Reformhäuser und Drogerien verkaufen Diätsalze, die den Blutdruck senken sollen. Zum Beispiel das «Blutdruck-Salz» der deutschen Firma Dr. Jacob’s. Es enthält nur halb so viel Natrium wie normales Kochsalz. Das Spezialsalz helfe, einen normalen Blutdruck aufrechtzuerhalten, schreibt der Hersteller auf der Packung. 100 Gramm «Blutdruck-Salz» kosten rund 5 Franken. Zum Vergleich: Die gleiche Menge Kochsalz kostet beim Grossverteiler knapp 10 Rappen.
Die Schweizer Naturheilmittelfirma A. Vogel verkauft ihr Diätsalz «Herbamare Diet» mit Kaliumchlorid und Kräutern für Fr. 5.50 pro 100 Gramm. Ähnlich teuer ist das «K-Sel» des französischen Herstellers Pileje, das ebenfalls gegen hohen Blutdruck helfen soll.
Ärzte raten von solchen Diätsalzen ab. Jochen Schuler, Mitherausgeber der Fachzeitschrift «Der Arzneimittelbrief», sagt: «Gesunden Personen empfehle ich keine Natriumreduktion.» Denn Natrium sei für die meisten Leute kein Problem. «Bei normalem Salzkonsum können die Nieren den Natriumhaushalt gut steuern», gibt Herzspezialist Schuler zu bedenken. Zudem schmecke den meisten Leuten natriumarmes Essen nicht. Und zu wenig Natrium sei auch nicht gesund. Der deutsche Verband für unabhängige Gesundheitsberatung schreibt auf seiner Internetseite sogar, dass Diätsalze bei Personen mit Nierenschwäche Beschwerden wie Verdauungsprobleme oder Herzrhythmusstörungen auslösen könnten.
Kaliumreiches Essen ist besser als Diätsalze
Fachleute schätzen, dass Natrium ohnehin nur bei rund der Hälfte der Bevölkerung den Blutdruck erhöht – vor allem bei den Senioren. Der Zürcher Hausarzt Thomas Walser rät über 65-Jährigen zu zurückhaltendem Salzkonsum. Auch wer einen zu hohen Blutdruck habe, sollte die Salzzufuhr beschränken.
Besser als Diätsalze ist kaliumreiches Essen. «Kalium senkt den Blutdruck», sagt Jochen Schuler. Kalium ist der natürliche Gegenspieler von Natrium: Je mehr Kalium im Blut ist, desto weniger Natrium enthält es. Eine Übersichtsstudie im «Journal of the American Heart Association» bestätigte diesen Zusammenhang im letzten Jahr: Leute mit einem hohen Salzkonsum und hohem Blutdruck können ihr Risiko für Herzkrankheiten vermindern, wenn sie mehr Kalium aufnehmen. Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, pro Tag 4 Gramm Kalium zu essen.
«Viel Früchte und Gemüse bringen mehr»
Diätsalze enthalten zwar oft mehr Kalium als normales Kochsalz. Dennoch halten es Fachleute wie der Berner Blutdruckforscher Franz H. Messerli für sinnvoller, Kalium mit einer ausgewogenen Ernährung zu sich zu nehmen: «Eine Ernährung mit viel Früchten und Gemüsen, die viel Kalium enthält, hat sich immer wieder als positiv für die Gesundheit erwiesen.» Verschiedene Gemüsesorten, Pilze und Nüsse liefern viel Kalium – aber auch Lachs oder Schokolade (siehe Tabelle im PDF). Zudem sei es für die meisten Leute einfacher, mehr Früchte und Gemüse zu essen, als aufs Kochsalz zu verzichten, sagt Messerli.
Hersteller Dr. Jacob’s räumt ein, sein «Blutdruck-Salz» sei bei einer ausgewogenen Ernährung nicht notwendig. Viele Leute würden aber mit der normalen Nahrung zu wenig Kalium aufnehmen. Diese könnten mit Diätsalz die Kaliumzufuhr erhöhen.
Die Firma A. Vogel entgegnet der Kritik der Ärzte, dass «Herbamare Diet» kein Arzneimittel sei. Ausserdem stehe auf der Verpackung, dass Nierenpatienten das Produkt nur nach ärztlicher Beratung verwenden sollten.