Fritz Hegi unternimmt mindestens einmal pro Woche eine Wanderung. Besonders gern ist der 79-jährige Berner im Winter unterwegs. «Die Landschaft ist dann mystisch», schwärmt er. Eine Wanderung ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: der Winterwanderweg von St. Antönien nach Pany im bündnerischen Prättigau. «Schon die Hinfahrt mit dem Postauto ist eindrücklich», erzählt er. Über unzählige Kurven geht es damit den Hang hinauf, bis man im kleinen Ort St. Antönien auf 1450 Meter Höhe ankommt. Nach einem kurzen Aufstieg führt der Wanderweg durch einen tiefverschneiten Wald. «Das ist wie im Märchen», schwärmt Hegi. Darauf folgt eine grosse Ebene, unter der Schneedecke liegt ein Moor. Die Sicht geht auf und auch das Herz.
Walser siedelten in abgelegenen Bergtälern
Winterwandern bietet unvergessliche Erlebnisse: Die Luft ist klar, der Schnee glitzert. Es knirscht unter den Schuhen – ansonsten ist es still. Besonders eindrücklich sind Routen durch abgeschiedene Walserdörfer wie St. Antönien. Die Walser wanderten ab dem 13. Jahrhundert vom Wallis her nach Graubünden und Norditalien aus. Sie siedelten sich dort an, wo es noch Platz hatte – in hoch gelegenen Regionen. Noch heute sind Walserdörfer relativ schneesicher. Sie eignen sich deshalb gut für stimmungsvolle Winterwanderungen. Der Gesundheitstipp hat acht solche Wanderungen zusammengestellt.
Zwei davon führen durch Walliser Orte im Goms und im Lötschental. Peter Salzmann von der Internationalen Walservereinigung erklärt: «Das Lötschental ist einer der Ursprungsorte der Walser.» Einzelne Gruppen gelangten von dort aus übers Urserental ins Bündner Oberland.
Die Walser besiedelten auch das Safiental. Der Winterwanderweg Thalkirch GR führt bis zuhinterst in das Tal der Surselva. Hier begegnet man den typischen Siedlungen mit den einfachen Holzblockhäusern. Nur die Küche mit der Feuerstelle darin war aus Stein. Geheizt wurde nur die Stube. Sie bildete das Zentrum des Hauses, wo man ass und arbeitete. Kühl war es hingegen in den Schlafzimmern im oberen Stock.
Besonders still ist es im abgelegenen Averstal. Es ist mit dem Postauto erreichbar. Die Wanderung führt ins Bergalgatal, in die unberührte Natur.
Früher hiess es, die Walser seien ausgewandert, weil das Wallis überbevölkert war. Heute sagen Experten wie Thomas Gadmer von der Walservereinigung Graubünden, die Walser seien von lokalen Herren gezielt angeworben worden: «Diese wollten ihre Macht stärken, indem sie abgelegene Orte besiedelten und bewirtschafteten.» Die Walser bekamen dafür zahlreiche Rechte. «So durften sie ihre Dörfer selbst verwalten», sagt Gadmer.
Die Walser lebten hauptsächlich von der Viehwirtschaft. «Auf städtischen Märkten verkauften sie Käse oder Tiere und kauften dafür Produkte, die sie selbst nicht herstellen konnten», sagt Gadmer. Die Nachkommen der Walser erkennt man an ihrem Dialekt, der dem Walliserdeutsch ähnelt. Sie sagen etwa ihren Häusern «Hüüscher» oder «Hiischer».
Wichtig fürs Winterwandern ist eine passende Ausrüstung. Fritz Hegi trägt Wanderschuhe mit gutem Profil. Meist nimmt er Schuheisen mit, die er an die Schuhe schnallt, wenn es etwas eisig ist. Marc Kipfer von der Beratungsstelle für Unfallverhütung empfiehlt zusätzlich Gamaschen, damit kein Schnee in die Schuhe eindringen kann. Man braucht auch warme Kleider. Hegi trägt warme Unterwäsche und darüber bis zu drei Schichten Kleider. Stöcke hat er zwar dabei, aber meistens trägt er sie im Rucksack.
Acht Winterwanderungen zu Walserdörfern
1 Winterwanderweg Fafleralp
- Route: Blatten VS (Lötschen) – Kühmatt – Fafleralp – Blatten
- Wanderzeit: 3 Stunden
- Aufstieg: 280 m, Abstieg: 280 m
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Infos:Schweizmobil.ch
2 Gommer Höhenweg
- Route: Münster VS – Oberwald VS
- Wanderzeit: 2 Stunden 30 Minuten
- Aufstieg: 110 m, Abstieg: 100 m
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Infos:Wandersite.ch
3 Urserental-Weg
- Route: Andermatt UR – Realp UR
- Wanderzeit: 3 Stunden
- Aufstieg: 190 m, Abstieg: 90 m
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Infos:Schweizmobil.ch
4 St. Antönien-Pany-Weg (Prättigau) Route: St. Antönien GR – Pany GR
- Wanderzeit: 3 Stunden 30 Minuten
- Aufstieg: 380 m, Abstieg: 480 m
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Infos:Schweizmobil.ch
5 Sertigtal
- Route: Davos Frauenkirch GR – Sertig Dörfli – Sertig Sand – Walserhuus Sertig
- Wanderzeit: 4 Stunden, Aufstieg: 370 m,
- Abstieg: 20 m, Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Infos:Wegwandern.ch -> Suchen -> Suchbegriff: Sertigtal
6 Tal Sapün
- Route: Langwies GR – Sapün – Heimeli
- Wanderzeit: 2 Stunden (Hinweg)
- Aufstieg: 500 m, Abstieg: 500 m
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Infos:Gesundheitstipp.ch/langwies-sapuen
- Tipp: Schlitten mitnehmen und zurückfahren
7 Winterwanderweg Thalkirch (Safiental)
- Route: Thalkirch GR, Turrahus – Wanna – Z’Hinderst – Thalkirch, Turrahus
- Wanderzeit: 2 Stunden
- Aufstieg: 150 m, Abstieg: 150 m
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Infos:Schweizmobil.ch
8 Hochtal Avers
- Route: Juppa GR – Vorder Bergalga – Nüwa Stofel – Vorder Bergalga – Juppa
- Wanderzeit: 2 Stunden
- Aufstieg: 96 m, Abstieg: 96 m
- Schwierigkeitsgrad: Leicht
- Infos:Gesundheitstipp.ch/hochtal-avers
Winterwandern: Das gilt es zu beachten
- Planen Sie genügend Zeit ein: Im Winter wird es früher dunkel als im Sommer. In abgelegenen Tälern wie Safien oder Avers lohnt sich mindestens eine Übernachtung.
- Informieren Sie sich über Wetter, Schneeverhältnisse und Lawinengefahr, zum Beispiel beim Tourismusbüro.
- Tragen Sie Ihr Handy nahe am Körper, bei Kälte ist der Akku schneller leer.
- Machen Sie kürzere Touren als im Sommer, denn Wandern im Schnee ist anstrengender.
- Nehmen Sie eine Sitzunterlage, Proviant, warmen Tee in einer Thermoskanne und Traubenzucker mit.