Benjamin Holzer aus Biel BE spürte am 3. August 2020 plötzlich starke Schmerzen im rechten Unterschenkel. Er zitterte am ganzen Körper und hatte hohes Fieber. «Es kam wie aus dem Nichts», erzählt der heute 40-Jährige, der damals 200 Kilo wog. Die Ärzte im Inselspital operierten ihn noch in der gleichen Nacht. Dabei stellten sie fest, dass die Haut am Unterschenkel, das darunterliegende Gewebe und die Lymphwege stark entzündet waren.
Weitere zehn Operationen folgten, die meisten davon in Vollnarkose. Zuletzt trugen die Ärzte grossflächig Gewebe ab und deckten die Wunde mit transplantierter Haut vom gesunden Bein. Erst jetzt war die Infektion besiegt. «Ich war fix und fertig», erinnert sich Benjamin Holzer.
«Spitalärzte halfen mir nicht weiter»
Am 9. September 2020 konnte Holzer das Berner Inselspital verlassen. Sein Unterschenkel ist seither zweieinhalb Zentimeter dünner als vorher. Er muss das Bein sein Leben lang akribisch pflegen, weil transplantierte Haut schnell reissen und sich entzünden kann. Zudem muss er den Unterschenkel mindestens jeden zweiten Tag von der Spitex einfetten, polstern und einbandagieren lassen.
Genau das wurde nach Benjamin Holzers Heimkehr zum Problem. Denn die Ärzte fanden keine Klinik, welche die Rehabilitation übernahm. «Die Ärzte im Inselspital halfen mir überhaupt nicht weiter», sagt Holzer. Schliesslich zog er zu seiner 72-jährigen Mutter, einer gelernten Krankenschwester. Im Kinderzimmer päppelte sie ihren Sohn wieder auf.
Krankenkasse verweigerte Zahlung
Hinzu kam: Auch mit der Krankenkasse Groupe Mutuel gab es Schwierigkeiten. Sie weigerte sich, die Kosten von Fr. 524.30 zu übernehmen für den Gazeverband Bactigras, der mit Antibiotika beschichtet ist. Das brachte Wenigverdiener Holzer in finanzielle Probleme. Er sagt: «Ich fühlte mich völlig allein gelassen und hatte nicht die Kraft, mich zu wehren.» Die Stiftung Pro Infirmis sprang schliesslich ein und übernahm die Kosten für den Verband.
Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt dazu: «Die Ärzte hätten in einem Zeugnis klar festhalten müssen, dass der Patient Bactigras als Heilmittel immer noch braucht und nicht nur als Hilfsmittel, das von der Kasse nicht bezahlt werden muss.»
Als es ihm besser ging, reklamierte Holzer doch noch. Danach prüfte die Groupe Mutuel das Anliegen und stellte dabei fest, dass der Gazeverband Bactigras unerlässlich war. Sie übernahm schliesslich die Kosten und entschuldigte sich bei Holzer. Das Berner Inselspital nahm zu den Vorwürfen nicht Stellung. Man biete dem Patienten ein Gespräch an.
Das gilt bei einem Spitalaustritt
Das Spital muss
- notwendige Therapien oder Beratungen verordnen,
- einen Austrittsbericht ausstellen für den Hausarzt,
- Rezepte für Medikamente ausstellen,
- Hilfsmittel wie Rollstuhl, Krücken, Verbandsmaterial organisieren,
- ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis ausstellen,
- Rehabilitation organisieren, falls diese vom Spital als nötig erachtet wird,
- der Spitex alle relevanten Angaben weitergeben und falls nötig Termin abmachen,
- über weitere Kontrolltermine im Spital informieren
Der Patient muss
- den Transport nach Hause organisieren und bezahlen, falls nicht Angehörige fahren,
- mit der Spitex einen Termin abmachen, falls dieser nicht sofort nötig ist,
- Mit dem Hausarzt einen Termin vereinbaren.