Patrik Brunner, wie viele Pferde beschlagen Sie pro Tag?
Acht bis zehn. An Spitzentagen können es auch mal 15 sein. Im Sommer gibt es besonders viel zu tun, weil dann viele Pferde fleissiger bewegt werden. Dann muss ich häufig notfallmässig ausrücken, weil ein Pferd ein Hufeisen verloren hat.
Wie lange brauchen Sie, um ein Pferd zu beschlagen?
Man rechnet ungefähr eine Stunde.
15 Pferde pro Tag sind sehr viel. Andere Hufschmiede beschlagen nur vier bis fünf pro Tag.
Solche Spitzentage sind tatsächlich ungesund. Nach strengen Tagen tut mir abends alles weh. Aber ich will die Kunden zufriedenstellen und muss auch die Löhne meiner beiden Mitarbeiter bezahlen.
Wenn Sie so viel arbeiten, steigt die Gefahr, dass Sie chronische Beschwerden bekommen.
Ich habe zum Glück keine solchen Beschwerden. Aber ich kenne Kollegen, die den Beruf wegen Rückenproblemen aufgeben mussten. Wir arbeiten oft in gebückter Haltung. Das ist für den Rücken nicht gut.
Haben Sie Rückenschmerzen?
Es gab Zeiten, da hatte ich im Rücken einen «Klemmer». Eine Craniosacral-Therapie hat mir dann geholfen. Zudem habe ich meine fahrende Werkstatt so eingerichtet, dass ich den Amboss herausziehen kann, ohne ihn aufzuheben. Am stärksten ist die Belastung aber für die Hände.
Warum?
Ich halte den ganzen Tag den Hammer und die Zange in den Händen. Die Muskeln werden einseitig belastet. Vor allem in der linken Hand habe ich deshalb Schmerzen.
Wie steht es um das Risiko für Unfälle? Tiere reagieren nicht gut auf Akkordarbeit.
Das sehe ich nicht so. Ich arbeite besonders konzentriert, wenn ich viel zu tun habe. Ich hatte schon lange keinen schweren Unfall mehr bei der Arbeit. Nur in der Lehrzeit hatte ich drei Unfälle.
Warum ist das passiert?
Einmal beschlug mein Chef ein Pferd. Ich hielt das Bein. Als der Chef mit dem Messer einen Huf beschneiden wollte, zog das Pferd das Bein zurück. Dummerweise war meine linke Hand dazwischen. Das Messer zerschnitt eine Sehne meines Zeigefingers. Ich kann ihn heute noch nicht ganz strecken. Ein anderes Mal schlug mir ein Pferd einen Huf an den Kopf. Ich hatte «Game over» und kam erst wieder zu mir, als die Sanität eintraf.
Machten diese Unfälle Angst?
Nein. Ein Hufschmied darf keine Angst haben vor den Tieren. Aber ich darf nie nachlässig werden. Es kann immer etwas passieren. Wenn es mir nicht gelingt, ein Pferd zu beruhigen, lasse ich einen Tierarzt kommen, der ihm ein Beruhigungsmittel spritzt. Aber das ist nur selten nötig.
Zur Person
Patrik Brunner
Seit 1999 arbeitet Patrik Brunner als selbständiger Hufschmied. Mit seinem Auto fährt er zu Kunden in der ganzen Ostschweiz. Der 41-Jährige wohnt mit seiner Frau und drei Söhnen in Lindau ZH.