Beim Gehen längerer Strecken oder beim Joggen werden die Füsse oft müde oder schmerzen. In solchen Fällen helfen angeblich Einlegesohlen für Sportschuhe: Die Sohlen sollen Stösse beim Laufen abfedern und so die Fuss- und Kniegelenke schützen. Das versprechen zumindest die Hersteller. Solche Produkte scheinen Hobbyläufer anzusprechen: Die Migros sagt auf Anfrage, der Verkauf von Einlegesohlen sei im vergangenen Jahr angestiegen. Auch die Firma Dosenbach-Ochsner zeigt sich «sehr zufrieden» mit dem Absatz ihrer Produkte.
Doch die meisten Einlegesohlen taugen wenig. Das zeigt der Vergleich des Gesundheitstipp. Er liess acht Produkte vom Experten Arno Frigg beurteilen. Er ist Professor für Fusschirurgie in Zürich. Frigg überprüfte, wie bequem die Sohlen sind, ob sie die Gelenke schützen und Stösse dämpfen. Sein Fazit ist ernüchternd: «Die meisten Produkte wecken falsche Hoffnungen beim Käufer.»
Noch am besten kam im Vergleich die Sohle «Birko Sport» von Birkenstock weg (siehe Tabelle im PDF). Allerdings war auch sie nur genügend. Die Sohle ist immerhin angenehm zu tragen, zudem rutscht der Fuss nicht auf der Oberfläche. Sie behält ihre Form auch nach längerem Tragen. Zudem stützt sie die Innenseite des Fusses gut ab und hat eine sogenannte Pelotte. Das ist eine kleine Erhebung unter dem Vorfuss, die ihn in seiner natürlichen Form stützt. Der Schwachpunkt: Das Produkt besteht aus zwei Komponenten, einer Sohle und einem separaten Einsatz für die Ferse. Experte Frigg: «Die Teile müssten gut miteinander verklebt sein, um den Fuss tatsächlich zu stabilisieren. In der Packung liegen aber nur zwei kleine Klebepunkte pro Sohle – das reicht nicht aus. Man müsste Spezialkleber nehmen.»
Kein «Klimaeffekt»bei der Sohle von Fila
Einen guten Komfort bietet auch das «Sport Fussbett» von Fila. Allerdings verspricht der Hersteller laut Frigg zu viel: nämlich einen «Klimaeffekt und direkte Feuchtigkeitsableitung». Frigg winkt ab: «Wohin soll die Feuchtigkeit denn in einem geschlossenen Schuh abgeleitet werden?» Zwei Produkte empfand der Experte beim Probetragen als rutschig: die «Anti-Shock»-Sohle von Pedag sowie die «Run 700» von Aptonia. Letztere hatte zudem einen chemischen Geruch. «Das könnte auf schlechtes Material hindeuten», sagt Frigg.
Im besten Fall bietet eine Einlegesohle dem Fuss einen gewissen Schutz. Zum Beispiel, indem sie das Fussgewölbe stützt und dem Fuss somit hilft, gerade abzurollen und nicht seitlich abzuknicken. Doch keine Sohle im Vergleich war in dieser Beziehung gut. Am schlechtesten schnitt die «Memory Komfortsohle» von Dosenbach ab. Der Hersteller verspricht zwar, dass sie die Bänder und Gelenke entlaste. Einen solchen Nutzen erkennt Frigg aber nicht: «Das Material kann das nicht leisten.»
Die meisten Sohlen dämpfen schlecht
Auch fürs Dämpfen von Stössen eignen sich die meisten Produkte wenig. Dabei ist dies in der Regel das wichtigste Verkaufsargument der Hersteller. Sie werben mit Begriffen wie «Shock-Absorber», «gelenkschonend» oder «reduziert Druck». Scholl beispielsweise behauptet gar, die «GelActiv Sport» reduziere Stösse und Belastung der Fersen, Knie und Fussgelenke um bis zu 30 Prozent. «Wie der Hersteller auf diese Zahl kommt, ist mir ein Rätsel», sagt Frigg. «Denn eine gute Stossdämpfung ist auch abhängig vom Gewicht des Trägers.» Scholl berücksichtige nicht, ob die Person 60 oder 100 Kilo wiegt.
Nur die Sohle «Double Strike» von Sorbothane überzeugte punkto Dämpfung. Ihr Material ist stabil genug, um die Stösse auch nach längerem Tragen aufzufangen. «Alle anderen Sohlen hatten diesbezüglich nur einen sehr geringen Effekt», meint der Experte.
Bei Beschwerden können Fachärzte helfen
Für Arno Frigg ist klar: Wer gesunde Füsse hat, könne ein solches Produkt zwar ausprobieren. «Aber er darf sich ausser etwas mehr Tragekomfort nicht zu viel erhoffen.» Wer Schmerzen in Fuss, Sprunggelenk, Wade oder Knie hat oder häufig umknickt, sollte laut Frigg keinesfalls Einlegesohlen von der Stange kaufen. Darauf weisen aber nur wenige Hersteller hin. Positiv bewertet Frigg daher, dass Scholl auf die Verpackung schreibt, man solle die Einlegesohlen bei Beschwerden nicht weiter verwenden. Auch Sidas vermerkt, ihre Sohle sei «keine medizinische Orthese».
Leuten, die beim Laufen Beschwerden haben, rät Frigg: «Sie sollten einen Facharzt für Orthopädie oder noch besser einen Fusschirurgen aufsuchen.» Die Spezialisten könnten herausfinden, wie sich das Problem beheben lässt. Ein Orthopädietechniker stellt dann nach den Vorgaben des Arzts eine passende Sohle her.
Birkenstock sagt zur Kritik des Experten, die Einlegesohle sei durch die zwei Elemente vielseitig einsetzbar. Dosenbach meint, die «Memory Komfortsohle» mildere mit einer Latexschicht Stösse ab. Scholl erklärt, die Angabe zur Stossdämpfung sei mit einer Person gemessen worden, die 70 Kilo schwer sei. Sidas weist darauf hin, dass man die Sohle erst nach einer ausführlichen Beratung kaufen solle.
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Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen bei: Gesundheitstipp, «Gesunde Füsse», Postfach, 8024 Zürich.