Sie laufen als ehemaliger Flüchtling bei Waffenläufen regelmässig um den Sieg mit. Gab es nie böse Kommentare?
Nein. Ich erlebe die Laufsportszene als sehr kameradschaftlich. Wer anständig ist und Freude am Laufen hat, wird herzlich aufgenommen – egal welche Hautfarbe, Religion oder Sexualität er hat.
Wie kamen Sie zum Waffenlauf?
Ein Kollege meinte: Bolanle, wir gehen jetzt an einen Waffenlauf. Der Organisator im Aargau lieh mir einen Tarnanzug, den Militärrucksack und das Sturmgewehr. Mein erster Gedanke war: Wie soll ich in dieser Montur laufen? Bald wusste ich: Das geht erstaunlich gut.
In Ihrer Altersgruppe erzielten Sie sogleich ein Spitzenresultat.
Ja. Nach einigen Stadt- und Waffenläufen realisierte ich, dass mir Laufen liegt. Das ist lustig, weil ich bis vor fünf Jahren keinen Sport trieb.
Was war vor fünf Jahren?
Ich arbeitete unter der Woche viel und feierte an den Wochenenden ausgiebig. Ich trank Alkohol, wurde dicker, kurz: Ich liess mich gehen. Irgendwann wurde ich krank. Der Hausarzt ermahnte mich zu mehr Bewegung. Tage später meldete ich mich bei der Laufgruppe eines nahen Tankstellenshops.
Längst nicht alle befolgen den Rat des Arztes.
Stimmt. Er war überrascht, wie zielstrebig ich vorging. Am Ende waren es aber handfeste Gründe, warum ich drangeblieben bin: Dank dem Laufen hellte sich meine Stimmung auf. Zudem sah ich nach einiger Zeit im Spiegel einen definierten Körper. Unter uns: Das hat mich auch angespornt.
Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Ich bin entspannt und zugleich fokussiert. Zudem bringe ich körperlich gute Voraussetzungen mit.
Immer wieder hört man: Schwarze rennen schneller als Weisse. Was denken Sie?
Das ist erwiesenermassen falsch. Schwarze haben keinen genetischen Vorteil, der sie zu besseren Läufern machen würde. Das haben mehrere Studien gezeigt.
Aber warum kommen viele gute Läufer aus der Subsahara?
Weil sie im Hochland trainieren und sich stark pflanzlich ernähren. Das bringt Vorteile bei der Ausdauer. Und viele sehen im Laufen eine Chance, der Armut zu entkommen. Würde ein Schweizer mit weisser Hautfarbe in Kenia aufwachsen und Laufsport machen, er hätte auch diese gute Kondition.
Bis wann wollen Sie noch an Läufen teilnehmen?
Solange meine Beine mich tragen. Laufen ist für mich ein Lebensstil. Heute ernähre ich mich gesund und trinke nur noch selten Alkohol. Auch achte ich mehr auf meine Kleidung und mein Äusseres. Das Beste sind aber all die Freunde, die ich gefunden habe.
Bolanle Adededji
Der gebürtige Nigerianer kam 1997 als politisch Verfolgter in die Schweiz. Hier erhielt Bolanle Adededji Asyl, lernte Deutsch und fand im Migros-Verteilzentrum in Neuendorf SO eine Stelle als Küchenhilfe. Adededji startet an Berg-, Stadt- und Waffenläufen in der ganzen Schweiz und trainiert mindestens vier Mal pro Woche. Er lebt in Kappel SO.