Chirurgen operieren immer mehr Übergewichtige. Die meisten Patienten erhalten einen Magen-Bypass: Chirurgen trennen einen kleinen Teil des Magens ab und verbinden ihn an zwei Stellen mit dem Dünndarm. Vor zehn Jahren führten sie rund 1700 dieser Operationen durch, vor zwei Jahren 4800. Das zeigt die Statistik der Fachgesellschaft «Swiss Society for the Study of Morbid Obesity» (Smob). Krankenkassen zahlen den Eingriff ab Body-Mass-Index 35.
Jetzt gibt es eine neue Methode: den Mini-Gastric-Bypass. Der Zürcher Chirurg Mischa C. Feigel schreibt auf seiner Website, die Operation sei «technisch vergleichsweise einfach» und dauere weniger lang. Auch das Inselspital und das Luzerner Kantonsspital führen sie durch.
Doch eine neue Studie in der Fachzeitschrift «The Lancet» zeigt: Patienten leiden vermehrt unter Nebenwirkungen wie dem Aufstossen von Galle, Durchfall und anderen Verdauungsproblemen. Kommt dazu: Die neue Methode ist auch nicht effizienter als die alte. Die Studie untersuchte 234 Patienten. Die eine Hälfte erhielt einen Magen-Bypass, die andere einen Mini-Gastric-Bypass. Die Teilnehmer beider Gruppen nahmen gleich viel ab – im Durchschnitt ein Drittel ihres Gewichts.
Eine Umfrage des Gesundheitstipp bei Spitälern zeigt: Nur wenige Ärzte wenden die neue Operationsmethode an. Thomas Frick, Gesamtleiter Bariatrie am Ostschweizer Adipositaszentrum in St. Gallen, sagt: «Die Vorteile wiegen die Nachteile nicht auf. Das Risiko für Nebenwirkungen ist aus meiner Sicht unzumutbar.» Auch Marco Bueter, Leitender Arzt am Universitätsspital Zürich, führt den Eingriff nicht durch. Bueter vermutet, das vermehrte Aufstossen von Galle könnte das Risiko für Magenkrebs erhöhen. Die Langzeitfolgen seien «vollkommen unklar», sagt er.
Mini-Gastric-Bypass nur in Studien erlaubt
Ralph Peterli, Leiter Forschung am Universitären Bauchzentrum Basel und Smob-Präsident, sagt, in der Schweiz sei der Mini-Gastric-Bypass nur im Rahmen von Studien erlaubt. Der Name «Mini-Bypass» erwecke den falschen Eindruck, es handle sich um eine harmlose Operation. Die Gefahr von schweren Mangelerscheinungen sei «wahrscheinlich sehr viel höher» als in den bisherigen Studien veröffentlicht.
Das Luzerner Kantonsspital und das Inselspital in Bern führen den Mini-Gastric-Bypass nur in ausgewählten Fällen als Zweitoperation durch – bei Patienten, bei denen eine andere Methode nicht half. Das Inselspital erklärt, man wende sie nur bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Leberkrankheit an. Das Luzerner Kantonsspital sagt, seine Ärzte würden ein kürzeres Stück des Dünndarms mit dem Magen verbinden. Deshalb sei das Risiko von Nebenwirkungen geringer als in der «Lancet»-Studie.
Chirurg Feigel hält fest, es gebe genügend längerfristige Studien zum Mini-Gastric-Bypass, die zeigen, dass die Operation sicher sei. Nach seiner Erfahrung gebe es zwar mehr Reflux bei dieser Methode, aber nicht mehr Durchfall und Fettstuhl. Der Nutzen einer Operation müsse immer mit dem Risiko abgewogen werden.