Wenn Sascha Zimmermann Feierabend hat, dreht er die Heizung über sein Handy per Funksignal auf – auch wenn er noch im Büro sitzt. Dann ist es herrlich warm, wenn er heimkommt. Die Lampen in seiner Wohnung kann der 44-jährige Zürcher ebenfalls von überall her übers Handy ein- und ausschalten, ohne einen Lichtschalter zu drücken. «Ich kann die Farben ändern und das Licht dimmen», sagt er. Die Musik kommt von Funklautsprechern, die er ohne Kabel an jedem beliebigen Ort aufstellen kann. Und ein Rauchmelder sendet ihm eine Warnung aufs Handy, falls in der Wohnung ein Brand ausbrechen sollte.
Sascha Zimmermann ist zwar ein Technik-Freak, doch künftig wird man sogar Küchengeräte, Spielsachen oder Waschmaschinen per Smartphone steuern. Techniker haben dafür den Begriff «Smart Home» erfunden. Fachleute sind überzeugt, dass die Zahl der Smart- Home-Geräte in den kommenden Jahren stark zunehmen wird.
Auch die Behörden mischen kräftig mit: Wasser- und Elektrizitätswerke montieren seit einigen Jahren in Wohnhäusern Zähler, die den Verbrauch per Funk an die Behörde senden (siehe Gesundheitstipp 2/2016).
Hohe Belastung durch WLAN- und Dect-Station
Die Kehrseite der neuen Technik: Sie bringt massiv mehr Elektrosmog. Das zeigen Messungen des Gesundheitstipp. Er liess die Wohnung von Sascha Zimmermann durch Elektrosmogfachmann Urs Raschle aus Degersheim SG ausmessen. Das Resultat: Allein die Fernsteuerung der Heizung strahlte mit 640 Millivolt pro Meter (siehe Tabelle im PDF). Das ist das 30-fache des Richtwerts der Baubiologen, den man nicht überschreiten sollte. Sonst drohen gesundheitliche Beschwerden. Raschle: «Eine so hohe Belastung kommt selten vor.»
Der Grund für die hohen Werte: WLAN- und Dect-Stationen übertragen per Funk Signale an Lampen und Heizkörper. Diese Geräte bauen starke elektromagnetische Felder auf. «Das bringt eine massive und unnötige Mehrbelastung», sagt Raschle: «Langfristig steigt das Risiko, dass Bewohner krank werden.»
Der grösste Teil der Strahlung bei Sascha Zimmermann ist hausgemacht: Von aussen dringen nur 400 Millivolt pro Meter in die Wohnung – verursacht von Mobilfunkantennen oder von Geräten der Nachbarn.
Die Umweltorganisation «Diagnose: Funk» kritisiert, Smart- Home-Anwendungen würden die Umwelt «bis in den kleinsten Winkel verstrahlen». Die elektromagnetischen Felder können bei sensiblen Menschen zu Kopfschmerzen, Unruhe, Hautirritationen und Kreislaufproblemen führen.
Doch vor Elektrosmog durch Smart-Home-Geräte kann man sich schützen. Das zeigt eine zweite Messung des Gesundheitstipp im Haus von Mario Hartmann in Winterthur ZH. Dort geben die Geräte nur wenig Strahlung ab, obwohl auch Mario Hartmann die Technik liebt. Er hat drahtlose Lichtschalter installiert, der Vorteil für ihn: «Ich kann die Schalter dort montieren, wo ich sie haben will», erklärt er. Sensoren an der Fassade melden zudem über ein Funksignal, wenn es regnet oder heiss wird. Dann schliessen sich Dachfenster und Rollläden automatisch.
«Geräte funken nur, wenn es notwendig ist»
Bei Hartmann sind die Smart- Home-Geräte aber anders als bei Sascha Zimmermann nicht mit dem WLAN-System verbunden, sondern direkt mit einem zentralen Steuerungsgerät. Elektrosmogspezialist Raschle: «Die Geräte in Mario Hartmanns Haus funken nur, wenn es notwendig ist – zum Beispiel, wenn jemand das Licht einschaltet. Deshalb sind die elektromagnetischen Felder viel weniger stark.» Die Strahlung in Hartmanns Haus hält sogar fast die strengen Richtlinien der Baubiologen ein.
Radikaler lösen die Bewohner eines Wohnhauses für hochsensible Menschen am Fusse des Üetlibergs in Zürich das Problem: Die Hausordnung verbietet alles, was strahlt – drahtloses Internet, Funktelefone und Handys.
Die Bewohner leiden an MCS, der Multiple Chemical Sensitivity. Viele von ihnen vertragen keine Spuren von Chemikalien, einige reagieren auch auf Elektrosmog. Das ganze Haus ist gegen Strahlung abgeschirmt, die Decken sind mit Glasfasern armiert statt mit Eisen. Der Gesundheitstipp liess den Gemeinschaftsraum dieses Hauses ausmessen. Resultat: Die Funksignale waren unter der Nachweisgrenze. Die einzige Belastung stammt von ausserhalb und ist sehr gering: Urs Raschle mass gerade mal 20 Millivolt pro Meter.