Vor seinem Medizinstudium reiste David Winizki fünf Monate lang durch Südamerika. Seither spricht er Spanisch. Deshalb suchten ihn immer mehr Patienten mit lateinamerikanischen Wurzeln auf, nachdem er 1989 seine Praxis im Zürcher Seefeldquartier eröffnet hatte. «Die ersten waren Striptease-Tänzerinnen», sagt der 66-jährige Hausarzt.
Den Kontakt zu Sans-Papiers hat David Winizki nicht aktiv gesucht. Aber er habe diese Aufgabe dankbar angenommen, sagt er: «Schon als Student wollte ich mich für Menschen am Rand der Gesellschaft einsetzen.»
Menschen wie Maribel Z. Als sie am Bahnhof wegen eines Knotens in der Gebärmutter Blut verlor, hatte sie Angst, dass die Polizei sie aufgreifen könnte. Als Haushalthilfe verdient sie nur 1500 Franken im Monat. Krankenkassenprämien kann sie damit nicht bezahlen. Winizki behandelt Sans-Papiers wie Maribel Z. für 50 Franken pro Konsultation – etwa die Hälfte des Arzttarifs.
Indem er seit Jahren auf einen Teil seines Einkommens verzichtet, leistet der Hausarzt einen Beitrag für mehr soziale Gerechtigkeit. Armut mache krank, sagt Winizki: «Sans-Papiers leiden oft an Depressionen, Magenbeschwerden, Rückenweh oder Kopfschmerzen.»
Auch ausserhalb seiner Praxis setzt sich David Winizki für Menschen ohne Papiere ein: Er half, die Sans-Papiers-Anlaufstelle Zürich und die Praxis Meditrina zu gründen, die ebenfalls medizinische Behandlungen zu einem günstigen Tarif anbietet. Doch damit sind laut Winizki noch nicht alle Probleme gelöst. Denn viele Sans-Papiers haben keine Krankenkasse. Deshalb will er jetzt auf politischem Weg dafür kämpfen, dass sie Zugang zu Krankenversicherungen bekommen. Zu diesem Zweck gründet er Mitte September zusammen mit Arztkollegen die Organisation «Sans Papiers Care».
Für seine Arbeit bekommt Winizki Lob von vielen Seiten. Gewerkschaftssekretär Remo Schädler beschreibt ihn als «Pionier», der an vorderster Front für die Gesundheitsversorgung der Sans-Papiers kämpfe. Der Arzt Antoine Chaix, bis 2011 Vizepräsident von Médecins Sans Frontières Schweiz, sagt: «David Winizki setzt sich mit Leib und Seele für seine Ideale ein. Er ist unermüdlich und hat viel bewegt.» Und für Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist ist Winizki zum Vorbild geworden: «Er zeigte mir, dass man nicht nur reden, sondern selbst aktiv werden muss.»
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Bisher erschienen: Rupert K. Spillmann, der Landarzt aus Thierachern BE; Yvonne Gilli, die politische Ärztin aus Will SG; Martin Frei-Erb, der Homöopath aus Thun BE; Peter Mattmann, der Impfkritiker aus Kriens LU; Elisabeth Müller, die soziale Hausärztin aus Zürich-Affoltern; Reiner Bernath, der Geburtshelfer aus Solothurn; Beppe Savary, der Talarzt aus Russo TI.