Da war dieses Pfeifen. Mitten in der Nacht liess es den 14-Jährigen aus Murten FR aufschrecken. Ein extrem hoher Pfeifton, der in den Ohren so schmerzte, dass er nicht mehr schlafen konnte. Bis das Pfeifen wieder verstummte.
Der Pfeifton kam von einem Gerät im Garten des Nachbarn Andreas Rüfenacht. Weil die Katzen aus der Nachbarschaft ihr Geschäft mit Vorliebe auf seinem Gartensitzplatz verrichten, kaufte er sich bei Aldi den Solar-Ultraschall-Tiervertreiber «UTV-1». Er stellte ihn auf dem Rasen vor seinem Haus auf und freute sich, an lauen Sommerabenden nicht länger den beissenden Geruch von Katzenkot in der Nase zu haben. Doch die Freude sollte nicht lange anhalten.
Rüfenacht gaben die Sorgen des Nachbarn zu denken. Er selber konnte den Pfeifton des Tiervertreibers zwar nicht hören. Aber auch seine 7-jährige Enkelin meinte sofort: «Das tut weh, Grosspapi! Schalte dieses Gerät bitte aus!» Also verstaute Rüfenacht das Gerät, das Nagetiere, Hunde, Füchse, Katzen und Vögel vertreiben soll, wieder in der Originalverpackung und sendete es dem Gesundheitstipp.
Zwei Programme nicht im Ultraschallbereich
Beat Hohmann, Leiter Bereich Physik der Suva, hat das Pfeifen des Tiervertreibers für den Gesundheitstipp gemessen. Sein Fazit: «Das Gerät ist ebenso ein Kinderquäler wie ein Tiervertreiber. Solche Einwirkungen auf ein Nachbargrundstück sind unbedingt zu vermeiden.»
Denn der Solar-Ultraschall-Tiervertreiber lärmt nicht nur im Ultraschallbereich, wie der Name vermuten liesse. Die Programmstufen 1 und 2 liegen gar nicht und die dritte nur zum Teil im Ultraschallbereich, wie Hohmann sagt. Er erklärt: «Als Ultraschall – und damit nicht hörbar – gelten Frequenzen über 20 kHz.»
Die ausgesendeten Signale sind sehr laut. In einer Distanz von 50 cm wurden bis zu 104 Dezibel gemessen. «Die Pfeiftöne sind aber auch in einer Distanz von 8 Metern noch gut hörbar», so Hohmann. Der Schallpegel nehme zwar mit der Entfernung ab, liege aber auch bei 8 Metern noch 9 bis 45 Dezibel über der normalen Hörschwelle junger Leute.
«Ein unnatürliches Signal»
Das heisst: Der Tiervertreiber war sogar auf dem Nachbargrundstück von jungen Erwachsenen und Kindern noch gut zu hören. Aufgrund des Schallpegels und der Frequenz wäre einzig das Programm 3 unbedenklich. Doch selbst dann können die hohen Frequenzen Kinder immer noch vom Schlafen abhalten und in den Ohren wehtun.
In der Bedienungsanleitung des Tiervertreibers steht nur, dass einige hohe Frequenzen bei empfindlichen Menschen unter Umständen zu körperlichen Irritationen führen könnten, zum Beispiel zu Schwindelgefühlen. Eine Angabe zum Schallpegel fehlt, wäre aber nach Ansicht Hohmanns ebenso wichtig: «Denn beim Pfeifton handelt es sich um ein unnatürliches Signal, das auch nicht von anderen Geräuschen überdeckt wird.» Dem stimmt der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Andreas Schapowal zu: «Dieses Pfeifen kann durchaus als lästig empfunden werden.» Zu Hörschäden, etwa eine Innenohrschwerhörigkeit oder Tinnitus, könne es hingegen nur in unmittelbarer Nähe des Geräts kommen. Schapowal würde es begrüssen, wenn solche Geräte nur Töne im Ultaschallbereich aussenden würden, die für Menschen nicht hörbar sind.
Aldi Suisse bedauert, dass es durch den Tiervertreiber «zu Störungen» gekommen ist. Bevor ein Artikel in den Verkauf gelange, unterliege er strengen internen und externen Kontrollen, schreibt Aldi. Der Artikel entspreche den geltenden europäischen Normen und den gesetzlichen Vorgaben. Der Käufer könne das Gerät gegen Erstattung des Kaufbetrags in einer Filiale von Aldi Suisse zurückgeben.
Alternativen zum Tiervertreiber
Gegen Marder
- Auto anderswo parkieren.
- An die entsprechenden Stellen im Motor ein Büschel Hundehaare kleben.
- Alte Gummistiefel unters Auto legen.
- Garage gut verschliessen.
Gegen Katzen
- Den Garten einzäunen.
- Eine eigene Katze zulegen, die den Garten verteidigt.
- Wasserstrahl zur Katze lenken, aber nicht direkt auf die Katze richten.
- Kaffeesatz oder Pfeffer im Garten ausstreuen.
- Knoblauchzehen vergraben.
- Apfelessig ausgiessen.
Gegen Hunde
Gegen Füchse
- Petrolgetränkte Tücher in die Büsche hängen oder über Stangen stülpen.
- Nahrungsquellen aus dem Garten entfernen.
Gegen alle ungebetenen Gäste im Garten
- Tiervertreiber mit Wassersprinkler (funktioniert über einen Bewegungssensor) aufstellen.