Wenn ich zur Arbeit fahre, habe ich immer die Kopfhörer auf und singe und tanze zur Musik. Lange Zeit war ich DJ-Bobo-Fan. Jetzt bin ich Fan von Beatrice Egli. Sie singt Schlager: «Mein Herz es brennt, wenn ich dich seh ...» Die Leute im Bus kennen mich. Eine Zeitlang war auch ein kleines Mädchen mit ihrem Grossvater im Bus. Einmal hat mir das Mädchen eine Zeichnung in die Hand gedrückt. Darauf war ich mit den Kopfhörern, wie ich singe und tanze. Das hat mich sehr gefreut.
Ich bin nicht behindert. Das ist ein blödes Wort. Ob ich anders bin? Das weiss ich nicht. Ich bin speziell. Und die anderen Leute sind anders. Ich bin lustig und fröhlich und strahle fast immer. Das machen die anderen Menschen weniger. Dafür können sie besser lesen und rechnen. Ich gehe zwar allein einkaufen, aber beim Zahlen ist es schwierig. Meine Mama sagt: Du musst etwas bluffen und so tun, als ob du es wüsstest. Die Verkäuferin sagt dann schon, wenn etwas fehlt. Aber ich getraue mich dann oft doch nicht.
Ich arbeite im Theater Hora als Schauspieler. Seit letztem Sommer bin ich mit der Ausbildung fertig, sie hat zwei Jahre gedauert. Wir arbeiten täglich an unseren Stücken. Am Mittag essen wir zusammen. Meistens nehme ich etwas von zu Hause mit. Gemüse mag ich nicht so gern. Dafür schmecken mir Omeletten mit Nutella. Ich muss wieder etwas aufs Gewicht achten, denn mein Körper sagt mir nicht, wann ich genug gegessen habe.
Im Theater lernen wir viel. Letztes Jahr hatten wir ein Stück über den Geiger Niccolò Paganini. Wir schauten Filme und wissen nun, wie sein Leben war und die Zeit, in der er lebte. Mit dem Theater gehen wir sogar ins Ausland: nach Brasilien, Toronto, Athen. Die Auftritte sind schön. Ich muss meist ein bis zwei Sätze sagen. Das macht mich aber nicht nervös.
In der Freizeit spiele ich Gitarre. Ich möchte eine Band haben. Bis es soweit ist, übe ich und höre viel Musik. Mit Mama gehe ich auch an Konzerte, zum Beispiel von Beatrice Egli. Sie ist eine sehr schöne und liebe Frau. Nach dem Konzert sind wir für ein Autogramm angestanden. Ich wollte sie gerne nach Hause einladen, um ihr ein Spiegelei zu braten. Das wollte ich ihr sagen. Als ich dann vor ihr stand, habe ich mich doch nicht getraut.
Eine Freundin hatte ich auch schon. Aber sie zügelte in eine andere Stadt. Ich möchte gerne wieder eine Freundin. Sonst muss sich nicht viel ändern. Mein Vater starb, als ich sechs Jahre alt war. Mama arbeitete viel, um für mich und meine zwei älteren Geschwister zu sorgen. Ich finde es schön daheim. Wir leben schon immer in dieser Wohnung. Aufs Ausziehen habe ich keinen Bock. Doch Mama möchte, dass ich selbständiger werde. Darum werden wir bald eine betreute Wohngruppe anschauen. Aber wir lassen es langsam angehen. Für mich ist es gut so, wie es jetzt ist.