Der Grundsatz von Clean Eating (engl.: sauber essen) ist löblich: Die Nahrungsmittel sollen möglichst natürlich sein, unverarbeitet und ohne Zusätze. Mittlerweile ist auch die Industrie auf den Zug aufgesprungen und verkauft Produkte unter dem Label Cleanfood. Beispiel Diätriegel: Sie tragen Namen wie Isano, Swiss-Qube oder Vegisan. Mit ihnen solle man nicht nur schnell und ohne Hungergefühl abnehmen, sondern den Körper gleichzeitig mit wichtigen Nährstoffen versorgen.
Die Produkte sollen zudem den Körper entsäuern, entgiften und gezielt die Fettverbrennung ankurbeln. Eine Tagesration hat gerade mal 1000 Kalorien. Die Verkäufer empfehlen, täglich zehn Riegel im Abstand von 90 Minuten zu essen. Die Kur könne man bis zu drei Wochen durchführen.
Fettverbrennung lässt sich so nicht ankurbeln
Doch diese Produkte haben laut Experten nichts mit gesunder und vor allem natürlicher Ernährung zu tun. Sport- und Präventivmediziner Jürg Kuoni aus Zürich ist entsetzt: «Was man hier verspricht, ist schlicht Unsinn.» Die Fettverbrennung könne man mit diesen Riegeln nicht ankurbeln. Natürlich reduziere man auch Fett, wenn man kaum Kohlenhydrate zu sich nehme. «Am Anfang verliert man aber vor allem Wasser.»
Arzt und Ernährungsfachmann David Fäh von der Berner Fachhochschule glaubt nicht an einen längerfristigen Gewichtsverlust: «Weil man so sein Essverhalten nicht ändert, sind die Kilos nach dem Absetzen der Riegel schnell wieder da.» Auch sei eine so eintönige Ernährung auf Dauer nicht gesund.
Kuoni kritisiert zudem die angegebene Tagesration an Kalorien: «Der Energiebedarf ist mit 1000 Kalorien bei weitem nicht erfüllt.» Im Ruhezustand verbraucht der Körper rund 25 Kalorien pro Kilogramm Körpergewicht. Bei einer 60 Kilo schweren Frau sind es also bereits 1500 Kalorien. Erfüllt man diesen Bedarf nicht, kann sich der allgemeine Zustand verschlechtern. «Man ist müde, beginnt zu frieren oder ist nicht leistungsfähig», sagt der Präventivmediziner.
Beide Experten stören sich daran, dass die Hersteller damit werben, dass ihre Diätriegel «rein natürlich» seien. Kuoni: «Da ist gar nichts natürlich. Das ist ein reines Fabrikprodukt.» Fäh: «Die Produkte sind stark verarbeitet.»
Die Hersteller vertreiben ihre Riegel hauptsächlich übers Internet. Vegisan gibt es auch in verschiedenen Fitnesszentren, zum Beispiel in Fitnessparks der Migros. Kuoni hält das für bedenklich: «Das Ganze ist ein ernährungsmedizinischer Unsinn. Ich kann nicht verstehen, warum die Migros da mitmacht.»
Die Migros schreibt, sie sehe im «innovativen» Produkt gesundheitliche Vorteile und biete ihm deshalb eine Plattform.
Laut dem Hersteller von Vegisan haben Messungen gezeigt, dass Vegisan Fett abbaue. Mit knapp 1000 Kalorien bringe das Speziallebensmittel den nötigen Energiebedarf – und es sei natürlich hergestellt. Auch erfülle es die gesetzlichen Bestimmungen.
Der Isano-Hersteller teilt mit, sein Produkt fördere «Schlankmacherbakterien». Durch das Essen der Riegel lägen die Insulinwerte «quasi immer» im Fettabbaubereich. Zwar könne es in den ersten zwei Tagen zu Unwohlsein kommen. Danach seien die Anwender aber sportlich und mental leistungsfähiger.