Generationen von Schülerinnen und Schülern kennen ihn: den Medizinball. Das schwere, stinkende Monster aus hellbraunem Leder war im Turnunterricht nicht besonders beliebt. Claudia Romano, Fitnessexpertin und Dozentin an der Universität Basel, sagt: «Manche werden sich mit Schrecken daran erinnern, wie sie im Turnunterricht versuchen mussten, die schweren Dinger zu werfen und zu fangen.»
Als Erfinder des Geräts gilt der 1845 geborene Ringer und Bodybuilder William Muldoon aus New York. Seinen Namen erhielt der Ball ebenfalls in den USA, weil er als eine Art «Medizin» für den ganzen Körper galt.
In den letzten Jahren ist der Ball in neuer Form auferstanden. Sportgeschäfte verkaufen Medizinbälle in frischen, bunten Farben mit einer Hülle aus Gummi oder Kunststoff und in verschiedenen Gewichtskategorien von ein bis zwanzig Kilogramm. Eine neue Generation von Sportlern entdeckt das traditionelle Sportgerät für sich – und hat gemerkt, wie gut es sich für das Fitnesstraining eignet. Man kann damit zu Hause in der Stube trainieren, aber ebenso gut auf dem Balkon oder im Garten.
Expertin Claudia Romano sagt: «Ein korrekt durchgeführtes Medizinballtraining ist sehr effizient.» Man kann damit die Kraft, die Beweglichkeit, die Ausdauer und die Stabilität des ganzen Körpers steigern. Der grosse Vorteil laut Romano: «Mit dem Ball trainiert man ganze Muskelgruppen, nicht nur einzelne Muskeln.»
Deshalb sei das Training sehr alltagsnah. Die Herzfrequenz und der Kalorienverbrauch seien wesentlich höher als beim Krafttraining an anderen Geräten. Das Training mit dem Medizinball eignet sich für alle Altersgruppen: «Es lässt sich perfekt ans eigene Fitnessniveau anpassen.» Claudia Romano empfiehlt es zwei- bis dreimal pro Woche.
Kostengünstiges Training mit viel Wirkung
Eine Studie von Sportwissenschaftern der Ruhr-Universität Bochum (Deutschland) mit 28 Handballspielerinnen bestätigte: Das Training mit einem Medizinball verbessert Muskelkraft und Wurfgeschwindigkeit der Sportlerinnen deutlich. Es sei wirksam und kostengünstig, schreiben die Forscher. Der Gesundheitstipp hat zusammen mit Claudia Romano ein abwechslungsreiches Programm mit Übungen zusammengestellt.
Diese sind für alle geeignet. Zum Beispiel der «Ausfallschritt mit Rotation»: Die Übung stärkt die Schultern, den Rumpf, das Gesäss und die Oberschenkel. Das Merkblatt enthält bei allen Soloübungen eine leichtere Variante für Einsteiger.
Wichtig ist, dass man einen Medizinball verwendet, der nicht zu schwer ist. Claudia Romano empfiehlt für Frauen einen Ball mit einem Gewicht von ein bis zwei Kilos, für Männer zwei bis drei Kilos. Mit der Wahl des Gewichts könne man den Schwierigkeitsgrad der Übungen verändern.
Mehr Spass macht das Training mit dem Medizinball zu zweit. Das steigere die Motivation, so Claudia Romano. Aus diesem Grund hat der Gesundheitstipp ein zweites Merkblatt mit zehn Partnerübungen erstellt. Dazu gehört die Übung «Achterbahn». Beide Partner drehen sich dabei um die senkrechte Körperachse und reichen sich gegenseitig den Ball. Das stärkt die Schulter- und die Rumpfmuskulatur und die Beine.
Auch die Übung «Bruststoss mit Rumpfbeuge» macht man besser zu zweit. Der eine Partner liegt dabei auf dem Rücken und wirft den Ball mit einer stossförmigen Bewegung dem Partner zu. Wer keinen Partner hat, kann den Bruststoss auch alleine ausführen, indem er den Ball gegen eine Wand wirft.
Die Verletzungsgefahr ist gering
Die Gefahr, sich zu verletzen, ist beim Training mit einem Medizinball klein. Claudia Romano sagt: «Problematisch sind unkontrollierte Bewegungen mit wenig Körperstabilität.» Je höher das Tempo des Trainings, umso wichtiger ist eine stabile und sichere Durchführung der Übungen. Romano empfiehlt, vor dem Training den Körper aufzuwärmen. Ein paar Minuten auf der Stelle laufen oder ein lockeres Walking reichen.
Gratis-Merkblätter
- «Medizinball-Übungen für 1 Person»:
Das Merkblatt lässt sich hier herunterladen. - «Medizinball-Übungen zu zweit»:
Das Merkblatt lässt sich hier herunterladen.
Übungen mit dem Medizinball
«Ausfallschritt» (Übung für 1 Person): Trainiert Schultern, Rumpf, Gesäss und Oberschenkel
- Stehen Sie aufrecht. Halten Sie den Medizinball mit beiden Händen, strecken Sie die Arme nach vorn.
- Machen Sie mit dem rechten Fuss einen grossen Schritt nach hinten (Ausfallschritt).
- Drehen Sie den Oberkörper nach rechts.
- Gehen Sie in die Ausgangsposition zurück.
- Machen Sie den Ausfallschritt mit dem linken Bein, drehen Sie den Oberkörper nach links.
- Wiederholen Sie die Übung zehn Mal.
«Achterbahn» (Übung für 2 Personen): Trainiert Schultern, Rumpf und Beine
- Stehen Sie im Grätschstand im Abstand von etwa einer Armlänge mit dem Rücken zum Partner.
- Beide drehen sich gleichzeitig nach links um die Körperachse.
- Reichen Sie den Ball Ihrem Partner.
- Drehen Sie sich beide um die Körperachse nach rechts.
- Ihr Partner gibt Ihnen den Ball zurück.
- Wiederholen Sie die Übung zehn Mal.