Natsume Wegmann lebt seit 18 Jahren in der Schweiz. Die gebürtige Japanerin ist Ernährungstherapeutin und mag die leichte Küche ihrer Heimat: «Im Winter koche ich oft MisoSuppe.» Sie schneidet dazu Lauch, Rüebli und Pilze in ganz feine Scheiben, würfelt ein Stück Süsskartoffel und kocht alles in einer Fischbouillon. Kurz vor dem Servieren fügt Wegmann in Würfel geschnittenen Tofu und Miso- Paste hinzu. Die Paste aus fermentierten Sojabohnen verleiht der Suppe ein würziges Aroma. Am Schluss gibt Natsume Wegmann eine Handvoll getrocknete Algen in die Suppe und serviert sie in kleinen Schalen.
Suppen sind sehr beliebt, auch mit Weizen- und Buchweizennudeln: Solche Mahlzeiten sind schmackhaft und sättigen lange. Kein Wunder, sind in Japan rund zehnmal weniger Menschen übergewichtig als in der Schweiz. Das zeigt ein Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Japaner haben zudem ein viel geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Krebs. Das fand der japanische Forscher Kayo Kurotani vor zwei Jahren in einer grossen Studie heraus, die das «British Medical Journal» publizierte. Kurotani und sein Team hatten fast 80 000 Landsleute während 15 Jahren zu ihrem Essverhalten befragt.
In Japan isst man viel weniger tierische Fette als in Europa. Viele Japaner vertragen Milchprodukte nicht und greifen deshalb sehr selten zu Milch, Rahm und Käse. Auch Fleisch kommt nur hin und wieder auf den Teller. Umso begehrter ist dafür Fisch.
Pro Mahlzeit gibt es drei Gemüsegerichte
Nina Steinemann ist Ernährungswissenschafterin und forscht an der Universität Zürich. Sie sagt: «Fetter Meerfisch enthält viel Omega-3-Fettsäuren. Sie schützen das Herz und sind gut für den Kreislauf und fürs Immunsystem.» Beliebter als Fleisch ist auch Tofu: Er besteht aus Sojabohnen, viel Eiweiss und wenig Fett.
Die japanische Küche punktet zudem mit viel Gemüse. Das mag Atsuko Lampart-Fujii. Sie wohnt seit über 25 Jahren in der Schweiz und sagt: «Zu einer japanischen Mahlzeit gehören drei verschiedene Gemüsegerichte.» Sie sollen möglichst verschiedene Farben haben und unterschiedlich zubereitet sein. Nina Steinemann ergänzt: «Im Gemüse hats viele Pflanzenstoffe, die unter anderem die Zellen schützen.» Je farbiger das Gemüse, desto grösser ist die Vielfalt dieser Inhaltsstoffe.
Reis kommt mehrmals täglich auf den Tisch. Das erstaunt zwar auf den ersten Blick, denn weisser Reis lässt den Blutzucker rasch ansteigen und abfallen: Man ist deshalb bald wieder hungrig. Doch Ernährungsberaterin Beatrice Fischer aus Kehrsatz BE sagt: «Die Reisportionen in Japan sind kaum halb so gross wie bei uns.» Eine Portion entspricht etwa drei Esslöffeln Reis. Ausserdem ist er nur eines von mindestens fünf Gerichten einer Mahlzeit. Zusammen mit Fisch und Gemüse sättigt er lange.
Fertigprodukte sind verpönt
Fertigprodukte sind in der traditionellen japanischen Küche verpönt. Sie enthalten häufig ziemlich viele versteckte Fette und Zucker. Wer über Mittag nicht ins Restaurant geht, nimmt seine Mahlzeit von zu Hause mit und isst sie am Arbeitsplatz. Lampart sagt: «Sehr beliebt sind Bento-Boxen mit ihren unterschiedlich grossen Fächern.» Japaner legen Wert auf frische und saisongerechte Nahrungsmittel aus der Region. Atsuko Lampart sagt: «In Küstenregionen isst man eher Hummer und Austern, in Bergregionen eher Süsswasserfisch und lokales Gemüse.» Dank der kurzen Transportwege bleiben die Vitamine und Nährstoffe erhalten.
Süssigkeiten kommen eher selten auf den Tisch. Desserts wie Bällchen aus Reismehl oder Omeletten mit Bohnenmus schmecken viel weniger süss als in Europa. Ausserdem isst man meist nur kleine Mengen, zum Beispiel zum Grüntee.
Jean-Marc Sujata aus Zürich lebte ein Jahr als Praktikant in Japan. Er erinnert sich: «Manchmal brachte jemand zum Zvieri Guetsli mit. Sie waren einzeln verpackt – und man ass jeweils nur ein Stück.»
Kochen braucht Zeit, ist aber nicht schwierig
Japanisch kochen ist relativ aufwendig, aber nicht schwierig. Der Gesundheitstipp hat einfache Rezepte für japanische Gerichte zusammengestellt (siehe Merkblatt unten). Wer nicht eine ganze Mahlzeit japanisch kochen möchte, baut einfach nur eine oder zwei der gesunden Speisen aus der japanischen Küche in den Alltag ein. Wichtige Ernährungstipps:
- Essen Sie mehr Suppen, vor allem auf Bouillonbasis, ohne Rahm.
- Schöpfen Sie kleine Portionen von verschiedenen Speisen.
- Essen Sie buntes Gemüse.
- Reduzieren Sie den Fleischkonsum und essen Sie mehr Fisch und Tofu.
- Trinken Sie viel Grüntee.
- Kochen Sie mit wenig Öl und Fett, zum Beispiel im Wok.
Gratis-Merkblatt: «Japanisch essen»
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen gegen ein frankiertes und adressiertes C5-Antwortcouvert bei: Gesundheitstipp, «Japan», Postfach 277, 8024 Zürich.