Ihre Arbeit strengt sehr an und Sie verdienen wenig damit. Weshalb tun Sie sich das an?
Ich bin in Weisstannen aufgewachsen und mag es, in meinem eigenen Umfeld zu arbeiten. Einen Beruf, weg von zu Hause, mit geregelten Arbeitszeiten, könnte ich mir gar nicht mehr vorstellen.
Jeden Tag verschwinden im Durchschnitt drei Bauernhöfe. Haben Sie noch nie ans Aufhören gedacht?
Doch. Jahrelang musste ich um eine Baubewilligung für den Stall kämpfen. Das brauchte viel Kraft. Damals hatte ich allerlei Ideen – von umziehen bis auswandern.
Immer mehr Landwirte melden sich beim Bäuerlichen Sorgentelefon. Meistens Männer in Ihrem Alter. Woran liegt das?
Viele merken wohl wie ich, dass die Kräfte nachlassen. Und wenn etwas schmerzt, wird es selten von selbst wieder gut. Mir macht das Knie Probleme. Deshalb stehe ich manchmal weniger motiviert auf als in jungen Jahren.
Was ist mit Ihrem Knie passiert?
Das habe ich mir beim Fussballspielen in der Landwirtschaftsschule verdreht. Es ging jeweils ruppig zu und her.
Waren Sie nicht beim Arzt?
Doch. Ich bekam Krücken für vier Tage und das wars. Seither wurde es nie mehr richtig gut.
Kann man nichts tun?
Eine Prothese wäre eine Möglichkeit. Aber der Chirurg sagte, das sei noch nicht zwingend, weil das Knie nicht immer schmerzt und ich es noch gut bewegen kann. Ich möchte nun Physiotherapie ausprobieren.
Wann schränken Sie die Schmerzen ein?
Vor allem beim Tragen von Lasten in Hanglagen oder beim Laufen, wenn etwa eine Kuh ausreisst.
Können Sie die tägliche Arbeit noch meistern?
Alleine nicht. Der Betrieb soll sich aber nicht meiner Energie anpassen. Mir ist auch klar, dass ich nicht bis zur Pensionierung mit derselben Intensität arbeiten kann.
Wie lösen Sie das Problem?
Meine Tochter arbeitet zwei Tage pro Woche auf dem Hof. Auch meine Frau, sie ist Lehrerin, hilft mit.
Wohn- und Arbeitsplatz ist für Sie derselbe Ort. Wie können Sie von der Arbeit abschalten?
Manchmal mache ich am Nachmittag zwei Stunden Pause. Dann arbeite ich am Abend länger. Oder ich mache tageweise frei. Es ist mir wichtig, mich auch mit anderen Sachen zu beschäftigen, zu lesen oder interessante Gespräche zu führen.
Wann waren die letzten Ferien?
(Denkt nach) Ich weiss es nicht. Ich habe nie gelernt, Ferien zu machen. Als die Kinder klein waren, fuhren wir manchmal in die Skiferien. Und einmal durchquerten wir die Schweiz bis an die Grenze im Jura. Aber mit vier Kindern war das meist stressiger als daheim zu bleiben.
Zur Person: Emil Tschirky
Der Landwirt wohnt in Weisstannen SG und hält auf seinem Hof 25 Kühe, 40 Rinder und Kälber sowie 20 Schafe. Tschirky bewirtschaftet 31 Hektaren Land, nur 3 davon sind in flachem Gelände.