Ueli Wäfler aus Sisseln AG ist ein begeisterter Hobbyläufer. Im Frühling wurde der 67-Jährige in seiner Alterskategorie Vize-Schweizermeister über zehn Kilometer. Für einen Kilometer benötigt er nur etwas mehr als vier Minuten. Dafür sei das Training auf dem Laufband verantwortlich, sagt Wäfler: «An Volksläufen erzielte ich gute Zeiten, weil ich auf dem Laufband trainieren konnte» (siehe Kasten «Pro Laufband»). Auf dem Band kann Wäfler die Laufzeit oder Geschwindigkeit genau vorgeben.
«Auf dem Band brauchts mehr Kraft»
Trotz solchen Erfolgsmeldungen beurteilen viele Experten das Laufband kritisch. Denn es hat gegenüber dem Laufen im Gelände viele Nachteile und birgt Risiken. So ist das Laufband weicher als der Boden im Gelände. Das kann die Sehnen stark belasten. Gesundheitstipp-Arzt und Hobbyläufer Thomas Walser sagt: «Auf dem Laufband rennt man wie durch Morast.» Läufer müssten mehr Kraft zum Abstossen aufwenden. «Das belastet Sehnen und Bänder viel stärker.» Studien zeigten, dass der Fuss beim Joggen auf dem Laufband länger am Boden bleibt als beim Laufen im Gelände.
Hinzu kommt: Der Läufer auf dem Laufband bewegt sich nicht auf dem Untergrund, vielmehr bewegt sich dieser unter dem Läufer. Der emeritierte Sportwissenschafter und Professor Theodor Stemper aus Köln sagt: «Läufer springen immer wieder von einem Boden ab, der sich fortbewegt.» Das provoziere neue Belastungen auf Muskeln und Gelenke. Andere Muskeln, die man im Gelände braucht, kommen zu kurz. Das bestätigte sich vor drei Jahren in einer Übersichtsarbeit von Sportwissenschaftern im Fachblatt «Sports Medicine»: Auf dem Laufband steht der Fuss nicht nur länger auf dem Untergrund – er hat beim Auftreten auch einen kleineren Winkel, ebenso das Knie.
Die Hüfte bewegt sich zudem im Vergleich zum Laufen im Gelände weniger. Stemper: «Das Laufband ist eine koordinative Herausforderung.» Bei Ungeübten könne es schnell zum Stolpern, zu Stürzen und erheblichen Verletzungen kommen. Das ist vor allem für ältere Läufer ein Problem sowie für Leute, die krankheitsbedingt weniger schnell reagieren können. Thomas Walser sagt: «Je älter man ist, umso schlechter wird der Sinn fürs Gleichgewicht.» Viele Laufbänder sind deshalb mit einem Clip ausgerüstet. Man klemmt ihn ans Leibchen oder an die Hose. Gleitet man aus und das Kabel strafft sich, stoppt das Band.
Anders als beim Laufen im Freien gibt es auf dem Laufband keinen Gegenwind, der kühlt. Deshalb ist bei schnelleren Tempi der Puls der Läufer etwas höher als im Gelände, wie auch Studien zeigten. Hinzu kommt: Die Abwehrkräfte des Körpers werden in Fitnessräumen schwächer.
Trockene Raumluft schwächt die Schleimhäute, der Körper wird anfälliger für Viren. Im Studio kann der Körper zudem kein Vitamin D produzieren. Auch die Psyche kommt zu kurz: Laufen auf dem Band ist monoton, der Blick des Läufers ist häufig gegen die Wand gerichtet. Thomas Walser: «Man gerät dadurch in eine Art Trance und wird unaufmerksam. Das erhöht das Sturzisiko.»
Für die 60-jährige Rita Hediger aus Wittnau AG sind das alles Gründe, um aufs Laufband zu verzichten. Hediger ist wie Ueli Wäfler in der Laufgruppe Frick AG aktiv. Sie sagt: «Meine Beziehung zum Laufband ist klar: Es gibt keine!» Sie jogge lieber draussen, selbst bei schlechtem Wetter (Kasten «Kontra Laufband»). Sie sei eine Genussjoggerin, sagt Hediger. Für einen Kilometer benötigt sie etwa sieben Minuten.
