Schweizer Ärzte verschreiben vermehrt starke Schmerzmittel wie Fentanyl, Oxycodon oder Tramadol. Fachleute kritisieren: Diese sogenannten Opioide machen schnell abhängig. Eine Überdosis kann einen tödlichen Atemstillstand zur Folge haben (Gesundheitstipp 6/2019). Jetzt zeigt eine Studie der Universität Genf, dass Tramadol für Kinder besonders riskant ist. Die Forscher berichteten von 15 Todesfällen weltweit bei Kindern und Jugendlichen im Alter von wenigen Monaten bis 17 Jahren.
Das Medikament kann die Atmung lähmen
Die Genfer Forscher werteten Meldungen aus, die von 1992 bis 2016 bei der Weltgesundheitsorganisation eingingen. Alle 15 Kinder hatten das Schmerzmittel Tramadol erhalten. Sie starben, weil das Mittel die Atmung lähmte. Der Grund: Der Stoffwechsel mancher Kinder verarbeitet den Wirkstoff besonders schnell – und das kann zu einer Überdosis führen. Besonders riskant ist das bei ambulanten Operationen, denn bei ihnen kann das Spitalpersonal die Kinder nach der Behandlung nicht überwachen. Die Wissenschafter empfehlen deshalb, bei ambulanten Behandlungen ein Schmerzmittel ohne den Wirkstoff Tramadol zu verwenden.
Kindern möglichst andere Mittel geben
Etzel Gysling, Arzt aus Wil SG und Herausgeber der Zeitschrift «Pharma-Kritik», sagt, er gebe Kindern wenn immer möglich keine Opioide, sondern andere Schmerzmittel wie Ibuprofen. Nur bei sehr starken Schmerzen verabreiche er Morphin. Es gehört zwar auch zu den Opioiden, aber man kann es laut Gysling zuverlässiger dosieren.Wenn man Kindern Opioide gebe, müsse man sie gut überwachen, um tödliche Folgen zu verhindern, sagt Etzel Gysling. Zu den Alarmzeichen gehören Atemprobleme, Verwirrtheit oder Schläfrigkeit.
Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber der Zeitschrift «Arznei-Telegramm», fordert, dass die europäischen Behörden Tramadol nicht mehr für Kinder und Jugendliche zulassen.
Hersteller Grünenthal entgegnet, Tramadol sei ein «sinnvolles und notwendiges» Schmerzmedikament. Die meisten verstorbenen Kinder hätten nebst Tramadol noch andere Schmerzmittel erhalten. Die Sicherheit sei in Studien mit mehr als 2000 Kindern nachgewiesen worden. Tramadol habe «minimale Auswirkungen» auf die Atmung gezeigt. Allerdings wurde ein Teil der Studien von der Firma Grünenthal finanziert.
Aufruf: Haben Sie Erfahrungen mit Tramadol?
Schreiben Sie uns: Redaktion Gesundheitstipp, «Tramadol», Postfach 277, 8024 Zürich, redaktion@gesundheitstipp.ch