Das Onsernonetal ist eines der wildesten Tessiner Täler. Winzige Dörfer kleben an steilen Waldhängen. Die Strasse ist schmal und kurvenreich. «Hier gibt es keinen Kilometer Strasse, der mich nicht an einen Unfall erinnert», sagt Beppe Savary. Wenn ein Unfall im Tal passiert, rückt der 62-jährige Savary mit seinem Notarztwagen aus. Denn er ist nicht nur Hausarzt, sondern auch Leiter des regionalen Ambulanzdienstes. Mit seinen tiefen Furchen im Gesicht und seinem Bart passt er auch vom Äussern her ins wilde Tal.
Aufgewachsen ist er im St. Galler Rheintal als Josef Savary. Sein Vater war auch Hausarzt. Aber er wollte sich nicht in ein «gemachtes Nest» setzen und arbeitete deshalb nach dem Studium im Spital in Locarno. Als eine kleine Krankenkasse einen Hausarzt für das Onsernonetal suchte, bewarb sich Savary. Freunde fragten ihn, warum er sich im steilen Bergtal «verloche». Doch ihm gefällt es hier besser als in der Stadt: «In der Notfallstation in Locarno hatte ich mit jedem Patienten nur 20 Minuten Kontakt. Im Onsernonetal kenne ich hingegen viele Patienten schon seit dreissig Jahren. Ich habe ihre ganze Lebensgeschichte im Kopf.»
Beppe Savary setzte sich für den Bau eines Altersheims ein, als viele im mausarmen Tal die Hoffnung aufgegeben hatten. Die Gemeinden hatten kein Geld. Savary vermittelte den Kontakt zur Hilfsorganisation «Patenschaft für Berggemeinden», die das Projekt ermöglichte. Heute betreut Savary die Bewohner des Altersheims, und seine Praxis liegt im gleichen Haus.
Der Hausarzt geht sehr familiär mit seinen Patienten um: Er duzt alle. Das hat auch die Sängerin La Lupa beobachtet: «Alte Frauen haben vorher nie ihren Arzt geduzt.» Die herzliche Art des Hausarztes kommt gut an. Beate von Planta aus Mosogno TI sagt, der Hausarzt habe sie im Regionalspital in Lugano und auch im Inselspital in Bern besucht, als sie vor zwei Jahren einen Hirnschlag erlitt: «Das werde ich ihm nicht vergessen.»
Legendär ist, wie sich der Hausarzt für Technik begeistert. Als es noch keine Handys gab, habe Savary gleichzeitig drei bis vier Funkgeräte mit sich getragen, erzählt der Arzt Giorgio Noseda aus Mendrisio TI. Beate von Planta sagt, wenn Beppe Savary Dienst habe, fliege der Helikopter öfter als sonst. Savary entgegnet, er transportiere prozentual nicht mehr Patienten mit dem Helikopter ins Spital als andere Ärzte. Er führe oft Rettungsaktionen durch, das sei aber die Folge seiner langen Präsenzzeiten.
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Bisher erschienen: Rupert K. Spillmann, der Landarzt aus Thierachern BE, Yvonne Gilli, die politische Ärztin aus Wil SG, Martin Frei-Erb, der Homöopath aus Thun BE, Peter Mattmann, der Impfkritiker aus Kriens LU, Elisabeth Müller, die soziale Hausärztin aus Zürich-Affoltern Reiner Bernath, der Geburtshelfer aus Solothurn.