Mirella Thomann (53) aus Luterbach SO hatte oft starke Blutungen während der Mens. Sie musste regelmässig ihr Eisen kontrollieren lassen, weil sie so viel Blut verlor. Ihre Frauenärztin entdeckte das Übel schliesslich im Ultraschall: Myome. Das sind Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut. Die Ärztin verschrieb ihr deshalb die Pille Esmya. Thomann hatte Glück: Die Pille schwächte die Blutungen ab und verkleinerte die Myome. Mirella Thomann musste Esmya bloss zweimal während drei Monaten nehmen: «Dann brauchte ich keine Medikamente mehr.»
Anderen Frauen erging es weniger gut. Denn Esmya hat oft schwere Nebenwirkungen: Einige Patientinnen erlitten Leberschäden oder mussten gar eine Lebertransplantation über sich ergehen lassen. Schon vor zwei Jahren gab es erste Zweifel am Medikament. Seit April ist es nicht mehr auf dem Markt.
Die Esmya-Pille zeigt, dass Myome mit starken Symptomen schwierig zu behandeln sind: Mittel, die gut wirken, haben oft happige Nebenwirkungen. Das gilt zum Beispiel für Anti-Hormone wie Zoladex oder Synrelina (siehe Tabelle im PDF): Ärzte setzen sie noch immer gegen Myome ein. Sie hemmen die Produktion des Geschlechtshormons Östrogen und bewirken so, dass die Myome schrumpfen. Doch die Folgen für die Frau sind massiv. Anti-Hormone versetzen den Körper künstlich in die Wechseljahre. Hitzewallungen und spröde Knochen können die Folgen davon sein. Die Therapie darf man nicht länger als drei Monate machen. Die Zürcher Frauenärztin Christina Schlatter Gentinetta empfiehlt diese Methode nicht: «Die Nebenwirkungen sind zu gross.»
Myfegine: «Dosierung ist unklar»
Viele Ärzte verschreiben bei Myomen auch Mifegyne – obwohl das Hormon dafür gar nicht zugelassen ist. Es ist ein Mittel für den Schwangerschaftsabbruch. Myfegine kann auch die Teilung der Myomzellen hemmen und so die Wucherungen verkleinern. Das belegen Studien. Ausserdem soll die Regelblutung schwächer werden oder ganz ausbleiben. Markus Eberhard, Frauenarzt am Kantonsspital Schaffhausen, sagt aber, es sei unklar, wie hoch man den Wirkstoff dosieren müsse und wie lange man ihn einsetzen dürfe. Für Eberhard ist klar: «Myfegine sollte man nur dann einsetzen, wenn andere Mittel nicht in Frage kommen oder die Frau diese nicht verträgt.»
Auch der Wirkstoff Tranexamsäure ist nur bedingt empfehlenswert. Er ist in den Medikamenten Cyclokapron und Tranexam Orpha enthalten. Zwar wirkt er gegen Myombeschwerden: Er verstärkt das Gerinnen des Bluts. Folge: Die Blutungen werden schwächer. Allerdings ist das Mittel für Frauen mit erhöhtem Risiko für Blutgerinnsel nicht geeignet. Zudem kann es Schwindel und Erbrechen auslösen. Gesundheitstipp-Ärztin Stephanie Wolff sagt: «Diesen Wirkstoff sollten Frauen nur nehmen, wenn sie viel Blut verlieren.»
Besser schneidet das Schmerzmittel Ponstan mit dem Wirkstoff Mefenaminsäure ab. Es dämpft nicht nur die Schmerzen, sondern «bei etwa der Hälfte der Frauen auch die Blutungen», sagt Christina Schlatter Gentinetta. Ob das Medikament hilft, merkt man spätestens nach zwei bis drei Stunden. Weshalb es wirkt, ist bis heute nicht klar. Patientinnen vertragen es meist gut. Eine britische Vergleichsstudie kam zum Schluss, dass der Wirkstoff in Ponstan die Blutungen um 20 bis 40 Prozent reduziert. Auch die Nebenwirkungen sind nicht allzu stark.
Bei sehr starken Blutungen können Gestagen-Hormone helfen. Christina Schlatter Gentinetta: «Gestagene beruhigen die Schleimhaut in der Gebärmutter und bremsen deshalb den Blutverlust.» Sie würden aber das Wachstum der Myome nicht hemmen. Zudem sind sie nicht geeignet für Frauen, die Kinder bekommen möchten.
Tinkturen und Tees lindern Beschwerden
Bei schwächeren Symptomen sollte man es mit Heilkräutern versuchen. Die Bieler Frauenärztin und Phytotherapeutin Gesa Otti-Rosebrock behandelt Myombeschwerden zuerst mit Pflanzenextrakten. Dazu gehören Urtinkturen und Tees mit Mönchspfeffer, Frauenmantel, Schafgarbe, Gänsefingerkraut oder Hirtentäschel. Die Patientinnen nehmen die Präparate oft während mehreren Monaten oder gar Jahren ein. Solche Extrakte bekämpfen zwar Beschwerden, können Myome allerdings kaum verkleinern.
Vorsicht ist bei hochdosierten Extrakten von Grüntee geboten. Ein solches Präparat heisst Tigovit. In der Schweiz kann man es über das Internet bestellen. Eine kleine ägyptische Studie zeigte zwar, dass Grüntee-Extrakt die Myome und die Beschwerden um einen Drittel verkleinern konnte. Allerdings gibt es Hinweise, dass hohe Dosen von Grüntee-Extrakten Leberschäden verursachen können. Die gute Nachricht: Meist verkleinern sich die Myome in den Wechseljahren von selbst, weil der Körper weniger Östrogen produziert.
Hersteller Nordic Pharma sagt, Myfegine verursache in niedriger Dosis selten Veränderungen an Leber und Gebärmutterschleimhaut. Galenica schreibt, ihr Ibuprofenpräparat Algifor dürfe man nur kurz verwenden. MSD hält fest, Cerazette müsse man sofort absetzen, wenn ein Myom wachse. Bayer schreibt, die Spiralen Mirena und Jaydess seien nicht für die Behandlung von Myomen und Schmerzen zugelassen. Laut Mylan Pharma darf man Cyclokapron mit Tranexamsäure nicht anwenden, wenn etwa die Blutgerinnung gestört sei. Astra Zeneca schreibt, Zoladex verkleinere Myome und erleichtere eine spätere Operation. Allerdings könne in seltenen Fällen die Mens für immer ausbleiben.
Hersteller Tigovit schreibt, ihr Grüntee stamme aus Bio-Produktion, die Wirkstoffe würden mit Wasser sanft extrahiert. Die Menge sei zu klein, um Leberschäden auszulösen.