Annegret Deuker sitzt am Küchentisch. Die 66-Jährige misst ­ihren Blutdruck. Die Se­niorin kann sich nicht recht daran gewöhnen, denn die Diagnose hoher Blutdruck kam für die sportliche Frau unerwartet. Eigentlich hatte sie nur ein neues Fitness­studio gesucht. Dort mass die Trainerin zufällig ihren Blutdruck. Die schockierende Nachricht: Er betrug 180 zu 100. Ihre Ärztin kam zu einem fragwürdigen Schluss: kein Joggen und kein Yoga, obwohl beides den Blutdruck senken würde. Stattdessen verschrieb ihr die Ärztin Beta­blocker. Doch davon bekam Deuker Bauchkrämpfe und Verstopfung. Und das Leben ohne Sport macht sie unglücklich. 

Annegret Deuker ist eine der Patientinnen im deutschen Film «Die herzkranke Gesellschaft». Die Doku kritisiert ein europa­weites Phänomen: Immer mehr Menschen bekommen Medikamente gegen Blut­hochdruck verschrieben. Davon profitieren zwar die Pharmafirmen, doch die Patienten leiden unter Nebenwirkungen. Und häufig können die Medikamente einen Herz­infarkt doch nicht verhindern. 

Die Regisseurinnen Ute Jurkovics und Irene Stratenwerth belegen ihre Kritik mit Fakten. So setzen Ärzteverbände den normalen Blutdruck heute tiefer an als noch vor 30 Jahren: Für die ehemalige Präsidentin des britischen Haus­ärzteverbands ist klar: «Gesunde Menschen ­werden für krank erklärt.» 

Der Film zeigt auch gesunde Alternativen. So ­machen Patienten gute Erfahrungen mit Sporttherapien fürs Herz und Entspannungstechniken gegen den Stress. Annegret Deuker hat ihren Arzt gewechselt. Bei ihm soll sie jetzt wieder joggen. Resultat: Sie fühlt sich gut.

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«Die herzkranke Gesellschaft». Freitag, 20. November, 20.15 Uhr, 3sat