Das Band ist zwischen zwei Bäume locker gespannt und schwingt hin und her. Vorsichtig setzt Paul Klasa einen Fuss vor den anderen, die Arme seitlich ausgestreckt. So hält er das Gleichgewicht. Der 37-Jährige aus Basel balanciert auf der Slackline. Seit rund fünf Jahren betreibt er diesen Sport und engagiert sich im Verein Basel City Slackliners. «Mein Gleichgewichtssinn hat sich enorm verbessert», sagt Klasa. Die ersten Schritte auf dem Band fielen ihm noch schwer. Jetzt ist er begeistert: «Es macht einfach Spass.»
Das Slacklinen ist nicht nur ein Sport für junge Leute. Der deutsche Verband der Physiotherapeuten empfiehlt es auch Senioren, um sich vor Stürzen zu schützen. Corsin Federspiel, Physiotherapeut in Chur, hat damit gute Erfahrungen gemacht. Er schickt auch Patienten mit verletztem Kreuzband oder Sprunggelenk auf die Slackline – allerdings nicht zu früh: «Das Gelenk muss schon etwas stabil sein», sagt Federspiel. Auch bei Rückenproblemen sei das Training hilfreich.
Slacklinen kräftigt Muskeln und Sehnen
Ein Vorteil der Slackline gegenüber dem Balancieren auf einem Balken oder Baumstamm: Sie schwingt in alle Richtungen. So muss sich der Körper immer wieder der Bewegung anpassen und sie ausgleichen. Das fordert den Gleichgewichtssinn im Innenohr, in den Muskeln und Sehnen besonders stark. Gerade sie brauchen regelmässiges Training, damit sie nicht verkümmern. Physiotherapeut Jan Peters aus Wil SG sagt: «Das kann schon bei einer längeren Verletzungspause nach einem Unfall passieren.»
Slacklinen kräftigt auch die Muskeln in Armen, Beinen, im Rumpf und im Gesäss. Damit unterscheidet es sich von vielen anderen Trainings fürs Gleichgewicht. Das zeigt ein Vergleich des Gesundheistipp (siehe Tabelle im PDF). Zum Beispiel Gleichgewichtsübungen auf dem Boden oder auf Balance-Trainern wie Kreisel, Wippe und Kippbrett: «Sie nützen den Muskeln nur wenig», sagt Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser.
Der Vorteil hier: Die Gefahr sich zu verletzen ist eher gering. Diese Methoden eignen sich deshalb für fast jeden, so Sportwissenschafter Marc Zibung von der Universität Bern. «Wer beim normalen Gehen keine Schwierigkeiten hat, darf sich auch auf einen Balance- Trainer wagen.» In Sportgeschäften gibt es unterdessen eine Reihe solcher Geräte. Sie bringen Abwechslung ins Training daheim, kosten aber bis zu 250 Franken.
Physiotherapeut Jan Peters: «Das Gehirn gewöhnt sich schnell an bestimmte Reize.» Deshalb setzt man am besten unterschiedliche Techniken ein, um das Gleichgewicht zu trainieren. Das können auch einfache Übungen im Alltag sein: zum Beispiel Zähneputzen auf einem Bein.
Minitrampoline eignen sich auch für die Reha
Ein gutes Trainingsgerät ist auch das Minitrampolin. Darauf macht man Übungen wie Gehen auf der Stelle oder Hüpfen mit Seitenwechsel (siehe Merkblätter). Selbst nach einem Schlaganfall setzt man in der Reha das Trampolin mit Erfolg ein. In einer Studie der Neurologischen Klinik Bad Neustadt an der Saale (D) konnten die Patienten ihr Gleichgewicht dadurch deutlich verbessern – mehr als mit einem Training ohne das Gerät. Ein weiterer Vorteil: Mit dem Minitrampolin kann man bei jedem Wetter zu Hause trainieren, sofern genügend Platz vorhanden ist.
Im Sommer ist das Standup- Paddling auf einem See ideal. Dabei steht man auf einem langen Surfbrett und stösst sich mit einem Paddel vorwärts. Der Körper muss die Bewegungen der Wellen ausgleichen. Jan Peters: «Ein grosser Vorteil ist, dass man die Belastung für den Körper gut regulieren kann.» Deshalb eigne sich Standup- Paddling auch für Reha-Patienten.
Nur für Geübte empfiehlt sich das Trainieren auf Rädern, zum Beispiel auf dem Skateboard, dem Einrad oder Inlineskates. Denn hier ist die Gefahr gross, dass man stürzt und sich verletzt. Fachleute empfehlen, Knie- und Ellbogenschoner sowie einen Helm zu tragen.
Es braucht aber nicht zwingend ein spezielles Gerät, um sein Gleichgewicht zu trainieren. Das geht auch mit einfachen Übungen, die jeder zu Hause machen kann (siehe Merkblatt «Sturzgefahr»).
Welche Methode man auch wählt – man sollte das Training langsam angehen. Marc Zibung empfiehlt zu Beginn leichte Übungen und sicherzustellen, dass man sich irgendwo festhalten kann. Wer unsicher auf den Beinen ist oder Angst hat, lässt sich am besten von einer Fachperson unterstützen. Nach einigem Üben steigt das Selbstvertrauen und damit auch die Sicherheit.
Gratis-Merkblätter: «Minitrampolin-Übungen» und «Sturzgefahr»
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen gegen ein frankiertes und adressiertes
C5-Antwortcouvert bei:
Gesundheitstipp, Stichwort: «Minitrampolin» oder «Sturzgefahr», Postfach 277, 8024 Zürich.