Küche Oliven- und Rapsöl.
• Essen Sie möglichst wenig Zucker, Weissbrot und Wurstwaren. Verzichten Sie auf frittierte, geräucherte oder stark gebratene Lebensmittel.
• Essen Sie viel Obst und Gemüse. Vitamin C hindert die Gallensteine daran, zu wachsen.
• Essen Sie oft Erbsen, Linsen und Bohnen.
• Trinken Sie selten Alkohol.
• Für Patienten, die sich eine Operation überlegen, bietet das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen eine Entscheidungshilfe an. Diese lässt sich im Internet herunterladen auf Gesundheitsinformation.de [ in der Suchmaske die Begriffe «Gallensteine» und «Entscheidungshilfe» eingeben [ dort das Dokument «Entscheidungshilfe: Gallensteine: Wie können sie behandelt werden?» auswählen.