Laut dem Experten Stemper sollte das Laufband nicht mehr sein als ein «gelegentlicher Ersatz» fürs Joggen im Gelände. Wer es ab und zu benutzt, sollte einige Punkte beachten: Das Laufband sollte möglichst gross sein. Nur so kann man frei und ohne Angst vor Fehltritten laufen. Viele Fachleute empfehlen eine Länge von 150 Zentimetern und eine Breite von mindestens 60 Zentimetern. Solche Geräte kosten allerdings über 2000 Franken.
Günstige Geräte für zu Hause sind oft zu klein. Der Sportmediziner Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln sagt dazu: «Für ein richtiges Taining sind kleinere Geräte nicht zu empfehlen, da sie unsicher sind.» Zudem sollte das Laufband mit einem Notfallclip ausgerüstet sein, der das Band weich und nicht abrupt abbremst.
«Auch im Winter kann man draussen joggen»
Laut Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser ist das Laufband allenfalls für junge Sportler geeignet, die sich von einer Verletzung erholen, oder für Patienten, die mit dem Laufen im Gelände Mühe haben. Trotzdem rät er, auch im Herbst und Winter so oft wie möglich draussen zu joggen. «Das ist gesünder, entspannt und regt die Sinne an.»
Zudem müsse beim Joggen die Leistung nicht im Vordergrund stehen. Je älter man ist, desto gemütlicher solle man es nehmen. Walser empfiehlt, bei grosser Kälte das Lauftempo zusätzlich zu drosseln.
Der Migros-Fitnessfachmarkt SportXX schreibt dem Gesundheitstipp, es brauche auf dem Laufband eine Angewöhnungsphase. Es sei schwierig zu beurteilen, ob Sehnen und Bänder zusätzlich belastet würden. Fürs Trainieren im Schritttempo könne man auch ein Laufband mit kleiner Fläche wählen.
Pro Laufband: «Gut bei Schlechtwetter»
Ueli Wäfler, 67, Sisseln AG
«Das Laufband ist eine gute Alternative zum Joggen, wenn es draussen stürmt oder kalt ist. Im Winter gehe ich einmal pro Woche aufs Band. Es ist ein Trainingsgerät, kein Genussgerät. Man kann das Lauftempo exakt eingeben, ebenso das Zeitintervall. Dann läuft man genau nach diesen Vorgaben.
Im Gelände ist ein solches Training schwieriger. Ich laufe mich ein, dann starte ich das Intervalltraining: Zuerst laufe ich nur 100 Meter weit schnell, dann verlängere ich diese Leistungsphase bis auf 1000 Meter, bis ich sie wieder verkürze. Es ist wie ein Spiel, so vergeht eine Stunde rasch. Ich schaffte gute Zeiten an Volksläufen, weil ich auf dem Band trainierte.»
Kontra Laufband: «Jogge lieber draussen»
Rita Hediger, 60, Wittnau AG
«Meine Beziehung zum Laufband ist klar: Es gibt keine! Ich fühle mich darauf nicht wohl. Es ist mir zu statisch, man bewegt sich immer gleich, wie innerhalb von Leitplanken. Schlimm finde ich, wenn es auf den Seiten des Bandes noch Haltegriffe gibt.
Geschlossene Räume sind zudem nicht mein Ding, vor allem wenn die Sonne scheint. Es macht mir nichts aus, draussen zu joggen, selbst wenn es Bindfäden regnet. Ich laufe zwei bis vier Mal in der Woche, bin aber eine Genussjoggerin. Ich jogge gemütlich – so nehme ich beim Laufen immer wahr, was um mich in der Natur vorgeht. Joggen hat für mich nichts mit Leistung zu tun, ich strebe keine Bestzeiten an.»