Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln machen gute Geschäfte mit Verdauungsproblemen: Sie verkaufen zahlreiche Produkte gegen Blähungen und Durchfall. Doch ein Vergleich des Gesundheitstipp zeigt: Ihr Nutzen ist kaum belegt (siehe Tabelle im PDF). Einen besseren Effekt erzielt man mit einer ausgewogenen Ernährung.
Beispiel: Kapseln und Pulver mit Milchsäure-Bakterien. Fachleute sprechen von Probiotika. Dazu gehören Biotics-G von Burgerstein oder Symbiolact A von Symbiopharm. Sie sollen zu einer gesunden, vielfältigen Darmflora verhelfen. Doch Fachleute raten davon ab. Der Basler Magen-Darm-Facharzt Rémy Meier sagt: «Ein klarer Nutzen dieser Produkte wurde nie nachgewiesen.» Es gebe dazu lediglich kleine und damit ungenügende Studien.
Beispiel: Pulver mit Nahrungsfasern. Fachleute sprechen von Präbiotika. Dazu gehören Fiberlift von Essential Nutrition oder Arktis Grow von Arktis Biopharma. Sie sollen gute Bakterien in der Darmflora begünstigen. Unbestritten ist: Darmbakterien brauchen solche Fasern als Nahrung, um sich vermehren zu können. Doch ob solche Produkte Beschwerden lindern, ist nicht belegt. Arzt Martin Wilhelmi von der Zürcher Central-Praxis verschreibt seinen Patienten keine solchen Nahrungsergänzungsmittel.
Fermentiertes Gemüse ist gut für jedermann
Beispiel: Kapseln mit kurzkettigen Fettsäuren. Dazu gehören Produkte wie Propicum von Flexopharm oder Butifar von Sensilab. Konsumenten können sie vorläufig nur im Internet bestellen. Hersteller versprechen, die Mittel würden gegen Durchfall, Verstopfung, Reizdarm und andere Darmkrankheiten helfen. Sie sollen eine gesunde Darmflora fördern und vor Entzündungen schützen. Doch Rémy Meier hält fest: «Es gibt keine verlässlichen Studien, die den Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln mit kurzkettigen Fettsäuren belegen.»
Kommt dazu: Gesunde Bakterien oder Nahrungsfasern kommen in normalen Lebensmitteln vor. Mit der richtigen Wahl lässt sich die Darmflora positiv beeinflussen, ohne dass man teure Nahrungsergänzungsmittel braucht. Milchprodukte, zum Beispiel Joghurt und Kefir, oder fermentiertes Gemüse wie Sauerkraut und Kimchi enthalten probiotische Bakterien. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser empfiehlt sie allen Menschen – egal, ob sie Probleme mit der Verdauung haben oder nicht. «Diese Lebensmittel wirken gut.»
Viel gesundes Inulin in exotischen Früchten
Gesunde Nahrungsfasern stecken in vielen Gemüsesorten und Früchten. Besonders wertvoll für die Darmflora ist das Inulin. Am meisten davon enthalten Gemüse wie Lauch, Sellerie, Chicorée und Zwiebeln, zudem exotische Früchte wie Bananen, Mangos und Papayas. «Auch in anderen Gemüse- und Fruchtsorten hats Inulin, zum Beispiel in Äpfeln», sagt Rémy Meier, «aber in kleineren Mengen.»
Die Nahrungsfasern haben einen weiteren Vorteil: Sie regen die Darmflora an, kurzkettige Fettsäuren zu bilden. Auch das kurzzeitige Fasten kurbelt die Bildung dieser Fettsäuren an. Deshalb empfiehlt Verdauungsspezialist Martin Wilhelmi eine ausgewogene Ernährung mit viel Fasern und eventuell einen Fastentag pro Woche.
Für Reizdarm-Patienten gibt es eine neue Hoffnung: die sogenannte Fodmap-arme Diät. Manchmal hilft sie auch bei entzündlichen Krankheiten wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
Die Abkürzung Fodmap bezeichnet Kohlenhydrate, die beim Verdauen Gase produzieren und Beschwerden auslösen. Sie kommen in Weizen, Äpfeln oder in Zwiebeln vor. Reizdarm-Patienten sollten nur wenig davon essen. Patienten müssen sich an Listen mit entsprechenden Nahrungsmitteln halten. Gesundheitstipp-Ernährungsberaterin Beatrice Schilling sagt: «Drei von vier Betroffenen sprechen auf diese Diät an.» Eine Übersichtsstudie aus den USA mit über 1200 Teilnehmern zeigte, dass diese Diät nützt.
Reizdarm: Spuren von Fodmaps schaden nicht
Beatrice Schilling rät, die Fodmaps nicht unnötig stark einzuschränken: «Fodmap-Spuren im Essen sind kein Problem. Kleine Mengen vertragen Betroffene oft gut.» Um einen Nährstoffmangel zu vermeiden, sollte man diese Diät nur begleitet von einer Ernährungsberaterin durchführen. Nach ein paar Wochen ist klar, ob die Diät hilft.
Die Firma Galenica sagt, mehrere Studien hätten den Nutzen ihres Vitafor probi-intestis belegt. Und Vita-Cura, die Lactobact Omni Fos herstellt, räumt ein, Beschwerden liessen sich nicht nur mit probiotischen Kapseln lösen. Patienten müssten ihre Ernährung umstellen und sich mehr bewegen. Symbiopharm schreibt, die Milchsäurebakterien in ihrem Produkt Symbiolact A seien deutlich höher konzentriert als in Joghurts. Die Firmen Forum Vita und Flexopharm verkaufen Kapseln mit kurzkettigen Fettsäuren und teilen mit, man müsse sehr viele Ballaststoffe essen, damit sich im Darm kurzkettige Fettsäuren bilden. Viele Menschen würden jedoch zu wenig Fasern essen. Sie könnten von einem Nahrungsergänzungsmittel profitieren.
TIPPS: So fördern Sie die Verdauung
- Essen Sie wenig Fleisch. Vegetarisches Essen ist für die Darmbakterien besser.
- Abwechslung ist gut für die Darmflora. Essen Sie deshalb verschiedene Gemüse und Salate.
- Nahrungsergänzungsmittel sind unnötig. Eine ausgewogene Ernährung mit Früchten, Gemüsen und fermentierten Produkten enthält alle wichtigen Stoffe.
- Kurzzeitiges Fasten ist gut für die Darmflora. Doch ein Fastentag pro Woche genügt.
- Verzichten Sie auf Fertigmahlzeiten und künstliche Süssstoffe. Deren chemische Zusatzstoffe schaden den guten Darmbakterien.