Besser sehen – besser leben.» So wirbt das Augenzentrum Dr. Aus der Au mit Kliniken in Bern und Fribourg. «Die Welt mit neuen Augen sehen», verspricht das Augenlaserzentrum Eye4Life in Olten SO. «Trau dich – lebe ohne Brillen oder Kontaktlinsen», ermuntern die Pallas-Kliniken an verschiedenen Standorten Leute mit Sehproblemen. Einige der Firmen locken die Kunden mit kostenlosen Kurztests, die zeigen sollen, ob eine Laseroperation der Augen in Frage kommt. Die Behandlungen gelten oft als Lifestyle-Eingriffe.
Nur: Eine Augenlaser-Behandlung ist eine Operation wie jede andere – und mit Risiken verbunden. Das weiss auch Andrea Braun (Name geändert). Die 36-jährige Zürcherin war kurzsichtig und liess sich vor sechs Jahren die Augen lasern. Gleich nach der Operation litt sie an trockenen Augen und bekam deswegen Augentropfen.
«Zwei Jahre lang täglich starkes Kopfweh»
«Richtig schlimm wurde es jedoch erst nach einem Jahr», erinnert sich Braun. «Während zwei Jahren hatte ich täglich starke Kopfschmerzen.» Zwischendurch verschrieb ihr der Arzt Kortison- und Antibiotikapräparate. Doch die Beschwerden besserten kaum. Erst als Braun das Arbeitspensum nach der Geburt ihrer Tochter auf 60 Prozent reduzierte, verschwand das Kopfweh. Tropfen gegen die trockenen Augen braucht Andrea Braun aber noch immer.
Fachleute beurteilen die Operationen eher kritisch. Augenärztin Melanie Eberle aus Emmenbrücke LU kennt viele Patienten, die nach einer Laseroperation über trockenen Augen klagten oder dauernd Schmerzen im Auge hatten: «In den meisten Fällen rate ich von der Laseroperation ab.» Grund: Langwierige Nebenwirkungen. Mit Brille oder Kontaktlinsen liesse sich Fehlsichtigkeit meist gut und ohne Komplikationen korrigieren.
Viele hatten nach dem Lasern Sehstörungen
2011 belegte eine US-Studie, dass 95 Prozent der Patienten nach der Augenlaser-Behandlung unter trockenen Augen litten. Denn die Ärzte hatten auf der Hornhaut die Nerven durchtrennt. Diese erkannten nicht mehr, ob das Auge Feuchtigkeit benötigt. Bei manchen Patienten wurden die Beschwerden chronisch, die üblichen Behandlungsmethoden halfen kaum noch.
Trockene Augen sind nicht das einzige Risiko nach einer Laser-Operation. Eine US-amerikanische Studie aus dem letzten Jahr zeigte, dass rund 40 Prozent der Patienten nach der Operation unter Sehstörungen litten: Sie sahen doppelt, fühlten sich schneller geblendet und sahen Lichthöfe oder Sterne. Viele der Betroffenen können deswegen nachts nicht mehr Auto fahren.
Bei der häufigsten Laseroperation, dem Lasik-Verfahren, schneidet der Arzt erst ein Fenster in die Hornhaut des Auges und klappt es auf. Dann entfernt er mit dem Laser so viel Hornhaut unter dem Fensterchen, bis die Lichtstrahlen wieder auf der Netzhaut zusammenfallen und der Patient im Idealfall scharf sieht. Danach klappt der Arzt das Fensterchen wieder zu. Kostenpunkt der Operation pro Auge 2000 bis 3000 Franken. Krankenkassen zahlen übrigens nichts an Laseroperationen.
Augenarzt Urs Thomann vom Augenlaserzentrum Zentralschweiz sagt, dass die Operation die Hornhaut des Auges destabilisiert und das aufgeschnittene Hautfenster nicht mehr richtig anwächst: «Selbst Jahre nach der Behandlung kann sich das Hornhautfenster wieder lösen.» Manchmal wölbt sich die Hornhaut an der geschwächten Stelle auch vor, weil sie dem Augendruck weniger standhält. Das ist selbst zehn Jahre nach der Operation noch möglich.
Augenlaser-Kliniken behandeln zudem Patienten, die für einen Lasik-Eingriff gar nicht geeignet sind. Laserop.ch zum Beispiel vermittelt Patienten mit einer Kurzsichtigkeit bis 12 Dioptrien und solche mit Weitsichtigkeit bis 5 Dioptrien. Die Operation findet in Istanbul statt.
Der Luzerner Augenarzt Dietmar Thumm führt selber Laseroperationen durch. Er sagt, wer kurzsichtig sei und mehr als 8 Dioptrien habe oder wer weitsichtig sei und mehr als 1,5 Dioptrien habe, eigne sich meist nicht fürs Behandeln mit dem konventionellen Lasik-Laser. Denn das Risiko, dass etwas schiefgehe, sei zu gross, weil man relativ viel Hornhaut weglasern muss und die Nerven der Hornhaut zu stark geschädigt werden. Und Augenarzt Frank Klinkenberg aus Sursee LU rät weitsichtigen Patienten in der Regel gänzlich von solchen Operationen ab.
Auch wer eine Krankheit wie Rheuma oder Diabetes hat, sollte sich die Augen nicht lasern lassen. Das gilt ebenso für Leute mit dünner Hornhaut.
Bei Patienten über 45 ist der Effekt oft nur kurz
Bei Patienten über 45 ist eine Laseroperation besonders umstritten: Die meisten von ihnen brauchen über kurz oder lang trotz Laser eine Brille, weil sie aus Altersgründen weitsichtig werden. Denn das Auge kann sich mit dem Alter immer weniger an Distanzen anpassen. Diese Sehschwäche lässt sich nicht mit dem Laser korrigieren. Hilfe bietet eine künstliche Linse. Diese korrekt zu berechnen wird aber umso schwieriger, je stärker sich jemand zuvor die Augen lasern liess.
Kommt dazu: Auch nach einer Laseroperation brauchen manche Patienten noch eine Brille, weil die Ärzte die exakte Korrektur nicht immer erreichen.
Die Pallas-Kliniken schreiben, die Blinzelempfindung sei nach einer Laseroperation vorübergehend vermindert. Augentropfen würden die Augoberfläche befeuchten und zur Heilung beitragen. Das Risiko, dass sich die Hornhaut vorwölbe, sei heute «maximal reduziert». Nach einer Laseroperation sei «die überwiegende Mehrheit der Patienten brillenfrei». Auch bei gelaserten Augen könne man Kunstlinsen bei grauem Star relativ gut berechnen, doch eine Restunsicherheit bleibe. Bei Weitsichtigkeit sei der Laser deutlich weniger nachhaltig als bei Kurzsichtigkeit. Und Patienten mit dünner Hornhaut oder Rheuma sollten von einer Behandlung mit Laser ausgeschlossen werden.
Laserop.ch schreibt, es hänge von der Hornhaut ab, bis zu welcher Dioptrienstärke man ein Auge lasern könne. Viele Patienten würden sich auch nach 45 noch für eine Laserbehandlung entscheiden, weil sie mit den Gleitsichtgläsern nicht klarkämen.