Der Ernährungscoach und Vitalstoff-Therapeut Roman Gruber trägt auf seiner Website dick auf: «Dein Darm – das Tor zur Gesundheit» Oder: «Darmglück – Erschaffe dir deine Gesundheit von innen heraus!» Mit solchen Werbebotschaften will der Ex-Sportler aus Himmelried SO sein Mikrobiom-Paket verkaufen. Dazu gehören eine Analyse der Darmflora – dem Mikrobiom –, fünf Gespräche, ein Ernährungsplan und eine Nachkontrolle. Kosten: satte 2500 Franken.
Diese Beratung gibt es allerdings nicht persönlich, sondern nur übers Internet, zahlen muss man im Voraus. Auf seiner Website schreibt Gruber: Durchfall, Depressionen oder Unverträglichkeiten von Nahrungsmitteln liessen sich als Zeichen für eine gestörte Darmflora deuten. Bei fast allen Zivilisationskrankheiten sei der Darm beteiligt.
Bei anderen Verkäufern ist die Mikrobiom-Analyse günstiger. Bei der Drogerie und Naturheilpraxis «Naturspross» in Wiesendangen ZH zum Beispiel gibt es eine Analyse ab 125 Franken.
«Es braucht noch weitere Forschung»
Experten zweifeln allerdings am Nutzen einer solchen Analyse. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten rät sogar von Stuhltests ab: «Sie sind sinnlos.» Es fehle die wissenschaftliche Grundlage. Auch der Infektiologe Christian Kahlert vom Kantonsspital St. Gallen hält «nichts» von solchen Tests. Es gebe zwar Hinweise, dass eine Veränderung der Darmflora die Gesundheit beeinflusst. Man müsse aber den Einfluss auf den Stoffwechsel besser kennen und zuerst verstehen, was die Bakterien im Darm genau tun.
Magen-Darm-Spezialist Rémy Meier von der Magen-Darm-Praxis in Basel ergänzt: Zurzeit sei unbekannt, welche Zusammensetzung der Darmbakterien krank machen könne. «Es braucht noch viel weitere Forschung.»
Verkäufer von solchen Tests werben damit, auch schwere Krankheiten wie Alzheimer oder Rheuma würden dazu führen, dass sich das Mikrobiom verändere – so etwa die Zürcher Naturheilpraxis von Claudia Gehrig.
Tests sind häufig fehlerhaft
Doch eine Übersichtsstudie, die das englische Fachblatt «British Medical Journal» dieses Jahr publizierte, konnte das nicht bestätigen. Die Forscher kritisieren, viele Ergebnisse habe man an Tieren ermittelt. Es sei nicht klar, ob die Resultate auch auf Menschen zutreffen. Laut Forschern der Universität Cork (IRL) gilt dies ebenso für Studien, laut denen auch bei psychischen Krankheiten die Darmflora verändert sei.
Mikrobiom-Tests seien zudem häufig fehlerhaft, sagt der Gastroenterologe Gerhard Rogler vom Unispital Zürich. Denn oft empfehlen die Verkäufer, vor der Analyse während einer Woche ausgewogen zu essen, mit viel Gemüse und Früchten. Deshalb ändern viele Testpersonen ihre Essgewohnheiten. Das könne die Zusammensetzung der Bakterien im Darm bereits beeinflussen. Rogler: «Einem solchen Ergebnis kann man deshalb nicht vertrauen.» Hinzu kommt, dass man die Proben per Post ins Labor schicken muss. Auch das verändert die Zusammensetzung der Bakterien: «Bei Raumtemperatur zerfallen Bakterien oder es wachsen Pilze.»
Roman Gruber räumt ein, dass teilweise noch nicht geklärt sei, wie Darmbakterien Krankheiten beeinflussen. Trotzdem seien solche Untersuchungen aussagekräftig, weil sich die Analyse ihres Labors «auf belegte Zusammenhänge beschränke». Ziel der Tests sei es, durch eine vielfältige Kost einen gesunden Darm zu fördern. Kunden würden darauf hingewiesen, vor den Tests die Ernährung nicht umzustellen. Zudem bringe ein Kurier die Proben ins Labor.
Die Drogerie Naturspross schreibt, dank den Tests könne man etwa herauslesen, ob nur wenige unterschiedliche Bakterien den Darm besiedeln. Das könne ihn «anfälliger für Krankheiten» machen. Der Versand per Post beeinträchtige zwar die Qualität des Tests, die Analyse sei aber dennoch möglich. Laut Claudia Gehrig stammen die Informationen auf ihrer Webseite von einem Labor.
Tipps: Das tut der Verdauung gut
- Essen Sie viel fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut, Joghurt und Kefir.
- Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Früchte und Gemüse sind reich an Ballaststoffen. Diese Fasern fördern die Verdauung.
- Nehmen Sie Antibiotika nur im Notfall. Das Medikament kann der Darmflora schaden.
- Bewegen Sie sich regelmässig. Das regt den Darm an.
- Unterdrücken Sie den Stuhlgang nicht. Denn das kann zu Blähungen, Schmerzen und Verstopfung führen.