Sonja und Thomas Keller verbringen ihre Ferien oft zuhause. Denn sie haben drei kleine und drei grössere Kinder. Für Sonja Keller sind diese Tage wenig erholsam: «In den Ferien kommt mein eingespielter Alltag durcheinander.» Der Grund: Wenn ihr Mann zuhause ist, prallen unterschiedliche Vorstellungen über die Erziehung aufeinander. Ein Beispiel: Sonja Keller gibt ihren jüngsten Kindern am Tisch nur Wasser zu trinken. Ihr Mann erlaubt ihnen auch Eistee. «Dann muss ich nachher den Boden putzen, weil die Kinder den Eistee verschütten», ärgert sich Sonja Keller. Auch als die Kellers mit fünf Kindern nach London reisten, gab es Streit wegen Erziehungsfragen. Das Paar hatte unterschiedliche Meinungen zur Frage, ob die beiden älteren Töchter ohne Eltern ausgehen dürfen.
Wie den Kellers geht es auch anderen Paaren: Konflikte trüben den Urlaub. Für den Berner Paartherapeuten Klaus Heer führen unterschiedliche Vorstellungen der Partner, wie sie die Ferien verbringen möchten, oft zum Streit: «Erholung ist für jeden etwas anderes.»
Gesundheitstipp-Psychologe Henri Guttmann sagt, Paare müssten in den Ferien das Verhältnis von Nähe und Distanz neu aushandeln. Wenn man plötzlich viel Zeit zusammen verbringe, komme es eher zu Konflikten als im Alltag.
Monika Gut und Ariel Leuenberger aus Zürich stritten sich bei einer Velotour durch die Pyrenäen. «Als Ariel nach einer anstrengenden Passfahrt noch einen zweiten Pass überqueren wollte, gab ich mein gesamtes Luzerner Fluchrepertoire zum Besten», sagt Monika Gut. «Ich fand, mein Partner hätte mir das schon vorher sagen sollen.» Immerhin: Am Ziel der Tagesetappe war ihre Welt wieder in Ordnung.
Das Programm sollte für alle etwas enthalten
Damit die Ferien nicht in Streit ausarten, rät die Churer Paartherapeutin Christina Casanova, dem Partner die eigenen Bedürfnisse vorgängig möglichst klar und genau mitzuteilen. Der Paartherapeut Josef Lang aus Wettingen AG empfiehlt, bei der Planung Kompromisse einzugehen. So könne man unterschiedliche Vorlieben unter einen Hut bringen. Lang rät, beim Programm abwechselnd die Interessen der Partner zu berücksichtigen – nach dem Motto: «Heute ist dein Hobby am Zug, morgen meines.»
Psychologe Henri Guttmann sagt: «Besprechen Sie vor den Ferien, wie viel Zeit Sie mit Aktivitäten wie Wanderungen verbringen möchten, oder ob Sie auch mal einen Tag lieber alleine in Ruhe ein Buch lesen möchten.» Wenn beide Partner ihre Wünsche vorher miteinander besprächen, sei das die beste Streitprävention. Fitnessberater Fritz Bebie aus Erlenbach ZH rät, Sportarten zu wählen, bei denen das unterschiedliche Leistungsniveau der Partner weniger wichtig ist. Gut geeignet seien etwa Golf, Reiten oder Tanzen. Bei einer Velotour lassen sich Leistungsunterschiede entschärfen, wenn der weniger gut trainierte Partner ein Elektro-Velo mietet. Andreas Gossweiler
Tipps: So können Sie die Ferien geniessen
- Teilen Sie dem Partner Ihre Bedürfnisse und Vorstellungen vor den Ferien klar mit.
- Planen Sie die Aktivitäten so, dass beide Partner abwechslungsweise auf ihre Kosten kommen.
- Unternehmen Sie in den Ferien auch mal ein paar Stunden lang etwas alleine.
- Sprechen Sie bei einem Konflikt über Ihre eigenen Wünsche, statt dem Partner Vorwürfe zu machen.