Sie haben 13 Wochen Ferien. Da müssten Sie doch vor einem Burnout gefeit sein.
Das stimmt so nicht. Ich habe nur vier Wochen Ferien. Die restlichen sind unterrichtsfreie Zeit, um Lektionen vorzubereiten, Projekt- und Klassenwochen zu planen oder mich weiterzubilden. Das Problem am Lehrerberuf: Man kann fast unendlich viel Zeit investieren.
Viel Zeit wofür?
Die Vorbereitung nimmt viel Zeit in Anspruch. Ich hatte mich dabei nicht mehr unter Kontrolle. Ich bin ein Perfektionist und wollte alles immer noch besser machen.
Wie zeigte sich das?
Ich arbeitete zehn Jahre lang oft in die Nacht hinein. Teilweise ging ich nicht nach Hause, sondern blieb im Schulhaus. Dort schlief ich wenige Stunden auf dem Sofa, bevor ich morgens die Schüler unterrichtete. Wenn ich nach Hause ging, schlief ich häufig nur knapp fünf Stunden.
Waren Sie nicht irgendwann total übermüdet?
Nein. Ich fühlte mich immer voller Energie. Deshalb ging es wohl auch so lange gut.
Ihre Familie kam sicher zu kurz.
Für meine Kinder habe ich mir immer Zeit genommen. Für meine Frau aber nicht. Das wurde mir jedoch erst später bewusst.
Hat sich denn Ihre Frau nicht eingeschaltet?
Doch – nur habe ich nicht auf sie gehört. Auch Freunde sagten, ich solle mal einen Gang runterschalten. Aber auf diesem Ohr war ich taub. Zudem ist es meine Art, immer Vollgas zu geben. Das ist ein Teil von mir und macht mich ein Stück weit aus. Viele kennen mich nur so.
Fiel den Lehrerkollegen Ihre Arbeitswut nicht auf?
Doch, aber auch das ignorierte ich. Ich war selbst schuld an meinem Burnout. Dennoch denke ich, dass das Umfeld eingreifen muss, wenn sich jemand nicht mehr unter Kontrolle hat.
Wie zeigte sich das Burnout?
Vor vier Jahren während den Sommerferien. Ich spürte eine grosse Müdigkeit. Das hatte ich vorher gar nicht gekannt. In der letzten Ferienwoche erlitt ich dann einen Zusammenbruch, ich hatte Angstzustände und fühlte mich schwach.
Was folgte dann?
Danach war ich vier Monate lang krankgeschrieben. Die Maturaarbeiten wollte ich weiterhin betreuen. Dafür hatte ich genügend Energie. Zudem traf ich einmal pro Woche eine Psychotherapeutin. Sie half mir einzusehen, dass stundenlange Vorbereitungen eine Lektion nicht besser machen. Ich musste lernen, meine Zeit besser einzuteilen.
Haben Sie Angst, erneut ein Burnout zu erleiden?
Nein. Es gibt Momente, da merke ich, dass ich wieder in alte Muster falle. Dann muss ich reagieren. Ich teile meine Zeit besser ein, plane etwa einen freien Abend pro Woche ein. Und ich höre auch vemehrt darauf, wenn andere mir sagen, ich würde zu viel arbeiten.
Zur Person: Angelo Luongo
Der Sportlehrer unterrichtet seit 2001 an der Alten Kantonsschule Aarau. Zudem ist er Leiter der Fachschaft Sport. Er wohnt mit seiner Frau und drei Kindern in Uster ZH. Sportlich mag er alles, was seine Koordination fördert. Zurzeit ist dies das Tanzen.