Seit zwei Monaten essen Marlis Huber (52) aus Rüti ZH und Manuela Leimgruber (46) aus Altbüron LU keine tierischen Produkte mehr – weder Fleisch, Eier noch Milchprodukte. Sie nehmen an der «Aktion Fleischlos» des Gesundheitstipp teil (Ausgaben 3/2020 und 4/2020). Sie ernähren sich vegan mit Gemüse, Hülsenfrüchten und Getreide. Marlis Huber will ein paar Kilos verlieren. Manuela Leimgruber nimmt wunder, wie sich ihre Blutwerte verändern.
Huber und Leimgruber lassen regelmässig beim Arzt die Blutwerte messen. Die Resultate zeigen erste Erfolge. Beide Frauen haben abgenommen: Marlis Huber wiegt nun 75 Kilo – drei Kilo weniger als beim Start. Manuela Leimgruber nahm zwei Kilo ab (siehe Grafiken im PDF). Die Tessiner Ernährungsberaterin Erica Bänziger sagt: «Veganer essen in der Regel viel mehr Gemüse.» Um abzunehmen, sollte man den Teller mindestens zur Hälfte mit Gemüse füllen.
«Risiko für einen Herzinfarkt gesenkt»
Die neue Ernährungsweise verbesserte auch den Cholesterinspiegel. Das schlechte LDL-Cholesterin lagert sich an den Gefässwänden ab. Dann können die Gefässe versteifen. Bei beiden Frauen sank der Wert des LDL-Cholesterins. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser kommentiert: «Damit sinkt das Risiko für einen Herzinfarkt.»
Veganer nehmen gesunde Ballaststoffe auf
Wissenschafter bestätigen: Fleisch-los essen ist gut für den Cholesterinspiegel. Die Ernährungswissenschafter Alexander Ströhle und Andreas Hahn zeigten kürzlich in der «Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin» auf, dass Vegetarier und Veganer tiefere Cholesterinwerte und einen niedrigeren Blutdruck haben. Auch das Risiko für Herzkrankheiten sei viel kleiner. Die Forscher erklären dies damit, dass Veganer viele gesunde Ballaststoffe, Vitamine und ungesättigte Fettsäuren essen. Solche Stoffe hats zum Beispiel in Vollkorngetreide, Nüssen oder Pflanzenölen.
Eine wichtige Rolle spielen auch Hülsenfrüchte. Im Jahr 2014 zeigte eine Übersichtsstudie im kanadischen Fachmagazin «Canadian Medical Association Journal»: Wer oft Hülsenfrüchte isst, senkt das ungünstige LDL-Cholesterin. Die Forscher hatten 26 Studien mit über 1000 Teilnehmern analysiert. Im Durchschnitt assen sie während sechs Wochen täglich 130 Gramm Bohnen, Kichererbsen oder Linsen.
Veganer haben oft zu wenig Eisen. Denn sie verzichten auf Lebensmittel wie rotes Fleisch, das viel Eisen enthält. Ein Mangel trat bei den Teilnehmerinnen aber nicht auf: Die Werte sanken zwar, sind aber noch immer gut. Die Ärzte messen im Blut den Eisenwert Ferritin. Das ist ein Eiweiss, das Eisen speichert. Der Ferritinwert sollte nicht unter 15 Mikrogramm pro Liter Blut liegen. Thomas Walser: «Der Wert liegt bei Veganern oft knapp über 15 Mikrogramm – damit fühlt man sich wohl.»
Ein möglicher Grund für die guten Werte sind die Lieblingsgerichte der Teilnehmerinnen: Manuela Leimgruber isst häufig Tofu und Quinoasalat, die viel Eisen enthalten. Bei Tofu sind es 5,4 Milligramm Eisen pro 100 Gramm, bei Quinoa sogar 8 Milligramm. Marlis Huber kocht häufig Kichererbsencurry, Spinatquiche oder macht Wraps mit Guacamole. Auch diese Menüs enthalten viel Eisen.
Wer vegan isst, hat oft zu wenig Vitamin B12. Die entsprechenden Werte der Teilnehmerinnen sind gesunken, liegen aber noch im grünen Bereich. Ernährungsberaterin Bänziger empfiehlt. «Wer mehrere Jahre vegan isst, sollte ein Präparat mit Vitamin B12 zu sich nehmen.»
Gratis-Merkblatt: «Vegan essen»
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen bei: Gesundheitstipp, «Vegan essen», Postfach, 8024 Zürich.
Gertraud Müllauer: Genug vom veganen Essen
Auch Gertraud Müllauer (74, Bild) aus Untersiggenthal AG startete im März zur «Aktion Fleischlos». Doch schon nach drei Wochen widerstrebte ihr das vegane Essen. «Es schmeckte mir einfach nicht», sagt sie. Zum Beispiel die vegane Margarine: «Sie schmeckt stark nach Öl.» Auch Bratwürstchen aus Lupinen und Eierersatzprodukte waren ihr zuwider. «Sie ahmen Fleisch und Eier nach – aber sie treffen den Geschmack nicht.»
Zudem habe sie viel mehr Geld für Lebensmittel ausgegeben, erzählt Gertraud Müllauer. Und das Kochen war aufwendiger: «Es kostete mich viel Zeit, vegane Produkte im Laden zu finden.»
Die Tessiner Ernährungsberaterin Erica Bänziger sagt: «Vegane Ernährung passt nicht zu jeder Person.» Wer sich gut darüber informiert habe und kreativ kochen könne, habe es einfacher. Dazu kommt: «Man muss motiviert sein, von langjährigen Gewohnheiten Abschied zu nehmen.» Es gehe nicht darum, Fleisch und Milch mit veganen Produkten zu ersetzen, sondern mit natürlichen Lebensmitteln vielseitig vegan zu kochen.
Ein weiterer Tipp: Man kann auch Schritt für Schritt aufs vegane Essen umsteigen und zum Beispiel mit dem Frühstück anfangen. So verändert man die Ernährung nicht von einem Tag auf den anderen. Bänziger: «Vielen fällt die langsame Umstellung einfacher.»