Warum sind Sie gegen 5G?
Weil Funkstrahlen schädlich sind.
Woher wissen Sie das?
Aus zahlreichen Studien. Sie zeigen, dass Funkstrahlen Stress auslösen und die Gehirnaktivität negativ verändern. Ich kenne viele Leute, die vor den Strahlen flüchten müssen. Sie übernachten im Wald, weil sie es zu Hause nicht mehr aushalten.
Die erwähnten Studien machten die Forscher aber mit den älteren Technologien 3G und 4G.
Das ist einer unserer Kritikpunkte: Man muss 5G zuerst gründlich auf Risiken für die Gesundheit überprüfen, bevor man es überall einrichtet. Sonst experimentiert man an Mensch und Umwelt.
In einigen Westschweizer Kantonen sollen die Mobilfunkfirmen ihre Antennen tatsächlich erst aufrüsten dürfen, wenn man mehr über die Risiken weiss. Warum ist man dort vorsichtiger?
Französische Medien berichten kritischer über Elektrosmog. Das Fernsehen zeigt Leute, die darunter leiden, zum Beispiel ständig Schmerzen haben oder nicht mehr schlafen können. Solche Berichte nimmt man auch in der Romandie wahr. In der Deutschschweiz ist das anders. Hier gelten Betroffene oft als Simulanten.
5G ist bereits an über 200 Orten aufgeschaltet, die Swisscom verkauft seit Anfang Mai das erste 5G-fähige Handy. Kommt Ihr Protest nicht zu spät?
Unser Appell erfolgte bereits letztes Jahr. Einer breiten Bevölkerung wurde es wahrscheinlich erst bewusst, als die Telecomfirmen die 5G-Frequenzen kauften und die Medien darüber berichteten.
Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Macht Ihnen diese schnelle Entwicklung Angst?
Ja, ich mache mir Sorgen um die Natur und alle Lebewesen.
Übertreiben Sie nicht?
Nein. Die Betreiber wollen Millionen neuer 5G-Basisstationen erstellen und Tausende Satelliten ins Weltall schiessen. Schon bis nächstes Jahr sollen weltweit 200 Geräte und Gegenstände mit dem Internet verbunden sein. Alles soll vernetzt sein: Maschinen, Autos, Kameras – niemand entkommt dieser Strahlung.
Aber man kann dank 5G schneller Filme herunterladen.
Dafür reichen die älteren Funktechniken aus. Es lohnt sich nicht, ein solches Risiko einzugehen, nur damit es uns nicht langweilig wird.
Vertreter der Wirtschaft sagen, es brauche 5G für den Fortschritt, zum Beispiel für Autos, die sich selbst steuern können. Sind Sie gegen den Fortschritt?
Nein, aber ich bin gegen einen Fortschritt, für den wir die Natur und uns selbst opfern. Die Industrie will alle Bereiche des Lebens digitalisieren – nur aus wirtschaftlichen Gründen! So gefährden wir die Natur und damit alle Lebewesen.
Als man von 3G auf 4G umstellte, bemerkte dies niemand.
Das stimmt nicht. Bei vielen Betroffenen verstärkten sich schlagartig die Symptome. Ausserdem nimmt seit dem Aufschalten von 4G die Zahl der Leute, die unter den Strahlen leiden, ständig zu. Die Betreiber kennen die Wirkung der Strahlen sehr wohl. In einer Swisscom-Patentschrift von 2004 steht, der Einfluss von Elektrosmog auf den Körper sei ein bekanntes Problem.
Mobilfunkbetreiber behaupten, Betroffene hätten künftig weniger Beschwerden. Denn bei 4G sendet eine einzelne Antenne über ein grosses Gebiet. Bei 5G hingegen sollen die Antennen Einzelstrahlen senden, je nach Bedarf.
Das Gegenteil ist wahr: 3G und 4G verschwinden ja nicht. Und das Aufteilen auf einzelne Strahlen bei 5G kann die örtliche Strahlung aggressiver machen.
Sind Sie selbst auch betroffen?
Ich selbst spüre die Strahlen nicht. Aber als Imker und Biologe befasse ich mich seit Jahren mit Elektrosmog. Bei einer Studie legten wir zwei Handys in die Nähe von Bienenstöcken, zeichneten die Piepstöne der Tiere auf und analysierten sie. Resultat: Die Bienen reagierten so, wie wenn sie gestört werden oder das Schwärmen des Bienenvolks bevorsteht.
Was schliessen Sie daraus?
Es ist höchste Zeit, dass wir auf die Bremse stehen.
Widerstand gegen neues Mobilfunknetz
Die Telecomfirmen Swisscom, Sunrise und Salt rüsten zurzeit ihr Mobilfunknetz auf. Swisscom deckt bereits 54, Sunrise 152 Ortschaften mit 5G ab – dem «Mobilfunk der fünften Generation». Sie versprechen ultraschnelles Surfen im Internet. Später soll 5G auch in höheren Frequenzen senden. Damit wird das sogenannte «Internet of things» möglich: Selbstfahrende Autos und die Vernetzung aller möglichen Gegenstände miteinander, zum Beispiel im Haushalt.
Dagegen formiert sich Widerstand: Demonstrationen und Petitionen fordern den Stopp von 5G. Einzelpersonen und Organisationen können den Appell der Wissenschafter unter www.5gspaceappeal.org unterschreiben.
Zur Person: Daniel Favre
Der 55-Jährige ist Biologe und Imker. Er war einige Jahre lang in der Viren-Forschung tätig, so an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) sowie in Montreal (CA). Heute unterrichtet er an einer Schule im Kanton Waadt. Er lebt in Montreux und präsidiert einen Verein für Leute, die Elektrosmog nicht vertragen.