Trifft sich Claude Boesch mit Kollegen zum Kartenspielen, gibt es danach meistens ein Abendessen. «Ich esse dann später und üppiger als gewöhnlich», erzählt der 77-Jährige aus La Neuveville im Berner Jura. Danach macht ihm oft die Magensäure zu schaffen. Boeschs Trick: Er greift zu Pfefferminzöl. Einen Tropfen des ätherischen Öls gibt er auf den Handrücken und leckt diesen ab: «Das lindert meine Beschwerden.»
Auch die Zürcherin Rebecca Spielmann hat einen empfindlichen Magen. Die 56-Jährige sagt: «Ich muss gut aufpassen, was ich esse.» Lauch, Hülsenfrüchte oder Kaffee in grösseren Mengen verursachen bei ihr schnell Schmerzen und Druck im Magen. Zudem spürt sie die Säure in der Speiseröhre. Bei Stress sei es besonders schlimm, erzählt Spielmann. Sie nimmt deshalb seit längerem ein Präparat mit Kurkuma: «Das beruhigt meinen Magen.»
Magenbeschwerden sind weit verbreitet
Spielmann und Boesch sind keine Einzelfälle. Gemäss dem deutschen Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen klagt etwa jeder Vierte häufig über Magenbeschwerden. Neben Aufstossen und Schmerzen treten oft Krämpfe, Völlegefühl oder Übelkeit auf. Bei der Hälfte der Betroffenen finden die Ärzte keine Ursache. Diese sprechen dann von einem Reizmagen oder funktioneller Dyspepsie. Häufig geben sie den Patienten Säurehemmer wie Pantozol oder Nexium.
Studie belegt Nutzen natürlicher Mittel
Doch Magenbeschwerden lassen sich ebenso gut mit sanften Mitteln lindern: Das zeigt eine neue Übersichtsstudie der Cochrane Collaboration, eines internationalen Netzwerks von unabhängigen Wissenschaftern. Die Forscher analysierten dafür 41 Studien mit insgesamt fast 4500 Teilnehmern.
Resultat: Kombipräparate aus Kümmel- und Pfefferminzöl wie Carmenthin und Gaspan wirken nachweislich gut. Sie lindern Magenschmerzen, Krämpfe und Blähungen. Laut dem Magen-Darm-Arzt Mark Fox von der Klinik Arlesheim BL können die Mittel die Muskeln im Magen-Darm-Trakt entspannen und vermindern vermutlich die Empfindlichkeit. Zu diesem Schluss kam er in der Fachzeitschrift «Schweizer Gastroenterologie».
Auch zu Präparaten mit Kurkumaextrakt gibt es Studien, die einen Nutzen zeigten. Kurkuma lindert die Magenbeschwerden und verbessert die Lebensqualität der Patienten. Nebenwirkungen wie Durchfall treten selten auf. Eine kleine Studie der Universität Bangkok in Thailand zeigte vor kurzem, dass Kurkuma die Beschwerden eines Reizmagens ebenso gut lindert wie ein Säurehemmer. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt bei Verdauungsbeschwerden bis zu drei Gramm Kurkumapulver aus der getrockneten Wurzel oder entsprechende Fertigpräparate.
Weitere Pflanzenmittel sind ebenfalls einen Versuch wert. Die Cochrane-Forscher fanden in Studien zumindest Hinweise, dass sie helfen. Dazu zählen Präparate mit Artischockenextrakt, Schwarzkümmelöl oder Ingwer. Verwendet man die Ingwerwurzel frisch als Gewürz, sollte man allerdings vorsichtig sein: Die Schärfe kann den Magen zusätzlich reizen.
Anis und Süssholz eignen sich ebenfalls bei Reizmagen. Sie lassen sich gut als Tee oder Gewürz verwenden. Süssholz in grösseren Mengen lässt allerdings den Blutdruck steigen. Ansonsten haben die Pflanzen wenig Nebenwirkungen, stellen die Cochrane-Forscher fest.
Iberogast: Ärzte warnen vor Risiken
Vom Präparat Iberogast raten Fachleute hingegen ab. Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus neun verschiedenen Kräuterextrakten. Laut dem Fachblatt «Arznei-Telegramm» ist seine Wirkung nicht ausreichend bewiesen. Mehr noch: Bei Iberogast bestehe das Risiko von schweren Leberschäden, weil das Mittel ein Extrakt aus Schöllkraut enthält. Bei einzelnen Patienten kam es zu einer Lebertransplantation, oder sie starben (Gesundheitstipp 4/2018).
Magen-Darm-Spezialist Mark Fox rät zudem, die Ernährung und den Lebensstil anzupassen. Das heisst: Kleine Mahlzeiten mit wenig Fett schützen vor Magenproblemen. Auch der Verzicht auf Kaffee und Alkohol hilft.
Die Hersteller der Pflanzenpräparate verweisen auf die Packungsbeilage ihrer Produkte. Dort seien die Nebenwirkungen erwähnt. Die Firma Chrisana sagt, Ingwer setze man seit langem erfolgreich gegen verschiedene Verdauungsprobleme ein. Auch Doetsch Grether sagt, das Extrakt aus Artischockenblättern gelte als traditionelles Heilmittel.
Der Teehersteller Sidroga und die Firma Naturkraftwerke schreiben, dass sie ihre Tees mit Anis, Kümmel oder Süssholz nicht als Heilmittel gegen bestimmte Beschwerden anpreisen würden. Das gilt laut Arkopharma auch für dessen Ingwerpräparat. Es sei belegt, dass die Ingwerpflanze nütze. OM Pharma Suisse sagt, die Wirkung des Artischockenpräparats Hepa-S sei «ziemlich gut» nachgewiesen.
Das schützt vor Magenproblemen
- Nehmen Sie sich stets genügend Zeit fürs Essen, und kauen Sie die Nahrung gut.
- Essen Sie kleine, leichte Mahlzeiten mit wenig Fett.
- Bevorzugen Sie klein gehackte oder pürierte Speisen.
- Meiden Sie scharfe Gewürze, Alkohol und Zigaretten.
- Machen Sie nach dem Essen wenn möglich einen Spaziergang. Das regt die Verdauung an.
- Bauen Sie Stress ab: Gönnen Sie sich auch bei der Arbeit Pausen, und machen Sie ab und zu Entspannungsübungen.