Schon seit mehreren Jahren hat Dieter Profos Probleme mit seinem rechten Zehennagel: Dieser rollt sich längs ein, drückt in die Haut und droht einzuwachsen. Dieter Profos sagt: «Ich darf den Nagel nicht zu stark zurückschneiden und achte darauf, dass ich weite, weiche Schuhe trage.» Ausserdem geht der 75-Jährige aus Wohlen bei Bern einmal pro Jahr zur Podologin: Sie sorgt dafür, dass die Ecken nicht mehr einwachsen.
Eine Operation ist meist unnötig
Dieter Profos hat noch Glück. Eingewachsene Zehennägel können sehr schmerzhaft sein. Manche Ärzte behandeln Patienten dann mit einer umstrittenen Operation: Sie schneiden einen Teil des Nagels und ein angrenzendes Stück Haut weg. Die Methode heisst Kocher’sche Keilexzision. Diese Operation bieten viele an, etwa das Medbase Operationszentrum in Burgdorf BE, Andreas Hunsicker-Schneider in Zürich, Kai Stoltenberg in Frauenfeld TG oder die Universitätsklinik Balgrist in Zürich.
Doch Experten warnen vor dem Eingriff. Hautarzt Severin Läuchli vom Unispital Zürich sagt: «Die Operation ist sehr schmerzhaft und entstellt den Fuss.» Die Patienten sind danach ein bis zwei Wochen krankgeschrieben. Hautarzt Gion Tscharner aus Bern bestätigt: «Es gibt keinen Grund, warum man diesen Eingriff machen sollte.» Er gilt als veraltet. Für viele ist eine Operation zudem gar nicht nötig (siehe Tabelle Im PDF). Severin Läuchli: «Vielen Patienten helfen bereits sanfte Mittel gegen eingewachsene Zehennägel.» Ist der Nagel nur vorne in die Haut eingewachsen, kann man das überwuchernde Gewebe mit einem Klebstreifen vom Nagel weg nach unten kleben. Läuchli sagt: «Der Patient kann das gut selbst machen.» Allerdings braucht es Disziplin: Bis der Nagel wieder herausgewachsen ist, muss man täglich ein Pflaster kleben. Bei Füssen, die rasch schwitzen, ist die Methode ungeeignet, weil das Pflaster nicht gut klebt.
Manchmal wachsen die Nägel ein, wenn man sie zu kurz schneidet und sich die Nagelecken in die Haut graben. Das kommt bei Kindern und Jugendlichen oft vor, sagt Gion Tscharner. Die erste Methode: Ein Arzt soll eine Gaze oder ein Stück Watte, getränkt mit Desinfektionsmittel, unter den Nagel klemmen. Die Nagelecken liegen dann auf der Gaze und wachsen nicht mehr in die Haut. Der Nachteil: Nach einigen Tagen fällt die Gaze oft heraus. Eine andere Möglichkeit ist es, ein aufgeschnittenes Röhrchen um den seitlichen Nagelrand zu kleben, damit der Nagel darauf wie in einer Schiene nach vorne wächst. Dazu ist ein Arztbesuch notwendig.
Bei älteren Menschen sind die Nägel oft stark gewölbt. Die seitlichen Nagelkanten bohren sich dann in die Haut. In solchen Fällen kann eine Nagelspange helfen: Eine Podologin hakt dabei je einen Draht an der seitlichen Nagelkante ein und verzwirbelt beide Drahtstücke über dem Nagel straff miteinander. Das zieht die Nagelkanten vom Gewebe weg und verhindert, dass sie einwachsen.
Erst wenn die sanften Methoden nicht helfen oder der Nagel stark verbogen ist, kann eine Operation sinnvoll sein.
Sanfter und wirksamer: Nagelwurzel veröden
Allerdings empfehlen Läuchli und Tscharner eine sanfte Variante zur Keilexzision: die Phenolisierung. Dabei schneidet der Arzt einen Schlitz in den Nagel, damit er das eingewachsene Stück mit einer Pinzette entfernen kann, ohne die Haut aufzuschneiden. Ein weiterer wichtiger Unterschied: Der Arzt verödet die Nagelwurzel mit Phenol. Diese Flüssigkeit sorgt dafür, dass der Nagel nicht mehr nachwächst. Ausserdem desinfiziert dies die Wunde und dämpft den Schmerz. Patienten können die Operation ambulant machen lassen und den Fuss bereits wieder am nächsten Tag belasten. Die meisten brauchen keine Schmerzmittel. Alles in allem kostet die Operation rund 500 Franken.
Die Phenolisierung bringt auch langfristig bessere Resultate als die Keilexzision: Das zeigte eine niederländische Studie mit über 100 Patienten. Bei der Keilexzision hatten 24 von 59 Patienten nach einem Jahr wieder eingewachsene Nägel, bei der Phenolisierung waren es nur 8 von 58. Die Studie wurde 2007 im «Journal of British Surgery» veröffentlicht.
Thomas Böni von der Universitätsklinik Balgrist sagt, dass man in der Regel versuche, eine Phenolisierung durchzuführen. Die Kocher’sche Keilexzision führe man nur durch, wenn der Knochen angegriffen oder Eiter im Gewebe sei. Kai Stoltenberg schreibt, er mache die Operation «seit Jahren mit guten Ergebnissen».
So verhindern Sie eingewachsene Nägel
- Schneiden Sie die Zehen nägel gerade ab, sodass die Ecken noch etwas vorstehen
- Tragen Sie Schuhe, welche die Füsse nicht einengen
- Baden Sie die Füsse in einer Lösung aus verdünntem Povidonjod, wenn sie schmerzen: Das desinfiziert und lindert den Schmerz
- Lassen Sie bei einer Podo login eine Nagelspange anbringen, wenn Sie Roll nägel haben