Mit einer Spezial-Brille könne man die Ferien ohne Jetlag geniessen, verspricht die Firma Propeaq auf ihrer Website. Kostenpunkt: rund 300 Franken. Die Brille hat eingebaute LED-Leuchten, die Licht abgeben und dem Körper signalisieren, es sei Tag. So kann man den Schlafdrang in den späteren Abend verschieben. Die Firma schreibt weiter: «Propeaq passt Ihren Biorhythmus an die Zeitzone an, in die Sie reisen.» Dazu gibt es eine App fürs Smartphone. Plant man etwa einen Flug von Zürich nach New York, sagt die App dem Nutzer in den drei Tagen vor dem Abflug, wie lange er die Brille morgens und abends tragen, wann er zu Bett gehen und wann er aufstehen soll.
Doch der Nutzen ist umstritten. Studien gibt es nur ungenügende. Zudem ist die Brille sehr teuer. Reisemedizinerin Danielle Gyurech von der Züricher Travel Clinic sagt: «Man kann die innere Uhr zu Hause auch ohne teure Jetlag-Brille auf die neue Ortszeit vorbereiten.» Das Rezept heisst: Bettzeiten ändern. Wer nach Westen fliege, müsse ein paar Tage vor dem Abflug immer eine Stunde später zu Bett und eine Stunde später aufstehen. Bei Flügen in Richtung Osten gehe man jeden Tag eine Stunde früher ins Bett und stehe früher auf.
Allerdings: Ein richtig gutes Mittel gegen Jetlag gibt es nicht. Alle Massnahmen sind wissenschaftlich nur wenig belegt, wie ein Vergleich des Gesundheitstipp zeigt (siehe Tabelle). Die meisten bedeuten einen zusätzlichen Aufwand vor den Ferien. Gyurech: «Man setzt sich dadurch tagelang ziemlichem Stress aus.»
Doch gerade Stress sollte man vor dem Abflug vermeiden, sagt Schlafforscher Christian Cajochen von der Uni Basel. Stress verstärke die Jetlag-Symptome. Cajochen empfiehlt: «Gehen Sie die Reise ausgeruht an. Während des Flugs sollte man bequeme Kleidung tragen, genug trinken und nur wenig essen.» Alkohol gilt es zu meiden. Auf Nachtflügen solle man zudem schlafen, auf Tagflügen wach bleiben. Das erleichtere den Einstieg in die neue Ortszeit.
Am Ferienort sollte man sich «sofort strikt an die dortige Tageszeit halten», sagt Cajochen, damit man den Jetlag möglichst klein hält. Das heisst: tagsüber wach bleiben und erst nachts schlafen.
Ohrläppchen massieren gegen die Müdigkeit
Weil man aber müde ist, fällt das Wachbleiben nicht allen leicht. Doch auch gegen die Müdigkeit gibt es Mittel. Eines davon: nach draussen gehen, sich dem Tageslicht aussetzen. Noch besser ist es, sich dabei zu bewegen. Cajochen: «Körperliche Aktivität verstärkt die Wirkung des Tageslichts.»
Auch Akupressur hilft allenfalls die Müdigkeit zu vertreiben: Man massiert beide Ohrläppchen und zieht anschliessend mehrmals an ihnen. Einen Wirkbeleg dafür gibt es allerdings nicht.
Akupressur kann auch beim Einschlafen am Abend helfen: Man drückt den Zeigefinger für fünf Sekunden mitten auf die Schädeldecke. Präparate mit Ginseng, Baldrian oder Rosenwurz können zudem den Organismus beruhigen, sagt der Heilpflanzenexperte Martin Koradi aus Winterthur ZH. Gegen Tagesmüdigkeit und Einschlafstörungen gibt es ausserdem homöopathische Globuli, zum Beispiel Cocculus D12. Einen Wirkbeleg gibt es dafür aber auch nicht.
Melatonin hilft beim Einschlafen
Ungewiss ist die Rolle von Melatonin. Der Wirkstoff soll dem Gehirn Dunkelheit vortäuschen und müde machen. Laut einer Arbeit des unabhängigen Forschernetzwerks Cochrane gibt es Hinweise, dass Mengen von 0,5 bis 5 Milligramm Melatonin das Einschlafen fördern. Nebenwirkungen gebe es bei Gesunden bei dieser Dosis keine. Aber: Melatonin ist in der Schweiz für Schlafstörungen zugelassen, gegen Jetlag jedoch nicht. Und nicht jedem hilft Melatonin, sagt Reisemedizinerin Gyurech. «Die Wirkung ist unsicher, man geht eher von einem Placeboeffekt aus.»
Gut dokumentiert sind hingegen Schlafmittel wie beispielsweise das Medikament Zolpidem. Es führe innerhalb einer halben Stunde zum Einschlafen. Ob es gegen die Symptome des Jetlags nützt, ist allerdings auch nicht ausreichend belegt. Das Medikament erhält man zudem nur gegen Rezept. Und es kann abhängig machen.
Chrono Eyewear, Hersteller der Propeaq-Jetlag-Brille, schreibt, das Anpassen der inneren Uhr gehe auch ohne Brille. Mit der Lichtbrille sei es aber «viel einfacher».