Die Supermärkte verkaufen verschiedenste Müesli-Mischungen mit allerlei Getreide und Trockenfrüchten. Im Regal hats auch süsse Knuspermüesli mit Honig oder Schokolade und eine ganze Palette an bunt verpackten Cornflakes, Frosties und Smacks.
Damit nicht genug: Die Lebensmittel-Industrie will Konsumenten stets neue Produkte für den Zmorge schmackhaft machen. Der letzte Schrei sind Instant-Breis für Erwachsene – oft mit englischen Begriffen wie «Porridge» oder «Oatmeal» bezeichnet. Dabei handelt es sich um Hafer- bzw. Getreidebrei. Man gibt heisses Wasser oder Milch dazu oder erhitzt sie in der Mikrowelle. Einst war Haferbrei ein Arme-Leute-Essen. Heute haben ihn Hersteller mit Zutaten wie Chia-Samen, Aroniabeeren oder Amaranth aufgepeppt und verkaufen ihn als neuen Gesundheitstrend.
Alnatura-Brei: 17 Prozent Zuckeranteil
Sabine Oberrauch von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung rät: «Bei solchen Fertigprodukten lohnt sich ein Blick auf die Liste der Zutaten und Nährwerte.» Denn einige enthalten reichlich Zucker. So stecken im Alnatura- Frühstücksbrei mit Früchten 17 g Zucker pro 100 g. Zum Vergleich: Beim Nature-Brei des gleichen Herstellers sind es nur 1,3 g Zucker.
Ob Brei, Müesli oder Flocken – um den Verkauf anzukurbeln, bedient sich die Industrie seit Jahren der gleichen Masche: Sie trichtert den Konsumenten ein, wie wichtig das Frühstück sei. So ist auf der Packung des Amaranth-Breis von Allos zu lesen, dass es «die wichtigste Mahlzeit des Tages» sei. Das behaupten auch Nestlé und Kellogg’s auf ihren Websites.
Die EU-Behörden lancierten vor einigen Jahren gar eine Kampagne fürs Frühstück: «Breakfast is best», zu Deutsch «Frühstück ist das Beste». Auch hier mischt die Industrie mit: Partner der Kampagne ist der europäische Verband der Getreidehersteller. Ziel ist, dass jeder frühstückt. Das schütze vor Übergewicht und mache leistungsfähiger.
Solche Behauptungen stehen allerdings auf wackligen Beinen. Zu diesem Schluss kam kürzlich der britische Wissenschafter James A. Betts im Fachblatt «New Scientist». Er überprüfte in mehreren Studien, den Einfluss des Frühstücks auf den Stoffwechsel. Das Fazit: Es spielt kaum eine Rolle, ob jemand frühstückt oder nicht. So hatten alle Teilnehmer vor dem Mittag die gleiche Menge des Hungerhormons Ghrelin im Blut. Ohne Frühstück nahmen die Teilnehmer zwar etwas weniger Kalorien pro Tag auf. Mit Frühstück verbrannten sie jedoch mehr Kalorien, weil sie aktiver waren. Auf Gewicht und Herz hatte das Frühstück keinen Einfluss.
«Nur Kaffee oder Tee ist auch ein guter Start»
Auch der Basler Arzt und Stoffwechselexperte Ulrich Keller sagt: «Man hat den Stellenwert des Frühstücks früher wohl überschätzt.» Die Fakten sprächen dagegen, dass es «die wichtigste Mahlzeit des Tages» sei. Bei Kindern gebe es jedoch Studien-Hinweise, dass sie frühstücken sollten. «So bleiben sie am Morgen länger aufmerksam.» Zudem haben sie später weniger Übergewicht. Auch Leute mit Diabetes Typ 2 profitierten, der Blutzucker bleibe im Laufe des Tages stabiler. «Es sollte aber genügend Eiweiss enthalten», so Keller. So enthält eine Portion Porridge nur rund 7 g Eiweiss. Rührei liefert deutlich mehr (siehe Tabellen).
Ein ideales Frühstück enthält neben genügend Eiweiss auch Fasern, gesunde Fette und Nährstoffe. Ernährungsexperte David Fäh von der Berner Fachhochschule empfiehlt ein Müesli mit Milch, Quark und Nüssen, Früchte und dazu ein 3-Minuten-Ei. Das liefert zwar etwas mehr Kalorien als Porridge oder ein Croissant, sättigt aber auch länger. «Zudem versorgt es den Körper mit wertvollen Nährstoffen.»
Wer frühmorgens nichts essen mag, muss sich nicht zwingen. Fäh: «Kaffee oder Tee ist auch ein guter Start.» Wer mag, isst eine Frucht dazu – oder verschiebt die erste Mahlzeit auf den Znüni. «Man kann auch ohne Frühstück gesund leben», sagt Fäh.
Die Firma Nestlé verweist auf Studien. Sie hätten gezeigt, dass speziell Kinder ohne Frühstück weniger Nähr- und Ballaststoffe zu sich nehmen.