Elisabeth Zürcher aus St. Gallen hat in beiden Mittelfingern Arthrose. Besonders am Morgen fühlen sich ihre Finger steif an und schmerzen. «Flaschen kann ich dann kaum öffnen», sagt sie. Um beweglicher zu werden, ballt die 76-Jährige die Hände zu Fäusten und spreizt sie wieder. Oder sie bewegt die Handgelenke auf und ab. Die Übungen macht sie mehrere Minuten. «Danach fühlen sich meine Finger geschmeidiger an und tun weniger weh», sagt sie.
Vor allem Frauen nach den Wechseljahren sind von Arthrose in den Fingern betroffen. Bei Arthrose erneuere sich der Knorpel nicht mehr schnell genug und werde dünner, erklärt der Berner Ergotherapeut Mathias Prager: «Irgendwann reibt Knochen auf Knochen. Das ist sehr schmerzhaft.»
Dagegen hilft Bewegung. Wer seine Finger regelmässig bewege, so Prager, sorge dafür, dass Nährstoffe aus der Gelenkflüssigkeit in den verbliebenen Gelenkknorpel gelangen. Prager: «Das verlangsamt oder stoppt den Verschleiss.»
Eine Übersichtsstudie des Forschernetzwerks Cochrane mit über 500 Teilnehmern zeigte: Wer Fingergymnastik macht, hat weniger Schmerzen und weniger steife Finger, was die Lebensqualität deutlich verbessert.
Mehr Kraft, weniger Schmerzen
Eine norwegische Studie mit 80 Rheumapatienten kam zudem vor sechs Jahren zum Schluss: Teilnehmer, welche die Finger täglich mit einem Noppenball oder einem Gummiband trainierten, bewältigten den Alltag besser. Sie hatten nach drei Monaten mehr Kraft in den Händen und weniger starke Schmerzen.
Dass Fingergymnastik gegen Schmerzen hilft, bestätigt Ralph Gaulke, Handchirurg und Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover (D): «Solche Übungen helfen ähnlich gut gegen Arthroseschmerzen wie Medikamente.» Laut Gaulke eignen sie sich bei jedem Stadium der Arthrose.
Die St. Galler Ergotherapeutin Nicole Plüss hat für den Gesundheitstipp ein Merkblatt mit zehn Übungen verfasst. Man kann sie bei sich zu Hause mit wenigen Hilfsmitteln an einem Tisch machen. Bei steifen Fingern empfiehlt Therapeutin Plüss die Übung «Klavier spielen» (siehe Kasten).
Mathias Prager empfiehlt, die Gymnastikbewegungen konzentriert durchzuführen und auf das Schmerzempfinden in den Fingern zu achten. «Wer dabei vor Schmerz auf die Zähne beissen muss, ist zu weit gegangen.» Auch sollten Betroffene die Übungen nie ruckartig oder mit viel Kraft ausführen.
Die Beweglichkeit der Finger kann man nicht nur mit Übungen trainieren. Nicole Plüss rät, die Hände im Alltag möglichst viel zu benützen – aber so, dass die Hausarbeiten keine Schmerzen bereiten.
«Statt bestimmte Aktivitäten aufzugeben, sollten Betroffene diese anders ausführen.» Haus- und Gartenarbeit zum Beispiel könnte man in mehrere kurze Abschnitte aufteilen, statt alles an einem Stück zu erledigen.
Übung «Klavier spielen» gegen steife Finger
Strecken Sie Ihre Arme aus und stellen Sie sich vor, dass Sie an einem Klavier sitzen. Bewegen Sie Ihre Finger so, als ob Sie ein Stück spielen würden. Vergessen Sie nicht, den Daumen miteinzubeziehen. Machen Sie die Übung mehrere Minuten lang. Tipp: Wenn Sie im Hintergrund eine CD mit einem Klavierkonzert laufen lassen, macht es mehr Spass.
Gratis-Merkblatt: «Übungen gegen Fingerarthrose»
Das Merkblatt lässt sich hier herunterladen.
So lindern Sie Schmerzen in den Fingern
- Tragen Sie schwere Gegenstände mit beiden Händen. So belasten Sie die einzelnen Gelenke weniger.
- Verwenden Sie für schwere Einkäufe einen Rucksack. Damit entlasten Sie die Fingergelenke.
- Verwenden Sie leichtere Geräte. Mit einer Aluminiumpfanne beispielsweise lässt sich deutlich leichter kochen als mit einer Eisenpfanne.
- Planen Sie während der Hausarbeit genügend Pausen ein.
- Je nach Stadium der Arthrose kann Wärme oder Kälte Schmerzen lindern. In akuten Phasen hilft Kälte. Sie können ein Tuch in kaltes Wasser tauchen und es auf die betroffenen Gelenke legen. Im chronischen Stadium fühlt sich Wärme gut an. Legen Sie Ihre Hände zum Beispiel in ein warmes Wasserbad.
- Essen Sie nicht zu viele Würste, Milchprodukte und andere Lebensmittel mit tierischen Fetten. Diese fördern Entzündungen. Essen Sie stattdessen häufig Meerfische, und verwenden Sie pflanzliche Öle. Rapsöl etwa enthält viele wichtige Omega-3-Fettsäuren.