Seit zwei Jahren ist das Krebsmittel Stivarga des Pharmariesen Bayer auf den Markt. Ärzte verschreiben es, wenn der Darmkrebs trotz der üblichen Chemotherapien weiter wächst und Ableger gebildet hat.
Doch die Fachleute des unabhängigen deutschen Informationsblatts «Der Arzneimittelbrief» kamen kürzlich zum Schluss: «Stivarga bringt den Patienten kaum Vorteile.» Ein Zusatznutzen sei nicht eindeutig belegt, so Herausgeber und Krebsspezialist Wolf-Dieter Ludwig. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam das deutsche Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Die bisherigen Studien zeigten, dass Stivarga die Lebenszeit der Krebskranken im Schnitt nur um wenige Wochen verlängerte. Mehr als die Hälfte bezahlte dies zudem mit starken Nebenwirkungen. Dazu gehörten schmerzhafte Hautschäden an Händen und Füssen, starke Müdigkeit, Durchfall, Infekte, Blutungen und Leberschäden. Einige Patienten starben an den Nebenwirkungen.
Die Therapie mit Stivarga kostet pro Jahr rund 67 000 Franken. Für Krebsspezialist und Chefarzt Thomas Cerny vom Kantonsspital St. Gallen sind die hohen Kosten für neue Krebsmedikamente ein Problem. Er setzt das Mittel nur bei ausgewählten Patienten ein, denen es insgesamt noch gut geht. Zudem genüge oft eine deutlich geringere Dosis als vom Hersteller empfohlen. «Dann ist die Verträglichkeit des Mittels meist akzeptabel», so Thomas Cerny.
Im «Arzneimittelbrief» raten die Fachleute, dass Ärzte ihre Patienten auf jeden Fall gründlich aufklären sollten, wie wenig Stivarga nütze und wie giftig es sei. Sie fordern von Hersteller Bayer, dass er Wege finde, wie man diejenigen Patienten identifizieren könne, die wenigstens «in einem klinisch relevanten Ausmass» auf das Medikament ansprechen.
Bayer erklärt, es sei dem Unternehmen ein Anliegen, dass Arzneimittel «zielgerichtet» eingesetzt werden können. Man unterstütze deshalb entsprechende Studien oder führe sie selber durch. Stivarga könne das Leben in vergleichbarem Ausmass verlängern wie ältere Medikamente. Das gelte für Dick- und Enddarmkrebs mit Metastasen. Die Behörden hätten Stivarga anhand der Zulassungsstudie für wirksam befunden und den Preis geprüft und festgesetzt.