Einige Jahre nach der Trennung von seiner Frau war Roger Bucher aus Weinfelden TG (Name geändert) wieder bereit für eine neue Liebe. Eine Traumfrau war jedoch nicht in Sicht. Deshalb meldete er sich bei einer Dating-Plattform an. Wenig später hatte er Kontakt mit einer Frau: «Im Internet verstanden wir uns blendend», erinnert er sich. In ihren Mails gab sich die Frau aufgeschlossen und abenteuerlustig. Das gefiel Bucher. Was er zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste: Das war alles gespielt.
Schon bald verabredeten sie sich für ein erstes Treffen und kamen sich näher. Kurz darauf offenbarte die Frau aber einen Charakterzug, den sie in den Internet-Chats verbergen konnte: «Anstatt abenteuerlustig war sie kleinbürgerlich und wollte alles kontrollieren – auch mich», sagt der 40-Jährige.
«Die Frau beschimpfte mich aufs Übelste»
Es kam noch schlimmer. Roger Bucher: «Sie glaubte, dass wir bereits eine feste Beziehung hätten. Meiner Ansicht nach waren wir aber noch in der Kennenlernphase.» Als Bucher das der Frau sagte, wurde sie ausfallend und warf mit Gegenständen nach ihm. Bucher zog sich zurück. Doch daraufhin artete es aus: «Sie begann, mir täglich Textnachrichten zu schreiben. Am einen Tag waren sie schmeichelhaft, am nächsten beschimpfte sich mich aufs Übelste.» Schliesslich zog Bucher einen Schlussstrich: «Ich sperrte sie auf Twitter, Facebook sowie auf dem Telefon und brach den Kontakt ab.»
Einige schummeln, andere sind aufdringlich
Die Angebote von Internet-Partnervermittlern und Dating-Apps nehmen zu, ihre Versprechungen klingen verlockend. Parship etwa schreibt: Rund vier von zehn Mitgliedern würden auf der Plattform einen Partner finden. Und E-Darling behauptet: Durch sie kämen jede Woche Hunderte von Singles zu ihrem grossen Glück. Doch wer sich bei einem Internet-Partnervermittler anmeldet, merkt schnell: Es gibt auch Kehrseiten. Die Anonymität des Internets begünstigt taktloses Verhalten. Einige Leute schummeln, um sich attraktiver zu machen, andere werden aufdringlich, wenn das Gegenüber keinen Kontakt möchte.
Auch Deborah Züst (Name geändert) lernte beim Internet-Dating aufdringliche Männer kennen: «Einer wollte unbedingt meine Handynummer.» Sein Profil wirkte sympathisch, deshalb gab ihm die 35-Jährige aus Hinwil ZH ihre Nummer – noch bevor sie ihn zum ersten Mal traf. Das bereute sie schon bald: «Er schrieb mir, dass er sich bereits regelmässig mit einer anderen Frau treffe. Ich wollte deshalb den Kontakt abbrechen.» Der Mann respektierte das nicht und schrieb ihr immer wieder Textnachrichten. «Er war richtig lästig», erinnert sie sich. «Erst nachdem ich ihm klipp und klar sagte, er solle mich in Ruhe lassen, hörte er damit auf.» Sein Verhalten war Züst eine Lehre: «Ich gebe meine private Nummer nur noch nach dem ersten Treffen heraus.» Deshalb gilt: Persönliche Angaben wie Adresse und Telefonnummer sollte man auf Internetplattformen nicht zu früh preisgeben. Am besten richtet man dafür eine separate E-Mail-Adresse ein. Der Zürcher Psychoanalytiker Markus Fäh sagt: «Ich rate zu konstruktivem Misstrauen. Man sollte auf merkwürdige Signale achten, aber nicht von vornherein vom Schlimmsten ausgehen.» Zudem sollte man vom ersten Date nicht zu viel erwarten. Das musste auch Bettina Weber (Name geändert) feststellen. Die 49-Jährige aus Nürensdorf ZH meldete sich nach der Scheidung bei einer Dating-Plattform an. Schon bald nahm ein Mann zu ihr Kontakt auf. Sein Profil gefiel ihr. Er war im gleichen Alter und hatte ähnliche Interessen. Nach mehreren E-Mails verabredeten sie sich auf einen Drink. Doch als Weber ihn zum ersten Mal sah, stellte sie fest: «Er ist 15 Jahre älter, als er geschrieben hatte.» Eine Beziehung mit ihm konnte sie sich nicht vorstellen. «Diese hätte mit einer Lüge begonnen.»
Tipps: Darauf sollten Sie achten
- Wählen Sie eine Dating- Plattform, auf der Ihre Daten verschlüsselt sind. Zum Beispiel Parship.ch (siehe Test im Gesundheitstipp 5/2008).
- Achten Sie darauf, dass Ihre Fotos nicht frei zugänglich sind.
- Geben Sie auf Ihrem Profil keine persönlichen Daten wie Telefonnummer, Nachname oder Adresse preis.
- Verwenden Sie eine separate und anonyme E-Mail-Adresse.
- Prüfen Sie im Zweifelsfall die Angaben der anderen Person. Suchen Sie sie im Internet per Google.
- Treffen Sie sich beim ersten Date an einem öffentlichen Ort, zum Beispiel in einer Bar oder in einem Café.
- Verabreden Sie sich beim ersten Mal nur für ein bis zwei Stunden und nicht für einen längeren Ausflug.
- Wenn Sie merken, dass Ihr Gegenüber Ihnen nicht gefällt, beenden Sie das Date und sagen Sie ehrlich, dass daraus nichts wird.
- Falls jemand zudringlich wird, lassen Sie die Person ohne Umschweife stehen.