Jérémy (29) und Coralie (26) sitzen in einer abgedunkelten Halle. Auf der Leinwand hinter ihnen läuft ein Film, der eine nächtliche Strassenszene in Paris zeigt. Die Sessel der beiden stehen nahe beieinander. Verliebt halten sie sich die Hand und blicken in die Kamera. Das Paar hatte noch nie Sex. «Wir sind asexuell», sagt Coralie. Beide spüren kein sexuelles Verlangen – weder für den Partner noch für andere Menschen. Mehr noch: Sex stosse sie ab, sagt Coralie.

Der französische Dokfilm zeigt Interviews mit sieben Frauen und Männern, die keinen Sex haben. Nicht alle verzichten freiwillig darauf. François (47) hatte nach einer Trennung sieben Jahre lang keine Gelegenheit mehr dazu. Er leidet: «Ich fühle mich wie amputiert.» Er habe sogar schon an Suizid gedacht. Bei der 28-jährigen Sophie und ihrem Partner scheiterte das Sex­leben am Leistungsdruck. Beide haben Angst, im Bett nicht gut genug zu sein. So sei Sex aus ihrer Partnerschaft verschwunden.

Der Film «No Sex» greift ein Tabuthema auf. Es ist nicht einfach, in einer Gesellschaft, in der Sex allgegenwärtig ist, über Keuschheit zu reden, weil der Verzicht als ungesund und abnormal gilt. Doch die Einordnung dieser Fälle fehlt: Fachleute kommen nicht zu Wort. Im Film beeindruckt vor allem der Mut der Protagonisten. Sie reden offen und unverblümt über ihr Intimleben, ihr Körper­gefühl, ihre Ängste und Wünsche. Das hilft, für diese Lebensweise mehr Verständnis aufzubringen.

«No Sex», 6. Juli, 21.55 Uhr, Arte. Auch in der Arte-Mediathek verfügbar

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