Erica Bänziger steht in ihrer Küche in Tegna TI. Die Kochbuchautorin und Ernährungsberaterin kocht ein Risotto mit frischen Spargeln und Spinat. Doch dafür verwendet sie nicht Reis, sondern Dinkelkörner: «Das gibt dem Gericht einen nussigen Geschmack.» Den Dinkel hat sie über Nacht eingeweicht. Nun kocht sie die Körner in Gemüsebouillon, bis sie gar sind. Dann gibt sie das Gemüse hinzu. Frischkäse rundet das Dinkelrisotto ab (siehe Rezept). Bänziger sagt: «Ich koche gerne mit Dinkel, weil er Abwechslung in die Küche bringt.»
«Emmer-Brot schmeckt intensiver»
Dinkel gehört wie Emmer, Einkorn oder Kamut zu den Urgetreiden. Bauern haben sie schon vor Tausenden Jahren angebaut. In den letzten Jahren haben die alten Sorten wieder an Bedeutung gewonnen. Der Grund: Viele Leute wollen weniger Weizen essen. Denn er steht im Verdacht, Unverträglichkeiten und andere Beschwerden auszulösen (Gesundheitstipp 10/2015).
Die Grossverteiler haben auf den Urgetreide-Trend reagiert: Coop verkauft Nudeln mit Emmermehl, die Migros ein Urkornmüesli mit Kamut, Emmer und Dinkel. Körner oder Mehle der alten Sorten bekommt man in Reformhäusern und in Internetshops. Der Bioladen L’Ultimo Bacio in Zürich verkauft ein Brot aus reinem Emmer. «Es schmeckt ähnlich wie ein Weizenbrot, aber intensiver», sagt Geschäftsführer Dominik Hungerbühler. Zudem sei es feuchter und bleibe dadurch länger frisch.
Allerdings: Urgetreide ist grundsätzlich nicht gesünder als Weizen.Alles Getreide liefert dem Körper Energie und Ballaststoffe. Auch für die Versorgung mit Vitaminen der B-Gruppe spielt es eine grosse Rolle. Ernährungsberaterin Charlotte Weidmann von der Gesellschaft für Ernährung erklärt: «Die verschiedenen Getreide haben einen sehr ähnlichen Nährstoffgehalt. Dass man Produkte aus Vollkorn wählt, ist wichtiger als die Sorte.» Denn die gesunden Stoffe stecken vor allem in der Schale und im Keim des Getreidekorns. Weisses Mehl hingegen enthält nur wenige Vitamine und Mineralien.
Brot backen: Teig lange aufgehen lassen
Greift man gelegentlich zu anderem Getreide statt immer nur zu Weizen, verhindert man Langeweile auf dem Teller. Weidmann sagt: «Die alten Sorten bereichern das Angebot mit ihrem charakteristischen Geschmack.» Auch das deutsche Bundeszentrum für Ernährung empfiehlt einen «bunten Mix». Denn jedes Getreide habe Vorteile (siehe Tabelle im PDF).
Es kann aber sein, dass einige Leute Urgetreide besser vertragen. Anika Wolter von der Berner Fachhochschule sagt: «Es gibt Hinweise darauf, dass im Weizen enthaltene Stoffe Unverträglichkeiten auslösen können.»
Forscher der Uni Hohenheim (D) fanden zudem heraus, dass Brot bekömmlicher ist, wenn der Teig vor dem Backen lange aufgehen kann. Blähungen werden oft durch unverdaubaren Zucker, sogenannte Fodmaps, ausgelöst. Je länger der Teig aufgeht, desto weniger Fodmaps enthält er. Dabei ist es egal, ob das Brot aus Urgetreide oder Weizen ist.
Der Gesundheitstipp hat für seine Leserinnen und Leser feine Rezepte mit Urgetreide zusammengestellt (siehe Rezepte). So kann man mit Dinkel auch einen Auflauf mit Gemüse und Feta-Käse backen.
Mit Emmer lässt sich eine italienische Spezialität zubereiten: Für die toskanische Emmersuppe kocht man ganze Körner mit roten Bohnen in Gemüsebouillon. Dazu kommen Zwiebel, Knoblauch, Rüebli, Sellerie und Rosmarin. Als Beilage zur deftigen Suppe schmeckt geröstetes Brot.
Aus reinem Emmermehl Brot zu backen, ist für Hobby-Bäcker eher schwierig. Denn es hält weniger gut zusammen als Weizenmehl. Deshalb empfiehlt es sich, das Emmermehl mit Mehl aus Weizen oder Dinkel zu mischen.
Kamut: Für Eintöpfe geeignet
Einkorn erkennt man an seiner goldgelben Farbe. Diese kommt vom Betacarotin. Die Flocken schmecken leicht nussig. Man kann etwa aus Mehl, Eiern, Milch und Salz Einkorn-Omelettes backen.
Im Kamut hats neben vielen Ballaststoffen und Kalium auch mehr Eiweiss als im Weizen. Die gekochten Körner schmecken gut in einem Eintopf mit Lammfilet und Gemüse.
Erica Bänzigers Dinkelrisotto mit Spargeln
Rezept für 4 Personen:
150 g Dinkelkörner
1 Zwiebel
2 EL Olivenöl
ev. 1 dl Weisswein
3 bis 4 dl Gemüsebouillon
300 g frischer Spinat
500 g grüne Spargeln
Salz, Pfeffer
1 Bio-Zitrone
(abgeriebene Schale)
100 bis 150 g Frischkäse
2 EL Haselnüsse, grob gehackt
ev. Butter und 80 g Reibkäse
Dinkelkörner ohne Fett 5 Minuten in der Bratpfanne rösten, dann in kaltem Wasser 2 bis 3 Stunden einweichen. Anschliessend den Dinkel mit dem Einweichwasser zugedeckt etwa 10 Minuten kochen.
Die Zwiebel hacken und in Olivenöl glasig dünsten. Die Körner dazugeben. Nach ein paar Minuten mit Weisswein ablöschen und einen Teil der Gemüsebouillon zugeben. Unter ständigem Rühren Bouillon nachgiessen. Nach 15 bis 20 Minuten den Spinat dazugeben, bis er zusammenfällt.
In der Zwischenzeit die Spargeln schälen. Stiele in Stücke schneiden, Spitzen etwas länger belassen. Die Spargeln in etwas Wasser 8 bis 10 Minuten knackig dünsten. Zum Risotto geben, Herd abschalten. Mit Salz, Pfeffer, Zitronenschale und Frischkäse mischen. Eventuell mit Reibkäse und Butter verfeinern. Dann 2 EL Haselnüsse anrösten und übers Risotto streuen.
Rezepte: «Urgetreide»
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen gegen ein frankiertes und adressiertes C5-Antwortcouvert bei: Gesundheitstipp, «Urgetreide», Postfach 277, 8024 Zürich.